Farbenblind

Text

von  NenntMichIsmael

Die Sonne scheint, ich atme aus und ein,
das Leben geht weiter, doch die Mauern stürzen ein.

Ich streiche dir über den Kopf, während du auf dem Bett liegst und an die Decke starrst, als wären da Wolken, die über uns hinweg ziehen. Selbst wenn da Wolken wären über uns, du könntest sie nicht sehen, denn deine Mauern sind zu hoch. Du hast sie errichtet als Menschen dich ruinieren wollten. Menschen, die dir Worte an den Kopf warfen, die du nicht kanntest. Du hast dir dabei nichts gedacht, sie brannten sich nicht in deine Haut, denn die Schwerkraft ließ sie auf den Boden gleiten. Du konntest sie nicht sehen, konntest sie nicht hören, nicht spüren, aber du hattest solche Sehnsucht danach, dass du dich einen Schritt nach vorne wagtest.

Zwei Schritte.
Drei Schritte.

Meter für Meter
Traum für Traum.

Dann bist du ausgerutscht und gefallen, denn da war niemand um dich aufzufangen. Niemand, der etwas übrig hatte für dich. Die Zeit verging während Worte dich bedeckten, dich versteckten. So gingst du verloren. Es beginnt zu regnen und die Worte werden zu Pappmaché zu hohlen Phrasen. Du formst Steine daraus, die du vor dir aufbaust, bis eine Mauer daraus wird. Sie war so hoch, du konntest die Wolken nicht mehr sehen. Und ich dich auch nicht. Du hast die Wände bemalt mit bunten Farben und Bilder daran genagelt, aus alten Tagen, ohne Wörter, ohne Farben. Du hast nicht bemerkt wie instabil dein Fundament ist, bis es nachgab, die Fassade zu bröckeln begann und die Wände ins wanken gerieten.

Jetzt liegst du unter deiner Festung und Sonnenstrahlen bahnen sich ihren Weg durch die Trümmer. Sie lecken deine Wunden und du fällst in tiefe Dunkelheit. Du bist Farbenblind, siehst nur noch schwarz und weiß. Dein Lachen ist verschallt, in den Analen der Vergangenheit. Verloren im Nichts.

Deine Augen sind leer, starren ins unendliche. Du siehst die Wolken nicht, die sich in ihnen widerspiegeln.

Bis die Wolken größer werden. Dunkler und bedrohlicher. Sie ziehen Schatten über das Land, als es zu regnen beginnt. Der Regen wäscht alles rein. Auch die Zweifel in mir.

Sonnenstrahlen tanzen durch die Fenster auf unseren Körpern. Deine Augen sind leer, gerichtet in das unendliche. Ich streiche dir über den Kopf, doch du rührst dich nicht.

Die Blätter verlieren ihre Farbe, so wie du dein Augenlicht. Du schaust starr nach oben, doch in deinen Augen spiegelt sich noch nicht einmal mehr das unendliche.

Die Bäume sind nicht mehr rot, nicht gelb, nicht grün, nicht braun, sondern leer gefegt wie in einem bösen Traum, doch ich wach nicht auf...

Sonnenstrahlen tanzen durch die Fenster auf meinem Körper, denn du liegst im Schatten, wo du nichts mehr siehst und nichts mehr hörst, denn es ist dunkel geworden und deine Träume sind tot. Ich dachte, wir könnten so vieles machen und ich dachte, wir könnten so vieles sein, doch du gibst auf und lässt mich allein.

Deswegen verlasse ich das Haus und rutsche auf Wörtern aus und falle und stehe wieder auf. Die Sonne scheint, ich atme aus und ein. Mein Leben geht weiter, doch deine Mauern stürzen ein.

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Kommentare zu diesem Text


 MagunSimurgh (27.09.10)
Sehr... ich will es gar nicht bezeichnen.

 NenntMichIsmael meinte dazu am 27.09.10:
Die ursprüngliche Antwort wurde am 28.09.2010 von NenntMichIsmael wieder zurückgenommen.
Zweifler (58)
(27.09.10)
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LilofeeFlowerbirdMoonwind (61)
(27.09.10)
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seditioni (23)
(01.02.11)
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