Ein Blick hinter die Kulissen des unorganisierten Verbrechens
Absurdes Theaterstück zum Thema Terror
von JoBo72
Personen:
Tonio (T), ein Mafioso
Luigi (L), ein anderer Mafioso
Maria (M), Bürokommunikationskauffrau, derzeit bei der Mafia beschäftigt
Ein schmuckloses Zimmer in irgendeiner Wohnung an irgendeinem Ort der Welt. Im Vordergrund ein Schreibtisch, auf dem im wilden Durcheinander Akten, Zeitungen, Pizzakartons u. a. gestapelt sind. In der Ecke ein Kleiderständer, auf dem zwei Mäntel hängen. An der Wand im Hintergrund ist – ziemlich schief – ein Büro-Kalender der Firma „Heckler & Koch“ angebracht, auf dem für den Zuschauer nur die an einigen Tagen mit schwarzem Filzmarker eingetragenen Fragezeichen zu erkennen sind. Am Schreibtisch L, der verzweifelt in den Akten kramt. T betritt den Raum.
T (aufgeregt): Luigi! Wo ist meine Kalaschnikow?
L (genervt): Keine Ahnung!
T (laut): Was heißt: „Keine Ahnung!“?
L (laut): „Keine Ahnung!“ heißt...
Auftritt M.
M (aufgebracht): Entschuldigt bitte die Störung, Jungs, aber so geht das nicht weiter. Erstens: Erpresser-Briefe gehören in die dafür vorgesehene Ablage E. Zweitens: Abrechnungen engagierter Killer gehören, nach dem Zunamen des Beauftragten geordnet, in die Leitz-Ordner A-M und N-Z. Zur Aufrechterhaltung der alphabethischen Ordnung und zum schnellen, zielsicheren Zugriff sind Trennblätter in blutrot zu verwenden. Ist das so schwer?! Drittens – und das sag ich jetzt zum letzten Mal...
L (beschwichtigend): Maria, wir (betont) habä großarä Probläm. (wartet kurz ab, ob jemand über seine Imitation des italienischen Akzents lacht; da alles ruhig bleibt, fährt er fort): Tonio kann seine Kalaschnikow nicht finden.
M (seufzt): Na, toll! Wenn das der Boss erfährt!
T (schlägt sich an die Stirn): Der Boss, meine Güte!
L und M: Was?
T: Ich hab’ ganz vergessen, ihm ein Zimmer im Hotel zu reservieren.
M (seufzt, dann ironisch): Super! (sachlich) Dann schläft er eben bei Dir!
T: Geht nicht, ich habe die Handwerker im Haus!
M (kopfschüttelnd): Wann kommt er denn?
T (blickt auf seine Uhr): In einer halben Stunde.
M (aufgeräumt): Und wer holt ihn vom Flughafen ab?
T und L zucken mit den Schultern.
M: Was ist mit den Jungs aus Duisburg?
T: Personalengpass... (L nickt leicht verängstigt)
M: Na, toll. Dann bleibt also alles wieder an mir hängen... (sauer) Jungs, ich sag euch, lange mach’ ich...
L (zu T): Da wird sich der Boss aber freuen... hä, hä.
M (spitz): Was ist mit dem Attentat auf die EU-Innenminister nächste Woche?
L: Äh... darüber wollt ich mit euch reden... Also, der Plan für das Attentat während des Treffens der Innenminister... auf selbige... äh... nächste Woche...
M (sichtlich bemüht, die Fassung zu behalten): Jaaaa?
L: Ich... ähm... ich kann ihn nicht finden.
M (laut): Was?
T: Schöne Scheiße!
L (den Tränen nahe): Er muss hier irgendwo in diesen Akten sein. Das sind alles unbearbeitete Vorgänge. Er (betont) muss hier irgendwo sein!
M (seufzt): O.K., bis morgen 12 Uhr liegt der Plan auf meinem Schreibtisch. Sonst muss ich den Russen sagen, dass wir die Sache abblasen. (Pause) Ich meine, falls Dimitri bis morgen wieder telefonisch erreichbar ist (die fragenden Blicke von Luigi und Tonio schulterzuckend zur Kenntnis nehmend) „Kein Anschluss unter dieser Nummer“! Versteh ich auch nicht...
(Pause)
L: Und nu’?
M (äfft ihn nach): Und nu’?
T (schnipst mit den Fingern): Ich hab’s. Der Banküberfall! Wir könnten endlich den Banküberfall durchzieh’n, an dem wir schon so lange arbeiten. Hier, diesen Aktionsplan (kramt einen Schmierzettel aus der Hosentasche) fand ich heute unter „Strategische Maßnahmen, abgeschlossen“.
