Scenic Route
Erzählung zum Thema Verfolgung
von Mutter
Alles bleibt ruhig. Keine Schüsse peitschen auf, keine Querschläger fetzen mir um die Ohren. Entweder Brewster ist unbewaffnet oder geflohen.
Noch nicht überzeugt, bewege ich mich geduckt vorwärts. Suche Deckung erst hinter ein paar Büschen, danach neben einigen Felsen.
Spähe kurz in den stehen gelassenen Wagen – keine Spur von Brewster. Während ich weiter in Deckung bleibe, sehe ich mich um. Wir befinden uns am Fuße eines kleinen Hügels, teilweise mit Bäumen bewachsen. Besonders weit kann ich nicht gucken, das schmeckt mir nicht besonders. Er ist offenbar den Hang hoch.
Ich nehme an, er hat die gleichen Schwierigkeiten, mich einzuschätzen. Klarzubekommen, was hier gerade passiert.
Entschlossen spanne ich die Hähne der zwei Glocks und schiebe mich aus dem Schatten der Findlinge. Aufmerksam zuckt mein Blick hin und her, scannt die nähere Umgebung, kann nichts erkennen. Keine Gefahr.
Zügig bewege ich mich in die generelle Richtung, die mein Freund Brewster genommen haben muss. Sprinte über Felsen, setze über gefallene Äste und einzelne Baumstämme und grabe meine Stiefel in den weichen Boden. Alles bergauf.
Dauert keine paar Minuten und mein eigener Atem dröhnt mir in den Ohren. Die Waffen werden schwer in meinen Fäusten und meine Schultern schmerzen. Die Waden protestieren.
Ab und zu finde ich frische Fußspuren, die mir erzählen, dass es Brewster genauso eilig hatte wie ich. Glaube kaum, dass der hier irgendwo auf mich lauert. Der Wichser ist unbewaffnet und sucht sein Heil in der Flucht.
Diese Erkenntnis beschleunigt meine Schritte und mit einem grimmigen Grinsen sprinte ich einen schmalen Pfad entlang, der längs zur Hügelflanke führt. Die Steigung bleibt damit erträglich – ich bin für jede Gnade dankbar.
Ich trete zwischen Pinien heraus auf eine kahle Fläche. Von hier aus kann ich bis nach Derry rüber sehen – der SAS-Mann hat sich für die scenic route entschieden. Will mir ein wenig vom Land zeigen. Der Wind streicht den Hügel hinauf, kühlt mich aus, verschwitzt wie ich bin. Immer noch kein Brewster, nur die Spuren seines groben Stiefelprofils vor mir.
Die plötzlich verschwunden sind. Irritiert halte ich kurz inne, sehe mich um. Vor mir liegt eine Stelle mit feuchter Erde – er hätte keine Chance, ohne Abdrücke dort durchzukommen.
Also muss er rechts den Hügel hoch sein. Ich fluche. Es ist steil und stellenweise werde ich wohl auf alle Viere runter müssen. Bück dich, du Sau!
Mit einem stummen Versprechen, Brewster für all die Strapazen ein paar Rippen mehr zu brechen.
Die Glock in der Rechten muss ich wegstecken, um meine Finger in die Felsen zu klammern, die an verschiedenen Stellen wie gebrochene Knochen die Haut des Hügels durchstechen. Keuchend arbeite ich mich nach oben, immer wieder aufmerksame Blicke nach oben werfend. Nicht, dass Brewster mit einem Grinsen hinter einem der Steine hervorkommt und mich mit seinen Stiefeln, deren Profil ich inzwischen so gut kenne, den Hügel wieder herunter tritt.
Weit voraus höre ich Steine kullern – offensichtlich hat er sie bei seiner kopflosen Flucht losgetreten. Ich steigere das Tempo, will ihm nicht zu viel Vorsprung lassen.
Ich trete erneut in den Schatten von verkrüppelten Bäumen, winde mich im Laufen um die dürren Stämme.
Zu meiner Linken liegt das ausgetrocknete Bett eines Baches, der sich dort im Frühling steil abwärts stürzt. Mit einem schnellen Schritt überquere ich den kleinen Graben, den das Wasser aus dem Hügel direkt vor mir gefressen hat und will mich wieder an die Verfolgung machen, als ich innehalte. Ein Geräusch macht mich stutzig. Von links unten, von der Flanke des Hügels, wo der das Bachbett verschwunden ist, kam der Sound. Ein Kratzen, Scharren. Weitere kleine Steine.
