Wohin gehen wir?

Innerer Monolog zum Thema Tod

von  Feuervogel

Verstehst du was hier geschieht? Verstehst du dieses Abschiednehmen? Verstehst du den Schmerz den das Sterben uns bereitet? Warum müssen wir gehen, wenn wir noch nicht einmal richtig angekommen sind? Ja, ich weiß, jetzt sagst du mir, so ist das Leben. Der Tod gehört dazu. Wieso eigentlich? Wieso werden wir geboren, wenn wir irgendwann sterben müssen? Damals als ich schwanger war und zum ersten Mal das Herz meines Sohnes, klein, winzig klein, schlagen sah in meinem Innern, fragte ich mich, wer gab ihm den Impuls einfach anzufangen? Welche Kraft brachte unser aller Herzen zum Schlagen? Ja und wer gibt unserem Herzen den Impuls irgendwann aufzuhören? Wieso werden manche so alt und manche dürfen nie die Sonne sehen? Ist das alles, dieses Sein zwischen Geburt und Tod? Ich habe das noch nie verstanden, fand selbst in meinem Glauben keine Antwort. Was mir blieb waren meine Fragen, ich fand nie die passende Antwort. Ich bewundere jeden der da so zuversichtlich sich diesen Realitäten stellt. Ich kann es nicht. Mich macht es fast wahnsinnig. Ich könnte schreien, könnte toben. Am liebsten würde ich die Gesetzmäßigkeiten verändern, wünschte es gäbe eine Möglichkeit den Tod zu überwinden. Es würde mir schon reichen, wenn ich eine Tür fände durch die ich treten könnte ganz bewusst, um auf die andere Seite zu gelangen. Wenn ich dies einmal schauen könnte, dieses andere, dieses paradiesische, dieses jenseitige.
Mit 18 Jahren hatte ich einen Traum in dem ich erst ganz normal irgendetwas träumte, dann gab es einen Schnitt und ich flog über eine gigantische Wiese mit Blumen, die ich nicht kannte. In der Ferne sah ich ein Licht, ein unbeschreibliches Licht. Plötzlich sagte eine Stimme, so wird es sein wenn du stirbst, dann kommt dir Gott entgegen. Dann wieder ein Schnitt und der andere Traum ging weiter. Ich habe diesen Traum nie vergessen, kann heute noch seine Bilder und Farben erinnern. Er war mir ein Trost, aber keine wirkliche Antwort.
Wenn Menschen starben die ich kannte, und mit denen mich etwas verband, träumte ich irgendwann Wochen oder Monate nach ihrem Tod, plötzlich  ganz real von ihnen. Jeder begegnete mir strahlender, frischer, dynamischer, jünger und sagte mir wie gut es ihm jetzt ginge, ich mich nicht sorgen müsste, sie seien glücklich und sie würden jetzt richtig gut leben. Diese Tradition hat meine Seele mir mein Leben lang bewahrt. Sie weiß wohl mehr um all die Wahrheiten des Lebens und des Sterbens, und stärkt mich auf diese Weise.
Leichter fällt mir der Abschied, wenn jemand sein  Leben gelebt hat, wenn ich weiß, jetzt ist alles rund, alles gut und er will und darf dann gehen. So wie bei Tamara, deren Glauben an eine weitere Existenz mich heute stärkt und von der ich weiß, sie ist im Frieden mit sich und der Welt gegangen. Sie hatte ein großes Herz und mit ihm wirkte sie in dieser Welt. Ja, es schmerzt mich sie nicht mehr zu sehen, jedoch stimmt das so auch nicht, da sie bei mir ist und ich sie empfinden, sie spüren kann, weil ich sie lieb habe und ich weiß sie hatte mich auch lieb. Das verbindet uns über den Tod hinaus.
Jedoch das Sterben meines Cousins mit 27 Jahren, oder meiner Cousine mit 7, dass begreife ich bis heute nicht. Auch den Tod von Freunden, die ich mit Anfang 30 zu Grabe trug, begreife ich nicht. Aids, Krebs, Unfall...warum?, schwingt es da in mir? Warum dieses Leid? Nun der Tod von A., der Tochter unserer Wahloma.Ich stehe fassungslos vor all diesem Leid, welches mit ihrem Tod hereinbrach, besonders über das 7-jährige Kind. Sie wollte endlich ihren Lebensgefährten heiraten, dazu kam es nun nicht mehr. Gott, ich verstehe dich nicht, ich verstehe deine Inszenierungen nicht. Ja, die kleine Ela möchte das es immer Frühling ist, vielleicht ein langer Sommer, aber den Winter hat sie noch nie gemocht. Spielen will sie, die Kleine, lachen, tanzen, Blödsinn machen, einfach glauben das immer alles ewig so weitergehen kann. Doch das tut es eben nicht. Nein , alles endet, irgendwann fällt der Vorhang, das Stück endet hier für jeden eines Tages.
Ich bin manchmal froh keinen große Liebe zu haben,die Liebe zu einem Mann, denn wenn die Liebe zu groß, ist das Leid viel zu tief. Das würde ich nicht ertragen. Obwohl ich so eine Liebe hatte mit 18 Jahren. Sein Name war Bernd und er starb an einem schweren Asthmaanfall. Er erstickte!
Nun, da ist mein Kind, dass ist ja meine größte Liebe und da liegt auch meine größte Angst verborgen, es zu verlieren.Ja, er ist meine wahre Liebe. Ich will darüber gar nicht weiterschreiben, dass lässt mich aufgerieben, mit tiefer Furcht zurück. Gott bewahre ihn!
Ich stellte mich dem Tod, indem ich Sterbebegleitung machte. Da konnte ich einen tiefen Frieden erfahren, doch es bleibt meine Angst. Meine Angst um die, die ich liebe. Jetzt das Leid, welches unsere Oma traf. Ich wünschte es ungeschehen machen zu können, doch das ist mir nicht möglich. Das Leben beinhaltet solche Auferstehungswunder leider nicht. Schade, dass ich nicht zur Zeit Jesu lebte, oder Jesu unter uns weilt. Ich würde losrennen und ihn bitten A. ins Leben zurückzuholen, für ihr Kind, für unsere Oma. Aber was weiß ich um unser aller Schicksal. Darf ich denn eingreifen, darf das überhaupt einer?
Also, sind wir doch wieder bei dem was ich am Anfang schrieb, dass du mir sagen würdest, so ist das Leben. Ja, so ist es! Was uns zu tun bleibt ist, es einfach zu leben, bis zum Ende, bis unser aller Herzen aufhören zu schlagen. Lasst sie gefüllt mit Liebe ihren letzten Schlag tun, dann hat sich das hier wenigstens gelohnt.

Michaela Möller

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Kommentare zu diesem Text

D_Epperlein (57)
(04.09.09)
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 Feuervogel meinte dazu am 04.09.09:
Vielen lieben Dank Detlef....
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