Schreiben der Zukunft - Upgrade now! Teil II

Eine Textserie von Feliks Gershon Bokser
Teil II
Gott schichte mir einen Freund: Hagedorn. Der hatte bereits vor geraumer Zeit versucht, mir durch das Nahebringen eines Musikprogramms Hilfe durch Selbsthilfe anzubieten. Die Idee bestand damals ja darin, dass ich durch dieses Programm ein Tool erhielte, mit dessen Hilfe ich eigene Musik produzieren und aufnehmen könnte. Der Vorschlag war ja auch gut. Aber bei mir schlug er fehl, besser gesagt: er geriet an vollkommen taube Ohren und ungeschickte Hände. Für den Umgang mit Anwendungen solcher Art bedarf es ganz anderer Vorstellungsvermögen als ich es besitze. Jedesmal wollte ich lieber meine echte Gitarre in die Hand nehmen und darauf klimpern.
Dann erfuhr ich nebenbei, dass er aus beruflichen Gründen neben dem tollen Musikprogramm auch noch die Kunst des Schnelltippens beherrscht. Das saß dann bei mir. Damit hatte er mich nun doch.
Jetzt bin ich ja auch mittlerweile dabei, diese Technik zu erlernen. Die eigentliche Methode der 10-Finger-Tipptechnik besteht darin, den Weg vom Gedanken zum Buchstaben zu automatisieren. Das geht dadurch, dass die Finger über den Buchstaben gleiten nach einem festen Muster der Fingerhaltung. Also vereinfachend gesagt kann man diese Technik in die Analogie setzen zum Kugelschreiberschreiben, denn bei der Nutzung des Kulis oder eines Bleistiftes als ein Schreibwerkzeug wird die selbe Wirkung erzielt, die man als Tippender an der Tastatur erreichen möchte. Nämlich einen Automatismus der Gedankenübertragung vom Körper in die Hand und via Stift auf Papier. Der Prozess ist für sich genommen viel komplexer, als es auf den ersten Blick scheinen mag. Insbesondere durch die Selbstverständlichkeit der Vorhandenheit dieser Kulturtechnik in unserer Welt wird einem gar nicht bewusst, welch eine Leistung dabei eigentlich erbracht wird. Diese lässt sich dadurch verdeutlichen, dass man sich einmal klar macht, wie das sich im fließenden Strom befindende Denken beim Schreiben Buchstabe für Buchstabe von der Hand in den Stift überträgt und von dort, in fast schon zeichnender, somit künstlerischer, Manier, auf das Papier übertragen wird! Welch eine Leistung des Vorstellungsvermögens am Werk sein muss! Welch eine Verknüpfung der Instanzen von Irgendwo in uns in das Jenseits, hingeworfen, aber nicht hingeschmiert, mithilfe eines Instruments! Eine Spuren hinterlassende Zeichenmaschine ist der Mensch, der diese Kulturtechnik erworben hat! Wahrscheinlich hat das Schreiben das Denken des Menschen in nicht zu ergründender Weise nachhaltig verändert. Zumindest wenn man sich vorstellt, dass der schreibend denkende seinen Denk- und Anschauungsprozess qua Schreiben derart abgebremst einfängt, dass sowohl davon die Rede sein könnte, dass ihm dadurch etwas abhanden kommt, was ihm sonst in diesem chaotischen Einströmen der Gedanken eingefallen wäre, als auch gesagt werden kann, dass ihm andererseits die zu bedenkenden und zu durchdenkenden Dinge derart an Tiefe oder Mehrdimensionalität gewinnen, wie es sonst ohne das Festhalten und das Zurückkommen zum Ausgang kaum möglich gewesen wäre.
Und der Tippende erst! Das Tippen hat das Schreiben überhöht. Der Schreibende malt und achtet auf Leserlichkeit, daher misst er dem ästhetischen Wert des Schreibprozesses immer noch genug Aufmerksamkeit bei, um an Schreibgeschwindigkeit zu verlieren. Der Tippende hingegeben muss sich um die ästhetische Realisierung seiner Buchstaben nicht mehr kümmern, denn er hat es mit vorgefertigten Buchstabenmustern zu tun, die er wie Register nur noch zu bedienen braucht. Das Tippen bringt in den Schreibprozess eine Abstraktionsstufe hinein. Nun zeichnet die Hand keine als Spuren mehr nachvollziehbare und in ihrem Entstehungsprozess beobachtbare Gebilde auf die weiße Oberfläche. Nun übernehmen die Finger die Aufgabe, die ihnen einzeln je zugewiesenen, vorhandenen Buchstabenmuster qua Knopfdruck in den Stein zu hauen.
Diese Serie besteht erst aus einem Text.

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  •  Schreiben der Zukunft - Upgrade now! Teil 1
    Sozialdrama, 03.02.23

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Kommentare zu dieser Textserie


 GastIltis (04.02.23, 16:05)
Hallo Feliks!
Der Schreibende malt und achtet auf Leserlichkeit, wenn es ihm gelingt, seine Buchstaben größer zu gestalten. Wäre das möglich?
Dann könnte man sie auch in Stein hauen!
LG von Gil.

 Feliks Gershon Bokser meinte dazu am 04.02.23 um 19:16:
Hi Gil
Serh schön ausgedrückter HIn- und Verweis Danke dir sehr )))

 AngelWings (04.02.23, 19:21)
Ja, da muss Profis ran, ich habe nie geschafft damit mit Musik hinzu bekommen.

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