Wasserschloss Schweiz oder Land unter

Erzählung zum Thema Mensch und Natur

von  Maya_Gähler

09:50 Uhr  Sirenenalarm. Für heute war doch gar kein Probealarm angekündigt. Ewas verwirrt schaue ich drein. Habe ich in den Gemeindeberichten etwas überlesen? Hat der Alarm mit der  Hochwassersituation in der Schweiz zu tun? Die Aare war gestern schon sehr hoch. Ich rufe auf der Gemeindeverwaltung an. Doch dort ist man genau so ratlos wie ich.
Radio einschalten, so steht es in den Verhaltensregeln bei Alarm. Radio DRS1 finden, den ich doch nie eingestellt habe. Aber die erzählen mir auch nichts Neues. Etwa eine halbe Stunde später endlich eine Meldung: Der Sirenenalarm von 9:50 Uhr für Klingnau, Kleindöttingen, Döttingen ist eine Warnung wegen Hochwassers. Der Aaredamm droht zu brechen. Alle Personen in den Gebieten um den Damm mögen bitte ihre Nachbarn alarmieren und auch hörbehinderte Menschen informieren. Bitte befolgen Sie die  weiteren Anweisungen.

Also doch…
Wie nun weiter? Mein Sohn muss, um zur Arbeit um 12 Uhr zu kommen, die Aarebrücke überqueren. Er wird angehalten. Kein Postauto fährt mehr. Kein Mensch darf die Brücke passieren. Bis zur Dorfmitte hier in Kleindöttingen ist alles gesperrt. Eine Umleitung ist fast nicht möglich, da auch in und um Brugg, sowie im Gebiet der Aare-Rheinmündung Hochwassergefahr besteht. Er ruft in Aarau seinen Chef an. Auch dort steht alles unter Wasser. Das in zwei Wochen stattfindende eidgenössische Schwing- und Älplerfest ist gefährdet, der ganze Platz, auf dem schon fast alles aufgebaut ist, steht unter Wasser. Der Aarauer Schachen ist gefüllt.
Nach mehreren Telefonaten wird meinem Sohn mitgeteilt, dass er nicht zur Arbeit kommen soll.

Am Nachmittag kommt im Radio die Meldung, dass der Aaredamm in Klingnau und in Döttingen gebrochen sei. Um die 50 Personen mussten evakuiert werden.
Im Fernsehen werden Bilder gezeigt, wie es in der Schweiz aussieht. Land unter in vielen Teilen. Doch von unserem Gebiet wird nur gesprochen, noch kein einziges Bild wird gesendet.

Nur zwei Minuten Fußweg habe ich, um zur Sperrung zu gelangen. Doch irgendetwas hält mich zurück. Was würde ich dort auch sehen? Nichts.

Am Abend in den Nachrichten werden Bilder von Döttingen gezeigt und ich bin den Tränen nahe. Ich habe mit Vielem gerechnet, aber nicht mit solchen Bildern.
Ein Gefühlschaos entsteht in mir, auf der einen Seite bin ich froh, dass ich auf der Seite des Dammes wohne, wo nicht viel passiert ist. Auf der anderen Seite bin ich traurig über das, was im Nachbardorf passierte. Das kleine Einkaufscenter ist total unter Wasser, etliche Häuser, welche nicht mehr bewohnbar sind und so weiter und so weiter.

Die Nachrichten sind kaum vorbei, als mein Telefon läutet. Freunde, Bekannte rufen an und fragen, ob mit uns alles in Ordnung sei. Sie hätten die Nachrichten verfolgt und seien nun besorgt um uns. Ich gab Entwarnung: „Bei uns alles ok.“
Aber ich kann mich nicht richtig darüber freuen.


©g.b.=Maya_Gähler
2007-08-10


Anmerkung von Maya_Gähler:

Gestern so geschehen...

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Kommentare zu diesem Text


 AZU20 (10.08.07)
Du nennst deinen Text mit Recht: Mensch und Natur. Die von dir geschilderten schrecklichen Situationen werden wohl Alltag werden, leider. LG

 Maya_Gähler meinte dazu am 10.08.07:
Ja der Mensch hat sich vieles selbst zu zuschreiben.
Grüessli, Maya :o)
Stefan_P. (58)
(10.08.07)
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 Maya_Gähler antwortete darauf am 10.08.07:
Ja das ist leider wahr, Stefan.
Grüessli, Maya
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