St. Martin
Absurdes Theaterstück zum Thema Denken und Handeln
von JoBo72
Ein Beitrag zu einem etwas anderen Martinsfest
Guten Abend. Zu einem Martinsfest gehört ein Martinsspiel! Martinsspiele der Kommunionkinder kennen wir zu Genüge.
Kind 1 (St. Martin): „Was ist (Pause) denn mit Dir?“
Kind 2 (Bettler): „Mir ist ganz kalt. (Pause) Ich (Pause) friere.“
Kind 1 (St. Martin): „Möchtest Du meinen (Pause) Mantel? Ich (Pause) teile ihn gern mit Dir.“
Kind 2 (Bettler): „Ja.“
Kind 1 (St. Martin): „So, hier, bitte schön. Jetzt muss ich aber weiter. (Pause) Weiter reiten. (Pause) Tschüß.“
Kind 2 (Bettler): „Tschüß.“
Kind 3 (Erzähler): „Der Bettler war jetzt sehr froh, weil er nicht mehr (Pause, Gemeindereferent gibt dem Kind einen Klaps und flüstert „frieren muss“) frieren muss.“
Das kennen wir. Ich habe mir gedacht, für ein „etwas anderes Martinsfest“ müsste man mal etwas anders inszenieren.
Erst habe ich gedacht: „Fragste mal ein paar Promis, ob die Lust haben, mitzuspielen!“ Aber... Naja...
(Franz Beckenbauer)
„Jo gut, der Bettler, er friert. Des is ja klor, die Brasilianer, sie frieren immer... Schowanne Älba hatte immer Handschuhe... äh... an, auch bei 20 Grad, immer.“ (lacht)
Hmmm...
(Franz Josef Strauß)
„Jahrelang... hast dich aushalten lassen... von unserem... Sozialstaat... und jetz... kommst Du an... bettelst... eine Unverschämtheit... du verlauster Anarchist!“
Auch Norbert Blüm als Bettler, ich weiß nicht...
(Norbert Blüm)
„Ja, isch geb zu, isch friere. Des hat aba nix mit da Rente zu tun!“
Auch mit deutschen Komikern war das nicht so toll.
(Tom Gerhard)
„Ey, Du bis ja nackt. Ey, wietho hast Du nichts an. Ey, bith Du bescheuert, oder was? Bei der Kälte! Is der Typ behämmert, ey!“
(Otto)
„Oh... Martin. Kannste mir mal helfen. Deinen Mantel. O.K., die Hälfte. Jaaa!“
Was hast Du denn an?
(Dittsche)
„Mohlzeit. Der is vom Mortin. Vom Mortin! Ich geh mit meine Laterne. Bidde! Kann ich jetz ma meine Suppe haben?! Ist das ne Suppenküche, oder was?!“
Also, das war nichts!
Ich musste an Produktionsfirmen und Fernsehsender ran. Echte Profis. Ich hab dann erst mal beim WDR gefragt, ob die nicht was machen können. Ja, schon, aber am 11.11. ist ja auch noch etwas anderes als St. Martin, der Beginn der Karnevals-Session in Köln mit der Proklamation des designierten Dreigestirns um Punkt 11:11 Uhr. Das hört sich offiziell an, ist es auch. Und der WDR überträgt das ganze Spektakel von morgens bis abends. Trotzdem – und dafür bin ich sehr dankbar – hat man meiner Bitte entsprochen, auch noch das Martinsspiel zu inszenieren.
Moderatorin: „Hääzlisch willkomme, läv Fründe der Nächstenliebe. Wir komme zum Höhepunkt. Wir haben se hee, für üsch! De Martin, de Bettler und de Jungfau von Orleans. (Applaus abwartend) Nää, is datt schööön!!! Sigg övver sätzisch Joor bin isch hee beim WDR, aber datt han isch no nit erlebt. Övver veezisch dausend Soldate hier ob de Kaserneplatz. (Jubel abwartend, mit der Menge in den Gesang einstimmend) ,Wir haben hier in Rom, / ein Kolosseum, keinen Dom!’ Nä, wat häälisch! (zu Martin) Martin, komm ens hee. Et muss doch enne jroße Drömm für ’ne Kölsche Jong sin, eenmal im Leeve römische Soldat ze sin.“
Martin: „Jo, isch han als kleene Jong davon gedrömmt, römische Soldat ze sin.“
Moderatorin: „Ja, dat glööv isch sofort, lääve Martin! Et muss doch enne jroße Drömm für ne römische Soldat sinn, eenmal im Leeve St. Martin ze sinn.“
Martin: „Jo, dat is enne jroße Drömm für jede römische Soldat, eenmal im Leeve St. Martin ze sinn.