M (sichtlich genervt): Wo er nicht hingehört! Noch nicht umgesetzte Aktionspläne für Einzelaktionen wie Banküberfälle gehören in „Operative Maßnahmen, laufend“! Also, wirklich, Tonio, manchmal...
L (aufgeregt): Was steht denn drin?
T: Also, wir gehen hinein, ich schieße mit der Kalaschnikow...
M (bitter): Wenn sie wieder aufgetaucht ist.
T (überhört sie): ...auf die Kameras und alles, was sich bewegt. Wir schnappen uns den Direktor und gehen in den Tresorraum. Will er uns die Kombination nicht verraten, dann sprengen wir den Tresor auf!
L (begeistert): Ja, wir sprengen ihn auf.
L applaudiert, T verneigt sich.
M (kühl): Und?
T: Wie: „Und?“
M: Ja, hast du den Sprengstoff besorgt?
T: Ne, ich dachte das macht Luigi.
L (entsetzt): Ich? Jetzt werd mal nicht komisch, ja? Ich fahr doch schon das Fluchtauto. Ich meine, falls es bis dahin aus der Werkstatt....
M (nicht minder entsetzt): Was? Das wolltest Du doch letzte Woche schon...
L: Letzte Woche, letzte Woche! Meine Mutter kam (betont) letzte Woche zu Besuch aus Palermo... Ihr wisst doch, wie das ist...
Das Telefon klingelt. M hebt ab.
M: Ja?... Ach, Sie sind’s.... Ja, alles in Ordnung. Das Flugzeug verpasst? Na, das kommt vor... Nein, nein... Also, bis morgen dann... Ach, so. Ja, dann bis nächste Woche... Ciao. (sie legt auf) Ihr könnt Feierabend machen. (ab)
T und L blicken sich fragend an, stehen dann aber auf, gehen zum Kleiderständer und ziehen sich ihre Mäntel an.
T: Was hatt’n die eigentlich immer?
L: Naja, die war vorher bei Al-Qaida, da läuft das natürlich alles viel besser und ...
T: Echt jetzt? Al-Qaida? Wie is’n die daran gekommen?
L: Beziehung’n. 100 Pro.
T (grinsend): Oder halt – das Übliche...
L (grinsend): Das hast Du jetzt aber gesagt!
T und L ab.
Tonio (T), ein Mafioso
Luigi (L), ein anderer Mafioso
Maria (M), Bürokommunikationskauffrau, derzeit bei der Mafia beschäftigt
Ein schmuckloses Zimmer in irgendeiner Wohnung an irgendeinem Ort der Welt. Im Vordergrund ein Schreibtisch, auf dem im wilden Durcheinander Akten, Zeitungen, Pizzakartons u. a. gestapelt sind. In der Ecke ein Kleiderständer, auf dem zwei Mäntel hängen. An der Wand im Hintergrund ist – ziemlich schief – ein Büro-Kalender der Firma „Heckler & Koch“ angebracht, auf dem für den Zuschauer nur die an einigen Tagen mit schwarzem Filzmarker eingetragenen Fragezeichen zu erkennen sind. Am Schreibtisch L, der verzweifelt in den Akten kramt. T betritt den Raum.
T (aufgeregt): Luigi! Wo ist meine Kalaschnikow?
L (genervt): Keine Ahnung!
T (laut): Was heißt: „Keine Ahnung!“?
L (laut): „Keine Ahnung!“ heißt...
Auftritt M.
M (aufgebracht): Entschuldigt bitte die Störung, Jungs, aber so geht das nicht weiter. Erstens: Erpresser-Briefe gehören in die dafür vorgesehene Ablage E. Zweitens: Abrechnungen engagierter Killer gehören, nach dem Zunamen des Beauftragten geordnet, in die Leitz-Ordner A-M und N-Z. Zur Aufrechterhaltung der alphabethischen Ordnung und zum schnellen, zielsicheren Zugriff sind Trennblätter in blutrot zu verwenden. Ist das so schwer?! Drittens – und das sag ich jetzt zum letzten Mal...
L (beschwichtigend): Maria, wir (betont) habä großarä Probläm. (wartet kurz ab, ob jemand über seine Imitation des italienischen Akzents lacht; da alles ruhig bleibt, fährt er fort): Tonio kann seine Kalaschnikow nicht finden.
M (seufzt): Na, toll! Wenn das der Boss erfährt!
T (schlägt sich an die Stirn): Der Boss, meine Güte!
L und M: Was?
T: Ich hab’ ganz vergessen, ihm ein Zimmer im Hotel zu reservieren.
M (seufzt, dann ironisch): Super! (sachlich) Dann schläft er eben bei Dir!
