(K)eine Weihnachtsgeschichte

Text

von  apocalyptica


Sie stand einfach nur da und weinte bitterlich. Dicke Tränen kullerten ihr Gesicht hinab. Meine Schwester und ich nahmen uns voller Angst an den Händen, so hatten wir unsere Mama noch nie erlebt, so unendlich traurig! Und das am Heiligen Abend! Außerdem hatte sie doch gerade erst ihr Geschenk ausgepackt, diesen wundervollen nagelneuen Staubsauger mit dem chicen grünen Staubbeutel!

Dabei hatte der freundliche Vertreter doch meinem Vater erklärt, dass gerade dieser Staubsauger der Wunschtraum aller Frauen sei! Er hatte sogar zur Demonstration unseren damals schon arg verschlissenen Wohnzimmerteppich abgesaugt, nicht ohne vorher ein mitgebrachtes Tütchen voller Staub und Fusseln darauf zu entleeren. Zum Glück funktionierte dieser Saug-‚Kobold’ wirklich einwandfrei, wie entsetzt wäre Mama sonst gewesen, als sie nach Feierabend müde und gestresst nach Hause gekommen ist!

Doch nun stand sie da und weinte. Davon hatte der Vertreter nichts gesagt, sondern nur von all den vielen Vorzügen und Erleichterungen für unsere Mama geredet.

An eben dieses Weihnachtsgeschenk wurde meine Mutter dann in den folgenden 24 Monaten jeweils am 15. erinnert, die versprochene „Erleichterung“ stellte sich jedoch merklich erst nach Ablauf der zwei Jahre ein…

                                  ++++++++++++++++++++++++++


Ich weiß, dies ist eine sehr kurze Kurzgeschichte, aber dafür ist sie wahr, geschehen vor rund 40 Jahren, aber in dieser Form wohl immer noch möglich. Ich musste sie einfach einmal loswerden, wenn ich all diese Weihnachtsgeschichten der letzten Tage so lese.

Weihnachten, Friede, Freude, Glückseligkeit allerorten? Nun, ich habe meine eigene Einstellung dazu. Wenn ich überlege, wie viele Menschen sich in der Zeit vor und um Weihnachten verschulden, um sich nicht dem auferlegten Konsumzwang zu verweigern, stimmt mich dies immer wieder traurig.

Wenn ich daran denke, wie in vielen Familien zur ach so großen Weihnachtsfreude Geldscheine hin- und hergereicht werden, fehlen mir die Worte. Wenn ich dann auch noch daran denke, in welchem Maße gerade in der Weihnachtszeit die Anzahl der Suizide sprunghaft in die Höhe schnellt, muss ich mich doch fragen, ob unser Gott das SO gewollt hätte.

Ich könnte durchaus noch andere ‚Weihnachtsgeschichten’ erzählen, aber es liegt mir fern, irgend jemandem die Weihnachtsfreude zu nehmen… jemandem, der sie noch echt empfindet, empfinden kann.

Ich wünsche allen, die Weihnachten wirklich feiern, ein friedliches, geruhsames, gesundes  und wunderschönes Fest.

Eure -bea

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Kommentare zu diesem Text


 Martina (11.12.06)
Beim einmaligen Lesen, hab ich ihre Traurigkeit gar nicht verstanden, hatte erst geglaubt, dass es deshgalb war, weil Männer immer Dinge für den Haushalt schenken, und weniger etwas persönliches...Aber dann hab ich es nich mal gelesen, und der Groschen fiel ) Sehr nachdenklich stimmende Geschichte...Lg Tina

 apocalyptica meinte dazu am 11.12.06:
Ich kann mich noch heute daran erinnern, wie meine Mutti immer ihre letzten Groschen zusammenkratzen musste, um die Raten aufbringen zu können, und ich glaube, ich habe damals schon etwas daraus gelernt, was ich bis heute nie vergessen habe. Nicht nur in Bezug auf Weihnachten, sondern besonders im Hinblick auf Vertreter und Geschäfte an der Wohnungstür. So hat vielleicht doch alles einen Sinn gehabt...wer weiß!
Ich grüß dich herzlich in deinen Tag,
die -bea

