Sorgen

Erzählung zum Thema Gesellschaft/ Soziales

von  Feuervogel

Sie erwacht am Morgen mit schweren Gliedern. Im Kopf klopft der Sorgenbrei. Ihr Gehirn eiert von einer Ecke zur nächsten. Woher nehmen und nicht stehlen? Langsam schleicht sie ins Bad, dreht den Wasserhahn auf. Sie benetzt ihr Gesicht mit dem erfrischenden Nass. Ihr ist schwindlig und schlecht. Sie schlurft mit bleiernen Schritten in die Küche. Dort gießt sie sich Tee vom letzten Abend in die Tasse. Im Mund hat sie einen furchtbaren Geschmack. So könnte sie jetzt niemanden küssen. Sie hätte Angst beim Anderen Ekel zu erregen. In wenigen Tagen wird sie umziehen und fragt sich woher sie das Geld für die Kaution nehmen soll. Endlich eine größere Wohnung, endlich wieder ein eigenes Schalfzimmer. In den vergangenen Jahren hatte sie keine Rückzugsmöglichkeit, schlief im Zimmer ihres Kindes, manchmal auch im Wohnzimmer. Es war schon okay, sie will nicht jammern. Es gibt so viele die haben nicht einmal ein Dach über den Kopf. Komische Welt, manchmal ist es nur anstrengend hier zu sein. Sie sitzt auf dem Balkon, der Tag beginnt. 1000 €, das ist viel Geld. Sie hat keine Ersparnisse. Von der Rente die sie bekommt und dem 400 € Job kann man nichts auf die hohe Kante legen. Schließlich soll das Kind ja nicht unter der Situation leiden. Soll dieselben Chancen haben, wie Kinder von den "Gutsituierten". Es soll auch Sport treiben und Instrumente lernen können. Damals, als sie in diese Wohnung zog, blieb ihr die Kaution erspart, da sie ihren Vermieter schon viele Jahre gut kennt. Er vertraute ihr und bekam auch immer sein Geld, trotz der Enge auf dem Konto. In den vergangen Tagen kamen ihr oft die Gedanken ihren Körper zu verkaufen. Erst letztens wurden wieder Frauen gesucht für ein Erotikmassage-Studio. Das aber dürfte sie ihren Freundinnen gegenüber nicht erwähnen. Die würden sich zutiefst entrüsten. Ja aber was soll sie tun? Sie braucht das Geld. Manchmal kann Frau nicht anders als ihren Körper zu verkaufen. Er ist das Einzige was sie zu Geld machen kann in ihrer Situation. Wievielen geht es so wie ihr? Mein Gott, und was bleibt dann übrig von ihrer Seele? Sie spürt Trauer in sich, denkt sie an die vielen Frauen die in dieser Gesellschaft ihre Seele verkaufen. Das aber will keiner wissen. Nein, sie wird es nicht tun. Sie kann es nicht. Es wäre nur wieder ein Schritt näher zur nächsten Klinik. Es wird andere Wege geben. So erhebt sie sich und geht erst einmal unter die Dusche. Der Wasserstrahl wäscht ihr den Kopf frei. Die Sorgen bleiben.

Michaela Möller

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Kommentare zu diesem Text

D_Epperlein (57)
(14.08.09)
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Al_Azif (34)
(04.03.14)
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