Moderatorin: „Häälisch! Nä, isch bin hück övver sätzisch Joor hee beim WDR, aber datt han isch no nit erlebt. Häälisch. – Un, Bettler. Isset Dir nit kalt? So janz ohne Jäcksche?
Bettler: „Ja, isch han misch och schon e bissje verküllt. (verschwörerisch) Dat hätt ävver nix mit de Schweinegrippe zo donn!“
Moderatorin: (kriegt sich kaum ein vor Begeisterung) „Ha!!! Häälisch! ,De Schweinegrippe!’ Nä, wat is datt schön! Und jetz’ schalte mer janz schnell na Tours und da han me – jewissermaßen in Tours op Tour... is dat nit en tollet Wochtspeel...? „in Tours op Tour“, da musste ersma dropp komme! – in Tours op Tour ham wer – de Höhner! Ne, Quatsch – de Jänse! Ha!!! Häälisch!“
Im Gänsestall übernimmt dann das Team vom RBB.
Düpp... didüpp... didüpp... didüpp.
Reviertierpfleger Steffen Matuschinsky: „Jaaa, ja-ja-ja-ja! Kooommt ma her... (in die Kamera) Dit sind unsere neuen Jänse. Sin’ noch en bisschen uffjerecht. (zu den Gänsen) Ja, jetz’ schnattert ma nich so ville... det kann ja so nüscht wahr sein mit dem Krach hier, wa! Ruhe jetze!“
(Off-Stimme) „Aber die Gänse wollen heute nicht (Pause) ruhig sein. Sie machen (Pause) weiterhin ganz (Pause) schön (Pause) viel (Pause) Krach.“
Düpp... didüpp... didüpp... didüpp.
So wird Martin dann doch entdeckt und Bischof von Tours.
Was wir jetzt noch nicht hatten, das ist die Mantelteilung. Ihr erinnert euch.
Kind 1 (St. Martin): „Möchtest Du meinen Mantel? Ich teile ihn gerne mit Dir.“
Kind 2 (Bettler): „Ja.“
Kind 1 (St. Martin): „So, hier, bitte schön.
Dazu habe ich die DEFA, Babelsberg reaktiviert.
Auftritt „Centurio“. Hände hinter dem Rücken, abschätzender Blick.
Centurio: „Stillgestanden! Ich habe gesagt: ,Stillgestanden!’. – In meiner Schriftrolle ,Die Gerechtigkeit des Centurio in der römischen Armee, unter besonderer... (würgt das allgemeine Murmeln unwirsch ab) unter besonderer Berücksichtigung der gallischen Besatzungstruppen’ habe ich festgestellt, dass unsere Armee geprägt sein muss von dem unbedingten Gehorsam des Zivilisten gegenüber dem Militär und der unbedingten Ignoranz des römischen Soldaten gegenüber den Armen und Schwachen.“
Er erblickt in der ersten Reihe einen Bettler im warmen Umhang.
Centurio: (empört) „Wer hat dem Bettler den Umhang gegeben? (Martin steht auf) Martin?“
Martin (gedehnt): „Fragen Sie doch mal den Nikolaus.“
Centurio: „Nikolaus, haben Sie dem Bettler den Umhang gegeben?“
Nikolaus: „Ich???“
Centurio: „Martin, haben Sie gesehen, wie der Nikolaus dem Bettler den Umhang gegeben hat?“
Martin: „Das hab ich ja nicht gesagt. Ich habe nur gesagt, Sie sollen ihn mal fragen, weil er doch immer so nächstenlieb ist.“
Centurio: „Martin, setzen Sie sich. Ihnen fehlt die sittliche Reife. Da wollen wir doch mal sehen! (geht zum Bettler, nimmt seinen Umhang) Aha – der Umhang ist aus einem Soldatenmantel gerissen. Treten Sie vor, zeigen Sie mir Ihre sämtlichen Mäntel!“
Der Rest ist bekannt.
Also, ich glaub, wenn ich’s mir recht überleg: Das Martinsspiel der Kinder, das ist am Ende doch das beste. Und vielleicht können wir nächstes Jahr mal für die Kinder ein Martinsspiel vorbereiten. Wäre ganz witzig. Mit dem Kardinal in der Rolle des Erzählers. „Ohne – Mantel (lange Pause) friert – man.“ O.K. – vielen Dank!