T: Geht nicht, ich habe die Handwerker im Haus!
M (kopfschüttelnd): Wann kommt er denn?
T (blickt auf seine Uhr): In einer halben Stunde.
M (aufgeräumt): Und wer holt ihn vom Flughafen ab?
T und L zucken mit den Schultern.
M: Was ist mit den Jungs aus Duisburg?
T: Personalengpass... (L nickt leicht verängstigt)
M: Na, toll. Dann bleibt also alles wieder an mir hängen... (sauer) Jungs, ich sag euch, lange mach’ ich...
L (zu T): Da wird sich der Boss aber freuen... hä, hä.
M (spitz): Was ist mit dem Attentat auf die EU-Innenminister nächste Woche?
L: Äh... darüber wollt ich mit euch reden... Also, der Plan für das Attentat während des Treffens der Innenminister... auf selbige... äh... nächste Woche...
M (sichtlich bemüht, die Fassung zu behalten): Jaaaa?
L: Ich... ähm... ich kann ihn nicht finden.
M (laut): Was?
T: Schöne Scheiße!
L (den Tränen nahe): Er muss hier irgendwo in diesen Akten sein. Das sind alles unbearbeitete Vorgänge. Er (betont) muss hier irgendwo sein!
M (seufzt): O.K., bis morgen 12 Uhr liegt der Plan auf meinem Schreibtisch. Sonst muss ich den Russen sagen, dass wir die Sache abblasen. (Pause) Ich meine, falls Dimitri bis morgen wieder telefonisch erreichbar ist (die fragenden Blicke von Luigi und Tonio schulterzuckend zur Kenntnis nehmend) „Kein Anschluss unter dieser Nummer“! Versteh ich auch nicht...
(Pause)
L: Und nu’?
M (äfft ihn nach): Und nu’?
T (schnipst mit den Fingern): Ich hab’s. Der Banküberfall! Wir könnten endlich den Banküberfall durchzieh’n, an dem wir schon so lange arbeiten. Hier, diesen Aktionsplan (kramt einen Schmierzettel aus der Hosentasche) fand ich heute unter „Strategische Maßnahmen, abgeschlossen“.
M (sichtlich genervt): Wo er nicht hingehört! Noch nicht umgesetzte Aktionspläne für Einzelaktionen wie Banküberfälle gehören in „Operative Maßnahmen, laufend“! Also, wirklich, Tonio, manchmal...
L (aufgeregt): Was steht denn drin?
T: Also, wir gehen hinein, ich schieße mit der Kalaschnikow...
M (bitter): Wenn sie wieder aufgetaucht ist.
T (überhört sie): ...auf die Kameras und alles, was sich bewegt. Wir schnappen uns den Direktor und gehen in den Tresorraum. Will er uns die Kombination nicht verraten, dann sprengen wir den Tresor auf!
L (begeistert): Ja, wir sprengen ihn auf.
L applaudiert, T verneigt sich.
M (kühl): Und?
T: Wie: „Und?“
M: Ja, hast du den Sprengstoff besorgt?
T: Ne, ich dachte das macht Luigi.
L (entsetzt): Ich? Jetzt werd mal nicht komisch, ja? Ich fahr doch schon das Fluchtauto. Ich meine, falls es bis dahin aus der Werkstatt....
M (nicht minder entsetzt): Was? Das wolltest Du doch letzte Woche schon...
L: Letzte Woche, letzte Woche! Meine Mutter kam (betont) letzte Woche zu Besuch aus Palermo... Ihr wisst doch, wie das ist...
Das Telefon klingelt. M hebt ab.
M: Ja?... Ach, Sie sind’s.... Ja, alles in Ordnung. Das Flugzeug verpasst? Na, das kommt vor... Nein, nein... Also, bis morgen dann... Ach, so. Ja, dann bis nächste Woche... Ciao. (sie legt auf) Ihr könnt Feierabend machen. (ab)
T und L blicken sich fragend an, stehen dann aber auf, gehen zum Kleiderständer und ziehen sich ihre Mäntel an.
T: Was hatt’n die eigentlich immer?
L: Naja, die war vorher bei Al-Qaida, da läuft das natürlich alles viel besser und ...
T: Echt jetzt? Al-Qaida? Wie is’n die daran gekommen?
L: Beziehung’n. 100 Pro.
T (grinsend): Oder halt – das Übliche...
L (grinsend): Das hast Du jetzt aber gesagt!
T und L ab.
Anmerkung von JoBo72:
Bislang noch nicht aufgeführt.
Ich danke Jonas B. für seine sachdienlichen Hinweise zu der Urfassung des Sketches!