Es war einmal ein schönes Mädchen, Schneewittchen ward sie genannt.
Ihr Haar war schwarz wie Ebenholz, ihre Lippen rot wie Blut und die Haut weiß wie Schnee.
Sie war nicht einfach schön- nein- sie war die Schönste auf Erden.
Das wusste ihre Stiefmutter, die eitle Königin, denn diese war im Besitz eines geheimnisvollen Spiegels, der in ihren Gemächern hing.
Jeden Abend fragte die Königin:
"Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die Schönste hier im Land?"
Und jeden Abend kam dieselbe Antwort:
"Königin, ihr seid die Schönste im ganzen Land, doch schneewittchen ist noch tausend Mal schöner als Ihr"
Da wurde die Königin nach einer Weile zu einer richtigen Psychopathin.
Sie hatte sich immer rührend um Schneewittchen gekümmert, aber das Resultat war katastrophal!
Das Kind, so war sie sich sicher, hatte der Stiefmutter die schönste Schönheit geraubt.
Dies konnte sie doch nicht auf sich sitzen lassen und so kam sie zu einem gemeinen, brutalen und herzlosen Plan.
Herzlos sollte man dabei allerdings wörtlich nehmen.
Als der König auf seine diesjährige Reise der Städte ging, um dort Reden zu schwingen und sich ein Festmal nach dem nächsten zu gönnen, wollte die verbitterte Stiefmutter die Idee in die Tat umsetzen.
Kaum war also besagter König aus dem Schloss, leitete die Königin das Ganze mit einem finsteren Muhahaha ein, das durch sämtliche Gemächer und Gänge hallte.
Selbst draußen flogen erschrocken Vögel auf, da sie sicher nicht mit so einer bitterbösen Lache gerechnet hatten.
Dies sollte also der Beginn des grausamen Schicksals von Schneewittchen, dem schönsten Mädchen, werden.
Der Jäger, ein gutaussehender Kerl, der der Königin schon seit langer Zeit verfallen war, wetzte gerade seine Messer und Äxte, als ein Dienstbote schweratmend zur Tür hereinhechtete.
"Königin... sprechen... schnell", versuchte er sein Anliegen herauszubringen.
Nachdem er vom Jäger ein paar Minuten der Ruhe bekam, setzte er noch einmal an.
"Die Königin will Euch sprechen, so schnell es geht!"
Mit einem "Das hättest du ja auch etwas früher sagen können, du Trottel, sie wartet doch nicht gerne" rannte der Jäger aus seiner kleinen aber feinen Hütte Richtung Schloss, die Hintertür hinein, die dunkelsten, verstaubtesten und geheimsten Gänge entlang, um nicht zu viel Aufsehen zu erregen, bis hin zu den rosafarbenen vollberüschten Gemächern der mächtigen Frau.
"Ihr wolltet mich sprechen, Majestät", meinte er mit einer sehr tiefen Verbeugung.
Die Königin trug nämlich immer recht kurze Röcke und so erhoffte sich der junge Mann, da er nun einmal ein Mann war, etwas tiefer Einblick zu haben.
Außerdem war er ihr schließlich verfallen und in solchen Situationen tut man manche Tat, die man später noch bereuen könnte.
"Was kann ich für Euch tun? Wieder ein Pelzmantel? Oder doch eher einen weiteren Kaninchenschal?"
"Weder noch", lächelte die Königin. "Das Herz von Schneewittchen"
Der Jäger wusste nicht recht, was er davon halten sollte und grinste deshalb dämlich.
"Wie meintet Ihr? Ich glaube, ich habe mich verhört.
Könntet Ihr das bitte wiederholen?"
"Ich sagte", wiederholte sie also, immer noch mit einem seltsamen Lächeln auf den Lippen
"du sollst mir das Herz von Schneewittchen bringen. Als Beweis, dass du sie getötet hast."
Daraufhin meinte der junge Mann schockiert:
"Warum wollt ihr das Mädchen töten? Es hat euch doch gar nichts getan. Und außerdem könnte ich mir das nie verz..."
"Mein lieber Jäger", wurde er prompt unterbrochen. "Es gibt für dich genau zwei Möglichkeiten. Entweder du tötest sie und darfst mich verführen oder aber du stirbst qualvoll und ich suche mir einen neuen Jäger... Du hast die Wahl"
Die schöne Königin verführen!
Das holde Blümlein seiner Begierde...
Des Jägers Herz machte einen Freudensprung.
...
Und dazu ein Menschenleben opfern. Aber wenn das Kind nicht starb, musste er gehen und das für immer.
Dann bekäme sie einen andren, womöglich besseren Jäger!
Nein, das konnte er nicht zulassen!
So oder so, er musste Schneewittchen den Gar ausmachen!
"Gar keine Frage, Majestät. Noch vor Sonnenuntergang bin ich wieder da"
Als der junge lüsterne Mann endlich wieder das Gemach verließ, nicht ohne Dreckschollen zu hinterlassen, was die Putzfrauen wieder tierisch freute, denn in den Räumen lagen überall Bärenfelle und Perserteppiche, die den Schmutz magisch anzuziehen schienen, und auch noch außer Hörweite war, setzte die Königin zu einem weiteren Muhahaha an, doch kurz davor kam ein Dienstmädchen hereingestolpert.
"Majestät, Ihre Audienz fängt nun an."
Das hatte gerade noch gefehlt! Sie konnte das gemeine Lachen nicht ausführen.
Rasend und innerlich kochend, machte sie sich auf den Weg in den großen Saal und bis zum Throne hatte sie sich fest vorgenommen, alle positiven Anliegen abzulehnen und niemandem Gnade zu gewähren!
Das Muhaha hätte sein müssen!
Deshalb durften jetzt die anderen büßen, damit sie sich wenigstens etwas besser fühlte.
Wie schön, dass es den anderen schlechter gehen konnte, als der Stiefmutter.
Es hätte alles anders laufen können, hätte sie ihre finstre Lache ausführen können.
Aber nein, nie lief etwas nach Plan...
Noch nicht einmal ein einfaches Muhaha.
Arme Königin.
Aber der eigentliche Schock sollte erst noch kommen.