Dritter Brief

Brief zum Thema Verlust

von  Mutter

Wenn Du sicher bist, dass Juan nicht unversehrt geblieben ist, gehe zu meinem Schreibtisch und nimm den Brieföffner, der sich dort in der rechten Schublade befindet, heraus.
In diesem Fall waren wir nicht vollständig erfolgreich. Der Fluch hat die Berge verlassen, und befindet sich nun in Andalusien. Und genau wie der Schwarze Tod, der von einer Stadt zur nächsten getragen wird, sich von Behausung zu Behausung schleicht, muss diesem Grauen Einhalt geboten werden.
Ich habe dabei versagt, meine Quintana. Jetzt gibt es nur noch Dich. Ich setze all’ meine Hoffnungen und mein Vertrauen in Dich. Vollende mein Werk.

Gehe ins Bad, aber verberge das Stilett. Lass Juan den scharfen Silberstahl nicht sehen – bitte!
Unterhalte Dich mit ihm und nehme erneut den Schwamm. Danke ihm für seine treuen Dienste, für alles, was er für uns getan hat. Für mich. Wasche ihm den Rücken, und heiße ihn sich vorbeugen.
Dann umarme ihn, in einem Anfall von Wehmut, und wenn er seine Arme hebt, um Dich zu stützen, benutze den Dolch.
Zwischen die dritte und vierte Rippe, wie es Vater Adolpho Dich gelehrt hat. Zögere nicht, und zweifele nicht. Du weißt, ich würde dies nicht von Dir verlangen, wenn es nicht sein müsste. Es muss, meine Liebste.
Lass nicht Tränen Deine Augen verschwimmen. Habe eine starke Hand und ein aufrechtes Herz, und wenn Du dies getan hast, atme auf. Du hast beendet, was wir nicht geschafft haben. Das Grauen ist besiegt.
Lasse Marque zu Dir rufen – er wird Dir helfen, und sollte keine Probleme haben, Juan fort zu schaffen. Lasse ihn den Guten hinten bei den Apfelbäumen begraben. Niemand wird ihn dort finden – aber Du wirst wissen, wo seine letzte Ruhestätte ist. Behalte ihn in guter Erinnerung – er hat so viel aufgegeben wie wir und mich nie im Stich gelassen.

Ich vertraue auf Deine Stärke, meine Quintana, und glaube mir – wäre es mir irgendwie möglich, Dir diese Last nicht aufzubürden, sie an Deiner Stelle zu tragen, ich würde es tun. Aber das kann ich nicht. Ich bin voran gegangen.

Sammele Dich nun einen Augeblick, komm’ zu Dir und gehe dann und tue, worum ich Dich bitte. Für uns alle.

Ein letztes Mal verabschiede ich mich nun von Dir, Samtbett meiner Seele. Mit hinüber auf die andere Seite nehme ich alles, was wir hatten, und lasse es Dir doch da. Wenn wir einst wieder vereint sind, wird aus zwei Hälften erneut ein Ganzes.
Mit ganzem Herzen und all meiner Seele habe ich Dich geliebt. Immer.
Liebe Dich noch.

Ich vermisse Dich jetzt schon so schmerzlich, meine Schöne – Dein Immanuel


Anmerkung von Mutter:

Mehrere Tage wurde nach dem spurlos verschwunden Juan in Cabo de Gata gesucht, aber ohne Erfolg. Der Gefolgsmann des Senor Immanuel de Savas, der erst kurz zuvor vom tragischen Tod seines Herrn berichtet hatte, blieb verschwunden, und so musste die trauernde Witwe Quintana de Savas neben dem leeren Sarg ihres in den katalonischen Bergen verstorbenen Mannes auch einen Sarg ohne Leichnam für Juan beerdigen.
Die beiden Familien sind in ihrer Trauer vereint.

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Kommentare zu diesem Text

Elvarryn (36)
(03.04.09)
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 Mutter meinte dazu am 03.04.09:
Öh, Happy End? :)

Mit der Anmerkung ist es genau keins - vermutlich bin ich da aber wieder zu sehr der Eisberg-Theorie verhangen, passiert mir öfter. :)

Danke schön ...
Elvarryn (36) antwortete darauf am 03.04.09:
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 Mutter schrieb daraufhin am 03.04.09:
Wie kommst Du darauf?
Elvarryn (36) äußerte darauf am 03.04.09:
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 Mutter ergänzte dazu am 03.04.09:
Ja ...
Ich verstehe nur nicht, wieso das Deine Version eines Happy Ends ist ... :D
Muss das nordische Gemüt sein.

Ich dachte, der gute Juan noch am Leben wäre das ... sagen wir ... sonnigere Ende. ;)
Elvarryn (36) meinte dazu am 03.04.09:
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 Mutter meinte dazu am 03.04.09:
"Wenn Juan noch am Leben waere, waere das sicher kein Happy End."

Ich sag's ja, Ihr habt zu viel Nebel da oben bei Euch - schlägt Euch auf's Gemüt ... :D
Elvarryn (36) meinte dazu am 03.04.09:
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 Mutter meinte dazu am 03.04.09:
Ich glaube, das Problem liegt allein darin, als was man obiges, also den Text, ansieht ...

Ich weiß nicht, ob sie ihn gelesen hat - ich sehe nur das Schriftstück. Aber ich kann (jetzt) natürlich verstehen, wie man das auch anders sehen könnte. Insofern verstehe ich zumindest den Konflikt ...

Zur Kalendergeschichte: Nur zu. :D
Auf meinem Brettchen befinden sich schon etwas zu viele Projekte - mehr packe ich nicht ... :)
Elvarryn (36) meinte dazu am 03.04.09:
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Angelika Dirksen (62)
(03.04.09)
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 Mutter meinte dazu am 08.04.09:
Eigentlich war der Text als Fragment geplant, insofern weiß ich nicht, ob da noch was kommt.

Aber da E. ja ein Projekt angestoßen hat - schau'n mer mal ... :)

Danke Dir.
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