(K)ein Raum in der Herberge

Gedicht zum Thema Weihnachten

von  Sturmhexe

(K)ein Raum in der Herberge

I
Am heiligen Abend durch Feld und Wald
treibt der Wind in die Stadt ihn hinein:
Ein Wandergesell’, auf der Walz ganz allein,
sucht er Obdach und Mahl, ihm ist kalt.
Aus den Fenstern leuchtet es hell und warm.
Voller Sehnsucht blickt er in den Raum.
Berge von Gaben, Speisen dampfen -- ein Traum.
Er ist fern der Familie, Fremder und arm.
An wie vielen Türen um Einlass er fragt?
Wie oft wurde nein ihm verärgert gesagt?
Er zählt sie entmutigt schon lange nicht mehr.
Ein Fest der Familie, ein Fremder nur stört,
hat er von Hausherren auch schon gehört.
Weiter wandert der Zimmermann, unser Herr.

II
Am heiligen Abend durch Feld und Wald
quält ein Auto sich mühsam durch tiefen Schnee.
Die Heizung macht es schon seit Stunden nicht mehr,
den Eltern, dem Säugling ist fürchterlich kalt.
Ein Knall, und das Fahrzeug steht plötzlich still da.
Der Motor verendet, das Ziel noch so weit.
Das Baby vor Kälte und Hunger laut schreit.
Doch dort ist ein Licht und vielleicht Hilfe nah.
Die Bauersleut’ bitten die Menschen herein.
Milch für das Kind, man läd zum Essen sie ein,
und die Betten sind bald schon für alle gemacht.
Selbst Geschenke finden sich unter dem Baum,
der jungen Familie erscheint’s wie ein Traum.
Jeder spürt den Geist dieser heiligen Nacht.

III
Am heiligen Abend durch Feld und Wald
weht der Wind, treibt den Schnee vor sich her.
Am Fenster ein Paar, doch die Stube sonst leer.
Die Kinder sind fern, und die beiden sind alt.
Es klopft an der Türe, wer könnte das sein?
Sie hatten doch niemand erwartet für heut!
Ein Paar und ein Kind, halb erfroren, die Leut’.
Mehr Holz in den Herd und den Tisch reich gedeckt,
die Alten freun sich, dass es allen gut schmeckt.
Fast ist’s, als seien die Kinder daheim.
So heimelig ist es, man redet und singt,
dazwischen das Lachen des Kindes erklingt.
Wie traurig wär’s, feiert’ man Weihnacht allein.


IV
Am heiligen Abend durch Feld und Wald
ruft die Glocke des Klosters zur Mitternacht.
Ihr Geläut hat die Gläubigen hergebracht,
durch die Kirche die Predigt zur Weihnacht nun hallt.
Von der heil’gen Geburt in dem ärmlichen Stall,
weil einfach kein Raum in der Herberge war.
Und schuldbewusst wird manchem Städter jetzt klar:
auch in dieser Nacht war es erneut der Fall.
Doch hätte die Gans für den Fremden gereicht?
Hätte dieser sich ungut benommen vielleicht?
Die Gefahr war doch wirklich viel, viel zu groß.
Ganz sicher doch hat jemand ihm aufgemacht,
ihm Essen gegeben, ein Bett für die Nacht.
Doch werden sie dieses Bedauern nicht los …


Anmerkung von Sturmhexe:

2007

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