Die Leiden des jungen W.

Gedicht zum Thema Fan(atismus)

von  plotzn

Werner zählt zu den extremen
Fans des SV Werder Bremen,
wie sein Kumpel Pit.
Zu den Fußballspielen nehmen
sie die Kutten mit Emblemen,
Schals und Käppis mit.

Heute geht es im Finale
um Vermehrung der Pokale:
Endspiel in Berlin.
Werner fühlt sich als Bengale
und entzündet Leuchtsignale –
grünes Dopamin.

Voller Inbrunst grölt die Menge
„never walk alone”-Gesänge,
das lässt keinen kalt.
„Nie allein“, das stimmt, die Enge
mittendrin in dem Gedränge
gibt Zusammenhalt.

Anpfiff – Werders Mannen fighten
wie in guten alten Zeiten,
kommen oft vors Tor.
Doch bei allen Möglichkeiten
kommt dem jeweils Schussbereiten
jemand noch zuvor.

Bremens Sechser nimmt die harte
Gangart in der Zweikampfsparte
an, egal was droht;
setzt dem Gegner, der ihn narrte,
nach und alles auf die Karte,
kommt zu spät – sieht rot.

Pit und Werner auf den Plätzen
stehen Wut sowie Entsetzen
mitten im Gesicht.
Werder muss sich jetzt zerfetzen,
um die Scharte auszuwetzen,
einfach wird das nicht.

Doch zu zehnt in Abwehrketten
halten sie die Null und retten
sich mit letzter Kraft
bis zum Ablauf der kompletten
Nachspielzeit, viel länger hätten
sie es nicht geschafft.

Im Elfmeterschießen steht es
4:4. Ein aufgedrehtes
Publikum wird stumm,
ganz im Bann des Spielgerätes -
Bremens letzter Schütze dreht es…
da kippt Werner um.

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Kommentare zu diesem Text

chichi† (80)
(06.04.14)
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 plotzn meinte dazu am 07.04.14:
Vielen Dank, Gerda. Ja, sogar leiden kan ich. Männer haben sowieso mehr zu leiden als Frauen - hast Du eine Vorstellung über die männlichen Qualen beim Anblick des ersten Kratzers in seinem neuen metallig-lackierten Sportcoupé?

Liebe Grüße, Stefan
chichi† (80) antwortete darauf am 07.04.14:
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 plotzn schrieb daraufhin am 07.04.14:
Ich vermute auch - überall dort, wo das Auto mehr Statussymbol als Gebrauchsgegenstand ist.
Aber die männlichen Leiden beschränken sich ja nicht nur auf Dußball und Auto - auch das Nichtauffinden des passenden Kreuzschlitzschraubendrehers oder eine Erkältung, können den Mann völlig aus der Bahn werfen

Liebe Grüße, Stefan
Anne (56)
(06.04.14)
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 plotzn äußerte darauf am 07.04.14:
Vielen Dank, Anne. Das höre ich gerne

Liebe Grüße, Stefan

 Didi.Costaire (06.04.14)
Lieber Stefan,
es ist eine Freude, mal wieder etwas von Erfolgen des schönen SVW zu lesen! Auch wenn nicht alles Gold ist, was auf und rund ums Spielfeld glänzt, so rechne ich dir sehr hoch an, dass du nicht etwa nickelig Bremen auf schämen reimst, und ich würde mir wünschen, dass deine Zeilen auch jenseits der deutschen Landesgrenzen auf Interesse stoßen werden.
Abgesehen davon, dass es, wie oben bereits dezent angedeutet, natürlich nicht FC, sondern SV Werder Bremen heißt, bin ich ein glühender Fan deines Gedichtes!
Mit sportlichen Grüßen, Dirk
(Kommentar korrigiert am 06.04.2014)

 plotzn ergänzte dazu am 07.04.14:
Vielen Dank, Dirk. Ich habe mir schon gedacht, dass dich das Gedicht ansprechen wird
Ich hoffe, du verzeihst mir, dass ich deinen SVW durch vorherigen Vereinswechsel zum FCW gemacht habe - da ist eine Moderatorin des aktuellen Sportstudios schon für kleinere Sünden entlassen worden...

Liebe Grüße, Stefan

 niemand (07.04.14)
Ich habe nix mit dem Balla-balla am Hut, aber Dein Gedicht ist dennoch köstlich, lieber Stefan
mit herzlichen Grüßen, Irene

 plotzn meinte dazu am 07.04.14:
Ja ich weiß, liebe Irene - Du bist BVB geschädigt. Und morgen ist gleich wieder so ein Tag, an dem ganz Dortmund ausflippt. Ganz Dortmund? Nein! Eine von unbeugsamen Fußballignoranten bevölkerte Wohnung hört nicht auf, dem Fankult Widerstand zu leisten.

Umso schöner ist es, dass Du meinem Gedicht was abgewinen kannst!

Liebe Grüße, Stefan

 irakulani (07.04.14)
Ob J.W.v.G. wohl auch Fußballfan gewesen wäre...? Möglicherweise wäre die klassische Bildungslektüre auch in den chten Klassen wieder beliebter. )

L.G.
Ira

 plotzn meinte dazu am 07.04.14:
Ich fürchte, liebe Ira, die klassische Bildungslektüre wurde ninzwischen erfolgreich durch die klassische Bildungslücke ersetzt.
Mich hat Deutsch früher in der Schule überhaupt nicht interessiert und erst durch den späteren zufälligen Genuss von Plenzdorf habe ich den Bezug zu diesem Klassiker gefunden.

Liebe Grüße, Stefan
(Antwort korrigiert am 07.04.2014)

 ViktorVanHynthersin (12.04.14)
Ein Fussballfreund bin ich nicht, aber ein Fan Deiner Gedichte. Mit großer Freude und Vergügen gelesen!
Herzliche Grüße
Viktor

 plotzn meinte dazu am 12.04.14:
Vielen Dank, Viktor!

Fussball ist ein sehr einfacher Sport ("das Runde muss ins Eckige" soll Rainer Calmund mal auf dem Weg in seine Garage gesagt haben und kann daher gegen Lyrik nicht anstinken.

Aber abgesehen von ein paar Vollpfosten können Fans beim Fussball auch wunderbar und friedlich (!) ihre Emotionen ausleben.

Liebe Grüße, Stefan
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