Ich ducke mich, habe sofort beide Waffen in den Händen. Schiebe mich an den Rand des Weges, spähe hinab. Sehen kann ich nichts – dort unten versperrt mir ein Gewirr aus Felsbrocken, Büschen und Baumstämmen die Sicht. Niemals ist der Kerl dort runter geklettert – nicht in der kurzen Zeit, die er hatte. Werfe einen zweifelnden Blick zurück in Richtung Weg. Wenn ich mir hier an den Abstieg mache, und mich irre, ist der Penner weg. Kriege ich den nicht mehr.
Ein weiteres Geräusch beendet meine Gedankengänge. Ein Stöhnen dringt von unten zu mir hoch. Verdammt, der Kerl ist nicht geklettert, der ist gestürzt.
Nachdem ich die Waffen in den Holstern verstaut habe, sichere ich mich mit beiden Händen an den groben Felsen im Bachbett und lasse mich Zoll für Zoll nach unten. An manchen Stellen muss ich klettern, freeclimbing, an anderen muss ich mich frei hängend langsam an den Armen herunter lassen, bis meine Füße Halt finden.
Der Schweiß läuft mir über das Gesicht, beißt mir in die Augen. Mich fröstelt.
Nach einer halben Ewigkeit erreiche ich einen kleinen Absatz, auf dem ich innehalte. Mich geduckt umsehe, lausche, die Waffen gezogen.
Stumm warte ich eine Weile, bis ich deutlich einige Meter vor mir ein weiteres Mal das Stöhnen höre. Brewster ist verletzt.
Ohne zu zögern klettere ich weiter, überwinde die letzten Meter. Schiebe mich durch einen V-förmigen Spalt zwischen zwei Felsen hindurch, als ich ihn vor mir sehe. Er liegt halb auf der Seite, das rechte Bein merkwürdig nach hinten verdreht. Sieht aus, als sei an mehreren Stellen gebrochen, Oberschenkel und eventuell auch an der Wade. Den linken Arm hält er ebenfalls in einer unnatürlichen Position, und an seinem Hals kann ich Hautabschürfungen erkennen. Ob es seinen Kopf und sein Gesicht erwischt hat, sehe ich nicht, seine Schulter versperrt mir die Sicht.
‚Hey Brewster‘, rufe ich ihn leise an, die Waffen im Anschlag.
Seine Antwort ist ein neuerliches Stöhnen. Nachdem einen letzten Blick auf ihn geworfen und entschieden habe, dass er mich mit dem Bein wohl eher nicht verarschen will, klettere ich in einem Bogen um ihn rum.
Rutsche ein paarmal in der weichen Erde fast zu ihm runter, bevor ich mich von vorne nähern kann. Er hat die Augen halb geschlossen.
Beide Waffen in den Fäusten, hocke ich mich vor ihn hin, betrachte ihn. Er bemerkt mich, öffnet die Augen, dreht langsam den Kopf.
‚Scheiße‘, murmelt er.
Ich nicke, grinse. ‚Ist es das, was sie euch bei der SAS beibringen? Sich den Abhang runterschmeißen?‘
Er lächelt, bevor Ausdruck seiner Schmerzen über sein Gesicht zuckt. Kurz überlege, wie ich weiter vorgehen soll. Kurzentschlossen schnappe ich mir mein Einhandmesser und fange an, ihm den Windbreaker vom Körper zu schneiden. Als ich seinem Arm zu nahe komme, wird er kurz ohnmächtig. Ich nutze die Zeit, um die Jacke in Streifen zu schneiden und mir ein paar stabile Stöcke zu suchen.
Eine kleinen schiebe ich ihm zwischen die Zähne, als er keuchend Luft holt.
Versuche danach vorsichtig, das Bein zurück in eine normale Position zu bringen – bereits beim ersten Knirschen klappt er mir ab, wird ein zweites Mal bewusstlos. Gut, kann ich in Ruhe arbeiten.
Mit den Streifen der Jacke schiene ich sorgfältig sein Bein, ohne die Blutzirkulation zu beeinträchtigen. Der Arm wird ebenfalls versorgt, obwohl ich mir um den weniger Sorgen machen – der kommt in eine provisorische Schlinge aus seinem Pullover. An Unterkühlung wird er mir schon nicht krepieren, jedenfalls nicht, bevor ich nicht ein paar Antworten erhalten habe.
Zufrieden mit meinem Werk, ziehe ich den Bewusstlosen ein Stück weiter von dem Bachbett weg, nur für den unwahrscheinlichen Fall, dass dort oben jemand auftaucht. Spaziergänger, oder Neugierige, die nach dem Verbleib der Fahrer der beiden ramponierten Fahrzeuge schauen wollen.
Nachdem ich für uns beide Deckung hinter einem Gebüsch aus Haselsträuchern gefunden habe, warte ich, bis der Schmerz seine Nervenbahnen frei gibt und er das Bewusstsein wieder erlangt.
Dauert nicht lange. Zähe Schule, nehme ich an.
‚Hey Damian‘, lächele ich ihm freundlich entgegen.
