Meuchelmord

Short Story zum Thema Mord/Mörder

von  Bellis

Gestern Abend saß sie neben meinem Bett. Ich weiß nicht, wie sie in meine Wohnung gekommen war. Irgendwie kam sie rein, setzte sich an das Kopfende meines Betts und schaute mich an, als ich es mir gerade bequem machen wollte.
Einige Tage lang hatte ich sie durch das Fenster beobachtet, fasziniert und gleichzeitig angewidert von den langsamen, graziösen Bewegungen ihrer langen Beine, deren kleine spitze Füße wie Klauen wirkten.
Und nun war sie hier, in meinem Zimmer, neben meinem Bett und blickte mich an. Ich starrte zurück und spürte, wie Wut und Ekel in mir aufstiegen. Sie sollte nicht hier sein! Aufgebracht schlug ich mit einem Folianten auf sie ein. Getroffen krümmte sie sich zusammen und rutschte in eine Ecke hinter dem Bett. Ich hielt sie für tot und legte mich schlafen.
Am nächsten Morgen erwachte ich ausgeruht und gut gelaunt. Mein Blick fiel auf den Tisch neben meinem Bett, und da saß sie wieder. Sie musste sich an der Strippe der Nachttischlampe hochgezogen haben. Ihre glatten braunen Beine sahen unversehrt aus.
Ich konnte es nicht fassen! War ich so schwach, dass ich es nicht fertig brachte, dieses kleine ärgerliche Ding umzubringen? Entschlossen presste ich sie an die Wand, zwei Strümpfe zu Hilfe nehmend, damit ich mir die Hände nicht schmutzig machte. Ich drückte wirklich kräftig zu, doch jedes Mal, wenn ich locker ließ, zuckten ihre Glieder, versuchte sie, von mir weg zu kriechen. Ohne meinen Griff noch einmal zu lösen, trug ich sie zum Fenster, öffnete es und versuchte, sie hinaus zu werfen. Sie klammerte sich an den Strümpfen fest, die ich immer noch an den Fingern hatte, so dass ich es nicht schaffte, sie vom Sims zu stoßen. Verbissen kämpfte sie um ihr bisschen Leben und ließ sich nicht abschütteln. Ich presste sie mit einer Hand auf das schmale Fensterbrett, während ich mit der anderen nach einem Schraubenzieher fischte. Und damit erledigte ich sie endlich. Ich musste zweimal kräftig zustoßen, bis ich es deutlich knacken hörte, als das Gerät sich in ihren Leib bohrte. Da lag sie, schon halb über dem Abgrund hängend. Sanft schubste ich sie über die Kante und beobachtete, wie sie fünf Stockwerke nach unten segelte. Wie sie aufschlug, sah ich nicht mehr, weil ich das Fenster schloss und in die Küche ging, um Kaffee zu kochen.

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Kommentare zu diesem Text

mmazzurro (51)
(15.05.06)
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 Bellis meinte dazu am 15.05.06:
1. Nein, die Strümpfe flogen in den Wäschekorb.
2. Brutal??? Ich war in Panik!
3. Mein Auftragskiller weilte außer Haus, ja, leider. :o/
4. Danke!
5. Ey!
6. Merci krokant! ;o) Auch für die Empfehlung. Schade finde ich aber, daß es mir nicht gelungen ist, die Identität des Opfers zu verschleiern. :o/
mmazzurro (51) meinte dazu am 15.05.06:
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 Bellis meinte dazu am 15.05.06:
Gibt kein Vorgärtchen. Und auch kein Kreuz. Habe stattdessen meinen Blick beim Hausverlassen diskret und unbeteiligt von der "Unfallstelle" abgewandt (man will ja kein Gaffer sein).
kersmi (38)
(18.05.06)
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 Bellis meinte dazu am 19.05.06:
Uuuuaaah!!!! Wie kann man sich diesen "Tierchen" (was macht das -chen am Ende des Worts???) nur freundschaftlich verbunden fühlen??? Mich schuppert´s gleich... :o/ Danke für Kommentar und Empfehlung! :o)))
Elias† (63)
(14.06.06)
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 Bellis meinte dazu am 15.06.06:
Sie sind also unter uns... Wenn Du´s so sagst, grusele ich mich sogar selbst, klingt so endgültig-resigniert. :o/ Viel Spaß beim Querlesen!
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