 Martina antwortete darauf am 11.12.06:
Kann ich verstehen. Ich ahtte auch so eine Vertreterrin am Telefon, die wollte Staubsaugerdüsen verkaufen. Ich sagte, das ich nur Fliesen hätte und keinen Staubsauger im Haus. Sie meinte das der auch fliesentauglich wäre...ich meinte, dass ich aber das Gerät nicht hätte und mir wegen dieser Düse auch nicht extra einen zulegen würde Ne, ich finde das ist ganz schlimm geworden in letzter Zeit mit den Vertretern..Lg Tina.

 Maya_Gähler (11.12.06)
Liebe Bea,
deine Geschichte stimmt einem schon sehr nachdenklich.
Ich weiss nicht, ob es in unserer Familie auch schon solche Geschehnisse gab. Zumindest für mich nicht wissentlich. Was nicht heisst, dass ich nicht wüsste, dass es Familien gibt, in denen dies passiert.
Bei uns war von jeher der Gedanke im Vordergrund zusammenzusitzen, neue Spiele zu spielen und einfach die Geselligkeit, die das Jahr hindurch manchmal zu kurz kommt, zu pflegen. Meine Tochter bastelt immer noch die Geschenke für Gotte und Götti selbst. Die Geschenke für die Erwachsenen sind eh mehr im Hintergrund, es gab schon Jahre, da haben wir Erwachsenen uns gegenseitig gar nichts geschenkt. Auch das klappt bei uns recht gut. Dieses Jahr machen wir eine Weihnachtstombola bei meiner Schwester, weil sich dort alle treffen. Jeder bringt ein kleines Geschenk mit, welches mit einer Nummer versehen wird. Dann zieht jeder ein Losund somit bekommt jeder wieder ein Geschenk. Wer sein eigenes zieht, hat halt die Lacher auf seiner Seite. Es sind nur Kleinigkeiten und es geht auch mehr um den Spass, dass jeder was auspacken kann. So lassen wir uns jedes Jahr einen Gag einfallen. Wie gesagt, bei uns ist die Geselligkeit im Vordergrund.
Ich finde es selbst auch total hirnrissig Geschenke im Wert von was weiss ich wievielen hundert oder tausend Euro zu machen.
Denn das ist nicht Sinn von Weihnachten, jedenfalls in meinen Augen.
Manno ein Monsterkommentar, sorry Bea, konnte meine Finger nicht bremsen.
Ich kann den Schmerz deiner Mutter allerdings sehr gut nachvollziehen und was da in ihr vorging.
Herzliche Grüße von deiner Maya, die sich nun wieder sehr viele Gedanken macht über deine sehr traurig anmutende wahre Geschichte