Er stöhnt, sieht auf sein Bein, den Arm, auf mich. ‚Fuck.‘
Noch nicht überzeugt, bewege ich mich geduckt vorwärts. Suche Deckung erst hinter ein paar Büschen, danach neben einigen Felsen.
Spähe kurz in den stehen gelassenen Wagen – keine Spur von Brewster. Während ich weiter in Deckung bleibe, sehe ich mich um. Wir befinden uns am Fuße eines kleinen Hügels, teilweise mit Bäumen bewachsen. Besonders weit kann ich nicht gucken, das schmeckt mir nicht besonders. Er ist offenbar den Hang hoch.
Ich nehme an, er hat die gleichen Schwierigkeiten, mich einzuschätzen. Klarzubekommen, was hier gerade passiert.
Entschlossen spanne ich die Hähne der zwei Glocks und schiebe mich aus dem Schatten der Findlinge. Aufmerksam zuckt mein Blick hin und her, scannt die nähere Umgebung, kann nichts erkennen. Keine Gefahr.
Zügig bewege ich mich in die generelle Richtung, die mein Freund Brewster genommen haben muss. Sprinte über Felsen, setze über gefallene Äste und einzelne Baumstämme und grabe meine Stiefel in den weichen Boden. Alles bergauf.
Dauert keine paar Minuten und mein eigener Atem dröhnt mir in den Ohren. Die Waffen werden schwer in meinen Fäusten und meine Schultern schmerzen. Die Waden protestieren.
Ab und zu finde ich frische Fußspuren, die mir erzählen, dass es Brewster genauso eilig hatte wie ich. Glaube kaum, dass der hier irgendwo auf mich lauert. Der Wichser ist unbewaffnet und sucht sein Heil in der Flucht.
Diese Erkenntnis beschleunigt meine Schritte und mit einem grimmigen Grinsen sprinte ich einen schmalen Pfad entlang, der längs zur Hügelflanke führt. Die Steigung bleibt damit erträglich – ich bin für jede Gnade dankbar.
Ich trete zwischen Pinien heraus auf eine kahle Fläche. Von hier aus kann ich bis nach Derry rüber sehen – der SAS-Mann hat sich für die scenic route entschieden. Will mir ein wenig vom Land zeigen. Der Wind streicht den Hügel hinauf, kühlt mich aus, verschwitzt wie ich bin. Immer noch kein Brewster, nur die Spuren seines groben Stiefelprofils vor mir.
Die plötzlich verschwunden sind. Irritiert halte ich kurz inne, sehe mich um. Vor mir liegt eine Stelle mit feuchter Erde – er hätte keine Chance, ohne Abdrücke dort durchzukommen.
Also muss er rechts den Hügel hoch sein. Ich fluche. Es ist steil und stellenweise werde ich wohl auf alle Viere runter müssen. Bück dich, du Sau!
Mit einem stummen Versprechen, Brewster für all die Strapazen ein paar Rippen mehr zu brechen.
Die Glock in der Rechten muss ich wegstecken, um meine Finger in die Felsen zu klammern, die an verschiedenen Stellen wie gebrochene Knochen die Haut des Hügels durchstechen. Keuchend arbeite ich mich nach oben, immer wieder aufmerksame Blicke nach oben werfend. Nicht, dass Brewster mit einem Grinsen hinter einem der Steine hervorkommt und mich mit seinen Stiefeln, deren Profil ich inzwischen so gut kenne, den Hügel wieder herunter tritt.
Weit voraus höre ich Steine kullern – offensichtlich hat er sie bei seiner kopflosen Flucht losgetreten. Ich steigere das Tempo, will ihm nicht zu viel Vorsprung lassen.
Ich trete erneut in den Schatten von verkrüppelten Bäumen, winde mich im Laufen um die dürren Stämme.
Zu meiner Linken liegt das ausgetrocknete Bett eines Baches, der sich dort im Frühling steil abwärts stürzt. Mit einem schnellen Schritt überquere ich den kleinen Graben, den das Wasser aus dem Hügel direkt vor mir gefressen hat und will mich wieder an die Verfolgung machen, als ich innehalte. Ein Geräusch macht mich stutzig. Von links unten, von der Flanke des Hügels, wo der das Bachbett verschwunden ist, kam der Sound. Ein Kratzen, Scharren. Weitere kleine Steine.
Ich ducke mich, habe sofort beide Waffen in den Händen. Schiebe mich an den Rand des Weges, spähe hinab. Sehen kann ich nichts – dort unten versperrt mir ein Gewirr aus Felsbrocken, Büschen und Baumstämmen die Sicht. Niemals ist der Kerl dort runter geklettert – nicht in der kurzen Zeit, die er hatte. Werfe einen zweifelnden Blick zurück in Richtung Weg. Wenn ich mir hier an den Abstieg mache, und mich irre, ist der Penner weg. Kriege ich den nicht mehr.