Guten Abend. Zu einem Martinsfest gehört ein Martinsspiel! Martinsspiele der Kommunionkinder kennen wir zu Genüge.
Kind 1 (St. Martin): „Was ist (Pause) denn mit Dir?“
Kind 2 (Bettler): „Mir ist ganz kalt. (Pause) Ich (Pause) friere.“
Kind 1 (St. Martin): „Möchtest Du meinen (Pause) Mantel? Ich (Pause) teile ihn gern mit Dir.“
Kind 2 (Bettler): „Ja.“
Kind 1 (St. Martin): „So, hier, bitte schön. Jetzt muss ich aber weiter. (Pause) Weiter reiten. (Pause) Tschüß.“
Kind 2 (Bettler): „Tschüß.“
Kind 3 (Erzähler): „Der Bettler war jetzt sehr froh, weil er nicht mehr (Pause, Gemeindereferent gibt dem Kind einen Klaps und flüstert „frieren muss“) frieren muss.“
Das kennen wir. Ich habe mir gedacht, für ein „etwas anderes Martinsfest“ müsste man mal etwas anders inszenieren.
Erst habe ich gedacht: „Fragste mal ein paar Promis, ob die Lust haben, mitzuspielen!“ Aber... Naja...
(Franz Beckenbauer)
„Jo gut, der Bettler, er friert. Des is ja klor, die Brasilianer, sie frieren immer... Schowanne Älba hatte immer Handschuhe... äh... an, auch bei 20 Grad, immer.“ (lacht)
Hmmm...
(Franz Josef Strauß)
„Jahrelang... hast dich aushalten lassen... von unserem... Sozialstaat... und jetz... kommst Du an... bettelst... eine Unverschämtheit... du verlauster Anarchist!“
Auch Norbert Blüm als Bettler, ich weiß nicht...
(Norbert Blüm)
„Ja, isch geb zu, isch friere. Des hat aba nix mit da Rente zu tun!“
Auch mit deutschen Komikern war das nicht so toll.
(Tom Gerhard)
„Ey, Du bis ja nackt. Ey, wietho hast Du nichts an. Ey, bith Du bescheuert, oder was? Bei der Kälte! Is der Typ behämmert, ey!“
(Otto)
„Oh... Martin. Kannste mir mal helfen. Deinen Mantel. O.K., die Hälfte. Jaaa!“
Was hast Du denn an?
(Dittsche)
„Mohlzeit. Der is vom Mortin. Vom Mortin! Ich geh mit meine Laterne. Bidde! Kann ich jetz ma meine Suppe haben?! Ist das ne Suppenküche, oder was?!“
Also, das war nichts!
Ich musste an Produktionsfirmen und Fernsehsender ran. Echte Profis. Ich hab dann erst mal beim WDR gefragt, ob die nicht was machen können. Ja, schon, aber am 11.11. ist ja auch noch etwas anderes als St. Martin, der Beginn der Karnevals-Session in Köln mit der Proklamation des designierten Dreigestirns um Punkt 11:11 Uhr. Das hört sich offiziell an, ist es auch. Und der WDR überträgt das ganze Spektakel von morgens bis abends. Trotzdem – und dafür bin ich sehr dankbar – hat man meiner Bitte entsprochen, auch noch das Martinsspiel zu inszenieren.
Moderatorin: „Hääzlisch willkomme, läv Fründe der Nächstenliebe. Wir komme zum Höhepunkt. Wir haben se hee, für üsch! De Martin, de Bettler und de Jungfau von Orleans. (Applaus abwartend) Nää, is datt schööön!!! Sigg övver sätzisch Joor bin isch hee beim WDR, aber datt han isch no nit erlebt. Övver veezisch dausend Soldate hier ob de Kaserneplatz. (Jubel abwartend, mit der Menge in den Gesang einstimmend) ,Wir haben hier in Rom, / ein Kolosseum, keinen Dom!’ Nä, wat häälisch! (zu Martin) Martin, komm ens hee. Et muss doch enne jroße Drömm für ’ne Kölsche Jong sin, eenmal im Leeve römische Soldat ze sin.“
Martin: „Jo, isch han als kleene Jong davon gedrömmt, römische Soldat ze sin.“
Moderatorin: „Ja, dat glööv isch sofort, lääve Martin! Et muss doch enne jroße Drömm für ne römische Soldat sinn, eenmal im Leeve St. Martin ze sinn.“
Martin: „Jo, dat is enne jroße Drömm für jede römische Soldat, eenmal im Leeve St. Martin ze sinn.
