Oh du fröhliche...

Satire zum Thema Weihnachtsgeschichte

von  Bellis

Schon im Herbst kommt das Erschrecken angesichts der Weihnachtsmänner!
Kaum Oktober und schon hecken überall die Schokopenner,
biegen sich die Ladentheken unter Marzipankartoffeln,
hört man kleine Kinder quäken wegen Nikolauspantoffeln,
stapeln sich die Pfefferkuchen, Spekulatius, Dresdner Stollen...
den ganzen Kram möcht´ ich verfluchen! Ging´s nach ihm, so würd´ ich rollen!
Denn wer kann sich schon ewig sträuben in Anbetracht der Leckerbissen?
Wieviel Pfunde hängen bleiben, möcht´ ich lieber gar nicht wissen!

Spätestens Anfang November fange ich an nachzudenken:
näher rückt schnell der Dezember, was soll ich der Familie schenken?
Eigentlich hat jeder alles, einschließlich mir, ein Traum ist das!
Doch für den Falle eines Falles, dass ich was krieg, kauf ich - nur was?
Nun, vielleicht kommt Offenbarung aus diversen Kaufhausblättchen:
Bildbände als Geistesnahrung, Diamantenknöchelkettchen,
Handyklingeltondesigner, Cashmere-Merino-Schlafanzug,
Turbo-ABS-Inliner... irgendwann hab ich genug

und beschließe, mir zu machen, live im Vorweihnachtsgerenne,
selbst ein Bild all dieser Sachen, deren Bedeutung ich nicht kenne.
im Kaufhaus pralle ich zurück und starre auf die Schlangenlänge!
Hübsch untermalt von Festmusik wogt vor mir die Verbrauchermenge.
Kopflos stürz´ ich ins Gedrängel! Himmel, ist der Laden groß!
Rauschebärte, Rauscheengel... Kaufrausch packt mich gnadenlos.
Ich ersteh´ ne Schmacht-CD diverser Rundfunkkinderchöre,
im Duett mit André Rieu, den ich selbst nicht gerne höre,

für die Mama. Dazu ein feines Super-Blutdruckmessgerät.
Für Papa ein teures kleines Schreibetui, auf das er steht.
Die Schwester kriegt, wie jedes Jahr, den neuesten Frauenklatschroman
von... (ich weiß nicht, wie der Name war, darauf kommt´s aber auch nicht an.)
Ich ramsch´ Parfüm und Kerzenständer, Computerspiele, Pfannenwender,
Kopfhörer mit Infrarotsender und Kalender, Kalender, Kalender...
Wahllos greif ich ins Regal und könnte ewig weiterkaufen.
Kurz vor sieben werd´ ich brutal und beginne, mit fremden Leuten zu raufen!

Am Wühltisch haue ich gewaltsam ´ner Frau paar Kerzen auf die Nase.
Gut, dass der Ladenschluss bald kommt, und damit das Ende meiner Extase!
An der Kasse reiß´ ich einem Kunden noch Nierenwärmer aus den Händen...
und das alles in sechs Stunden! - Vollgepackt mit den Präsenten
wank ich zum Weihnachtsmarkt hinaus, auf der Suche nach Glühwein mit Schuss.
Ich trinke erst zwei, dann drei Gläser aus, die Kaufkraft kommt wieder, oh welch Genuss!
Lieblich duftet´s an jeder Ecke nach Bockwurst und nach Räucherkerzen.
Es flimmern die Lichter, es prunken Gestecke mit Silberglitter und Deko-Herzen.

Ich bewundre Keramik und Holzschnitzerei, Spielzeug und handgestrickte Socken...
an vielem komme ich nicht vorbei. Ich bleibe wahrlich nicht auf dem Geld hocken!
Zu guter Letzt hamstre ich noch zu Naschen und zwei Liter Hagebuttenwein.
Vollkommen geschafft und mit zwölf Taschen treffe ich schließlich zu Hause ein.
Benommen setze ich mich nieder und mache mir klar: Es ist vorbei!
Alle Jahre, immer wieder... oh, du selige Konsumsüchtelei!
Und so den Stress einmal mehr überlebt, kommt das Gefühl ganz plötzlich hoch,
das schon immer an mir klebt - schön und irgendwie auch heilig finde ich´s am Ende doch!


Anmerkung von Bellis:

Bellis © 2003

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Kommentare zu diesem Text

Loki (22)
(28.10.04)
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 Bellis meinte dazu am 28.10.04:
Vielen Dank! :o)
rainer-dieter (31)
(02.11.04)
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 Bellis antwortete darauf am 02.11.04:
;o)
marsus (43)
(05.11.04)
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h2o (54)
(08.11.04)
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