Ein weiteres Geräusch beendet meine Gedankengänge. Ein Stöhnen dringt von unten zu mir hoch. Verdammt, der Kerl ist nicht geklettert, der ist gestürzt.
Nachdem ich die Waffen in den Holstern verstaut habe, sichere ich mich mit beiden Händen an den groben Felsen im Bachbett und lasse mich Zoll für Zoll nach unten. An manchen Stellen muss ich klettern, freeclimbing, an anderen muss ich mich frei hängend langsam an den Armen herunter lassen, bis meine Füße Halt finden.
Der Schweiß läuft mir über das Gesicht, beißt mir in die Augen. Mich fröstelt.
Nach einer halben Ewigkeit erreiche ich einen kleinen Absatz, auf dem ich innehalte. Mich geduckt umsehe, lausche, die Waffen gezogen.
Stumm warte ich eine Weile, bis ich deutlich einige Meter vor mir ein weiteres Mal das Stöhnen höre. Brewster ist verletzt.
Ohne zu zögern klettere ich weiter, überwinde die letzten Meter. Schiebe mich durch einen V-förmigen Spalt zwischen zwei Felsen hindurch, als ich ihn vor mir sehe. Er liegt halb auf der Seite, das rechte Bein merkwürdig nach hinten verdreht. Sieht aus, als sei an mehreren Stellen gebrochen, Oberschenkel und eventuell auch an der Wade. Den linken Arm hält er ebenfalls in einer unnatürlichen Position, und an seinem Hals kann ich Hautabschürfungen erkennen. Ob es seinen Kopf und sein Gesicht erwischt hat, sehe ich nicht, seine Schulter versperrt mir die Sicht.
‚Hey Brewster‘, rufe ich ihn leise an, die Waffen im Anschlag.
Seine Antwort ist ein neuerliches Stöhnen. Nachdem einen letzten Blick auf ihn geworfen und entschieden habe, dass er mich mit dem Bein wohl eher nicht verarschen will, klettere ich in einem Bogen um ihn rum.
Rutsche ein paarmal in der weichen Erde fast zu ihm runter, bevor ich mich von vorne nähern kann. Er hat die Augen halb geschlossen.
Beide Waffen in den Fäusten, hocke ich mich vor ihn hin, betrachte ihn. Er bemerkt mich, öffnet die Augen, dreht langsam den Kopf.
‚Scheiße‘, murmelt er.
Ich nicke, grinse. ‚Ist es das, was sie euch bei der SAS beibringen? Sich den Abhang runterschmeißen?‘
Er lächelt, bevor Ausdruck seiner Schmerzen über sein Gesicht zuckt. Kurz überlege, wie ich weiter vorgehen soll. Kurzentschlossen schnappe ich mir mein Einhandmesser und fange an, ihm den Windbreaker vom Körper zu schneiden. Als ich seinem Arm zu nahe komme, wird er kurz ohnmächtig. Ich nutze die Zeit, um die Jacke in Streifen zu schneiden und mir ein paar stabile Stöcke zu suchen.
Eine kleinen schiebe ich ihm zwischen die Zähne, als er keuchend Luft holt.
Versuche danach vorsichtig, das Bein zurück in eine normale Position zu bringen – bereits beim ersten Knirschen klappt er mir ab, wird ein zweites Mal bewusstlos. Gut, kann ich in Ruhe arbeiten.
Mit den Streifen der Jacke schiene ich sorgfältig sein Bein, ohne die Blutzirkulation zu beeinträchtigen. Der Arm wird ebenfalls versorgt, obwohl ich mir um den weniger Sorgen machen – der kommt in eine provisorische Schlinge aus seinem Pullover. An Unterkühlung wird er mir schon nicht krepieren, jedenfalls nicht, bevor ich nicht ein paar Antworten erhalten habe.
Zufrieden mit meinem Werk, ziehe ich den Bewusstlosen ein Stück weiter von dem Bachbett weg, nur für den unwahrscheinlichen Fall, dass dort oben jemand auftaucht. Spaziergänger, oder Neugierige, die nach dem Verbleib der Fahrer der beiden ramponierten Fahrzeuge schauen wollen.
Nachdem ich für uns beide Deckung hinter einem Gebüsch aus Haselsträuchern gefunden habe, warte ich, bis der Schmerz seine Nervenbahnen frei gibt und er das Bewusstsein wieder erlangt.
Dauert nicht lange. Zähe Schule, nehme ich an.
‚Hey Damian‘, lächele ich ihm freundlich entgegen.
Er stöhnt, sieht auf sein Bein, den Arm, auf mich. ‚Fuck.‘