Moderatorin: „Häälisch! Nä, isch bin hück övver sätzisch Joor hee beim WDR, aber datt han isch no nit erlebt. Häälisch. – Un, Bettler. Isset Dir nit kalt? So janz ohne Jäcksche?
Bettler: „Ja, isch han misch och schon e bissje verküllt. (verschwörerisch) Dat hätt ävver nix mit de Schweinegrippe zo donn!“
Moderatorin: (kriegt sich kaum ein vor Begeisterung) „Ha!!! Häälisch! ,De Schweinegrippe!’ Nä, wat is datt schön! Und jetz’ schalte mer janz schnell na Tours und da han me – jewissermaßen in Tours op Tour... is dat nit en tollet Wochtspeel...? „in Tours op Tour“, da musste ersma dropp komme! – in Tours op Tour ham wer – de Höhner! Ne, Quatsch – de Jänse! Ha!!! Häälisch!“
Im Gänsestall übernimmt dann das Team vom RBB.
Düpp... didüpp... didüpp... didüpp.
Reviertierpfleger Steffen Matuschinsky: „Jaaa, ja-ja-ja-ja! Kooommt ma her... (in die Kamera) Dit sind unsere neuen Jänse. Sin’ noch en bisschen uffjerecht. (zu den Gänsen) Ja, jetz’ schnattert ma nich so ville... det kann ja so nüscht wahr sein mit dem Krach hier, wa! Ruhe jetze!“
(Off-Stimme) „Aber die Gänse wollen heute nicht (Pause) ruhig sein. Sie machen (Pause) weiterhin ganz (Pause) schön (Pause) viel (Pause) Krach.“
Düpp... didüpp... didüpp... didüpp.
So wird Martin dann doch entdeckt und Bischof von Tours.
Was wir jetzt noch nicht hatten, das ist die Mantelteilung. Ihr erinnert euch.
Kind 1 (St. Martin): „Möchtest Du meinen Mantel? Ich teile ihn gerne mit Dir.“
Kind 2 (Bettler): „Ja.“
Kind 1 (St. Martin): „So, hier, bitte schön.
Dazu habe ich die DEFA, Babelsberg reaktiviert.
Auftritt „Centurio“. Hände hinter dem Rücken, abschätzender Blick.
Centurio: „Stillgestanden! Ich habe gesagt: ,Stillgestanden!’. – In meiner Schriftrolle ,Die Gerechtigkeit des Centurio in der römischen Armee, unter besonderer... (würgt das allgemeine Murmeln unwirsch ab) unter besonderer Berücksichtigung der gallischen Besatzungstruppen’ habe ich festgestellt, dass unsere Armee geprägt sein muss von dem unbedingten Gehorsam des Zivilisten gegenüber dem Militär und der unbedingten Ignoranz des römischen Soldaten gegenüber den Armen und Schwachen.“
Er erblickt in der ersten Reihe einen Bettler im warmen Umhang.
Centurio: (empört) „Wer hat dem Bettler den Umhang gegeben? (Martin steht auf) Martin?“
Martin (gedehnt): „Fragen Sie doch mal den Nikolaus.“
Centurio: „Nikolaus, haben Sie dem Bettler den Umhang gegeben?“
Nikolaus: „Ich???“
Centurio: „Martin, haben Sie gesehen, wie der Nikolaus dem Bettler den Umhang gegeben hat?“
Martin: „Das hab ich ja nicht gesagt. Ich habe nur gesagt, Sie sollen ihn mal fragen, weil er doch immer so nächstenlieb ist.“
Centurio: „Martin, setzen Sie sich. Ihnen fehlt die sittliche Reife. Da wollen wir doch mal sehen! (geht zum Bettler, nimmt seinen Umhang) Aha – der Umhang ist aus einem Soldatenmantel gerissen. Treten Sie vor, zeigen Sie mir Ihre sämtlichen Mäntel!“
Der Rest ist bekannt.
Also, ich glaub, wenn ich’s mir recht überleg: Das Martinsspiel der Kinder, das ist am Ende doch das beste. Und vielleicht können wir nächstes Jahr mal für die Kinder ein Martinsspiel vorbereiten. Wäre ganz witzig. Mit dem Kardinal in der Rolle des Erzählers. „Ohne – Mantel (lange Pause) friert – man.“ O.K. – vielen Dank!
Anmerkung von JoBo72:
Uraufführung:
KSG Berlin, „Ein etwas anderes Martinsfest“, 14.11.2009.