Fräulein Liberty

Erzählung

von  Unbegabt

„Du fühlst zu viel.“, sagt Liberty leise und mit starrem Gesicht.
Wie ein Gebet kommen die Worte über ihre aufgebissenen Lippen geschlichen und verunsichern mich mehr, als ihre Tränen es getan haben, und auf einmal bin ich mir nicht mehr sicher ob sie mich, oder sich selbst meint.
Unser Haus ist zu groß, zu leer für uns. Und zu dunkel. Die Fenster sind mit schwarzen Tüchern verhängt.
„Leichentücher“, sagt Liberty.
Ich sage ihr, dass Leichentücher immer weiß sind, weil weiß die Farbe des Friedens ist.
Liberty schüttelt ihren Kopf, so heftig, dass ich Angst um ihre Gedanken habe, die wahllos in ihm umher geworfen werden.
„Bei mir wird es schwarz sein.“, ihre Stimme bricht an einer Stelle, an der ich sie nicht wieder zusammenfügen kann. Nie wieder. Ich weiß es und sie weiß es auch.
Vielleicht, gebe ich zu.

„Ich habe Schmetterlinge sterben gesehen.“, sagt sie und ihre Stimme klingt nach den Tränen, die sie nicht mehr weint.
Der Wind, der durch die Löcher in den Wänden, die unser Haus zusammenhalten pfeift, zerrt an uns, wie eine starke Meeresbrise, obwohl das Meer soweit weg ist. Der Wind lässt Türen schlagen, aber manchmal bin ich mir nicht sicher, ob es nicht doch Liberty ist.
„Der Regenbogen ist unter mir zerbrochen. Sieh nur, all die Farben...“, sagt Liberty und ist gleichzeitig der farbloseste Mensch, den ich jemals angesehen habe. Nur in den Spalten zwischen den alten Dielen sehe ich Farben davon fließen, flüchten vor unserer schwarzgrauen Welt.
Niemand kann auf Regenbögen laufen, sage ich ihr.
„Doch. Ich bin es und ich bin gefallen, falle immer noch, falle, falle...“, sagt sie, mit aufgerissenen Augen und ihre kleinen Hände krallen sich in meine.
Und in dieser Nacht, in der der Wind unser halbes Dach mit sich trug, siegessicher johlend, ging sie ohne mit den Türen zu knallen.


Fräulein Liberty, dein Leichentuch wird schwarz sein.


Anmerkung von Unbegabt:

Noch einmal überarbeitet.

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Kommentare zu diesem Text

Kitten (36)
(17.02.09)
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Überreflexion (28)
(17.02.09)
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 Unbegabt meinte dazu am 17.02.09:
hüstel.

bis zu genau jener angesprochenen stelle schrieb ich durch. 2 std pause danach, weiter schreibend, weil ich fand, der text wäre zu kurz, viel zu kurz um da zu enden..

danke für den kommentar.

winkend
n.
Überreflexion (28) antwortete darauf am 17.02.09:
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 Unbegabt schrieb daraufhin am 17.02.09:
aber sowas von ;)
Überreflexion (28) äußerte darauf am 17.02.09:
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 Unbegabt ergänzte dazu am 17.02.09:
doch, doch. bild dir mal bloß nichts ein. :P
ich weiß es, du weißt es.
alles ist okay, wir sind gänseblümchen...
Überreflexion (28) meinte dazu am 17.02.09:
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 erdbeermund (22.02.09)
Das ist ganz wunderbar Ich stimme zwar der Frau Überreflexion zu, was den letzten Abschnitt angeht; toll wäre es auch, wenn man die Texte geteilt hätte, vielleicht als Mehrteiler?
Trotz allem schön geschrieben. Klickklick.

 Unbegabt meinte dazu am 22.02.09:
danke.

aber bei einem so kurzen text einen mehrteiler draus machen?

hmm, weiß nicht.
paule (34) meinte dazu am 03.03.09:
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Naoko (23)
(05.06.09)
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Leyla (29)
(19.05.10)
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 Unbegabt meinte dazu am 21.05.10:
Nicht absichtlich!
Was empfindest du als die 'Juwelen'?
Leyla (29) meinte dazu am 22.05.10:
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 Unbegabt meinte dazu am 22.05.10:
sehr. danke!
Leyla (29) meinte dazu am 22.05.10:
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Vincént (19)
(01.07.10)
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 makaba (03.07.10)
voller gänsehaut und sprachlos.
sehr gut.
echt wow.
lg makaba

 SunnySchwanbeck (27.06.11)
das ist ein kleiner rohdiamant, weißt du das? und ich liebeliebeliebe ihn. auch wenn du manchmal nicht siehst wie er funkelt und glitzterst. er ist ganz groß, beste. und du, du bist es auch.
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