 apocalyptica schrieb daraufhin am 11.12.06:
Nun, es hat mir aber sehr viel Spaß gemacht, deinen Monsterkomm zu lesen, denn die Idee find ich absolut klasse! Wir haben gestern noch lange diskutiert über Sinn und Unsinn von Weihnachtsgeschenken, und da fiel mir wieder einmal diese damalige Sache ein. Weihnachtsgeschenk auf Raten...toll! Aber mein Papa konnte selten nein sagen und der Vertreter war wohl wirklich überzeugend...was das heißt, 24 "bequeme" Monatsraten zu zahlen, hat er dann auch erst im Laufe der Monate erfahren! Und ich denke, er hat es letzten Endes auch nur gut gemeint, wollte meiner Mutti eine Freude machen und die Arbeit erleichtern...
Aber ich habe mir damals schon vorgenommen, erst zu sparen und dann zu kaufen oder aber auf Dinge zu verziochten, die ich mir einfach nicht leisten kann!
So hat alles sicher einen Sinn gehabt. Aber was noch zu erwähnen wäre: der Staubsauger hat lange Jahre gute Dienste geleistet, und ich vermute, dass meine Mutter ihn irgendwann viel später auch ohne Frust benutzen konnte....
Liebe Grüße dir,
die -bea
steinkreistänzerin (46)
(11.12.06)
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 apocalyptica äußerte darauf am 11.12.06:
Brachial und deutlich, sehr deutlich, ganz besonderen Dank für diesen Kommentar, liebe Annette!!!!
Freitag waren wir auf dem Weihnachtsmarkt in Essen...da saß ein Rollstuhlfahrer, dem beide Beine amputiert waren und bettelte. Er hatte einen leeren Plasticbecher neben sich stehen für das Kleingeld, das ihm einzelne Passanetn schenkten, deren Einkaufstüten ohnehin schon voll waren. Ein netter Mitbürger rotzte (sorry) im Vorbeigehen in diesen becher und meinte: geh malochen, du Idiot!
Oder die alte Frau, die für den Tierschutzverein sammelte und mit einer scheppernden Blechbüchse rumlief....sie fragte einen Passanten um eine kleine Spende und bekam zu hören: scher dich zum Teufel oder geh zu deinen blöden Viechern!
Weihnachten....Friede, Freude, Eierkuchen....hmmmm
Nee, nee, muss ich nicht haben, nicht so!
Ich grüß dich lieb und freu mich schon auf den 30.04. *schmunzel*
Deine -bea =)
Fabian_Probst (44)
(11.12.06)
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 apocalyptica ergänzte dazu am 11.12.06:
Ich fürchte, lieber Fabian, dass mein Vater seinerzeit auch viel zu spät erkannt hat, was er da angerichtet hat. Er wollte wohl auch nur einmal meiner Mutter ein großes Geschenk machen, obwohl er es sich nun wirklich damals nicht leisten konnte.
Aber ich hatte weiter oben schon geschrieben, dass es mir eine Lehre fürs Leben war, an der ich heute noch festhalte. So hatte eben doch noch alles einen Sinn, wenngleich dieser vom eigentlichen natürlich himmelweit entfernt war....
Danke für deinen Besuch und liebe Grüße,
die -bea
mmazzurro (51)
(11.12.06)
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 apocalyptica meinte dazu am 11.12.06:
Nenn es ruhig sentimental...ich nenne es...die Möglichkeit, Gefühle zu haben, zu zeigen und dazu zu stehen, und das ist für mich das Wichtigste und zeichnet dich gleichermaßen aus, lieber Werner!
Ich danke dir, wieder einmal, und grüße dich von Herzen,
deine -bea
einfach_Ralf (45)
(11.12.06)
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 apocalyptica meinte dazu am 11.12.06:
drück ich doch...dir die Daumen, dass es noch lange diese lieben, ehrlichen, strahlenden Augen sein mögen! Ja, die Kinder können sich noch daran freuen und wir uns dann wiederum an den Kindern, aber auch dein Sohn ist fast schon zu "alt", um die Augen immer schließen zu können....*hmpf*
Macht es euch schön, ja, und binde nicht wieder zu früh die Schleifen auf....;)
Ach ja, und drück ich doch...beide Augen zu beim Lesen deines "gottverdammt"...und das zu Weihnachten....tz, tz!
Dank dir lieb und grüß dich,
die (weihnachts-markt-geschädigte) -bea
k-rin (32)
(11.12.06)
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 apocalyptica meinte dazu am 11.12.06:
Nun, ich versuche auch weiterhin, alles Mögliche zu ignorieren, auch wenn es bei dieser maßlosen Überhäufung schwierig ist. Den Leuten, die ich wirklich mag, kann ich das auch das ganze Jahr über zeigen, dafür brauche ich keine Weihnachten...und kein Geld, sondern etwas ganz anderes! Es ist nur so schade, dass kaum noch einer sich an den eigentlichen Sinn und Hintergrund erinnert, aber das passt wohl nicht mehr in "unsere heutige Zeit"....
Ich grüß dich lieb,
die -bea
seelenliebe (52)
(11.12.06)
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 apocalyptica meinte dazu am 11.12.06:
Ich freu mich, dass wir uns wie immer einig sind, du Liebe! Und dass du die Kurve wieder gekriegt hast, das ist doch ein wunderschönes Weihnachtsgeschenk für dich und so viel mehr wert als der ganze Konsumterror....!
Ich drück dich lieb,
die -bea
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