In meinem Leben stehen zwei Berge und im Tal zwischen diesen Bergen lebte ein Mann, ein Ziegenhirte, knapp 30 Jahre alt, braungebrannt und vom Leben in der Einsamkeit gezeichnet.
Ein Trampelpfad führt den ersten Berg hinauf und auf seiner Spitze lag die Stadt, der prächtige Marktplatz mit Wimpeln geschmückt und eingesperrt von einer trutzigen Mauer.
Jeden Morgen nahm der Mann ein knorriges altes Joch mit zwei Tragetaschen, gefüllt mit der Milch seiner Ziegen, auf die Schultern und machte sich auf den beschwerlichen Weg hinauf in die Stadt, um Handel zu treiben. Denn nur hier konnte er die Dinge erstehen, die er für seine Herde brauchte. Futter, Werkzeug, Medizin, alles konnte er gegen Milch auf dem großen Markt eintauschen, auf dem die Menschen lachten, stritten, lautstark ihre Ware priesen und ihn in Gespräche verwickelten, in denen er die Motivation für sein Leben im Tal finden konnte.
War der Aufstieg auch kräfteraubend, die Zeit in der Stadt hatte ihre eigene Beschwerlichkeit und so war der Mann stets erleichtert, sich schwer bepackt wieder auf den Weg machen zu können, den Blick bereits auf den zweiten Berg gerichtet.
Kein Pfad zeigt den Weg auf diesen Berg, aber auf seiner Spitze lag der Sinn seiner Existenz, eine Ziege und ihre beiden Zicklein, deren Milch ihn am Leben hielt. Und so machte der Mann, im Tal angekommen, sich ohne große Pause wieder auf, den zweiten Berg zu erklimmen. Das Joch lag mittlerweile schwer auf seinen Schultern und nur unter großen Anstrengungen und nach einigen Beinaheabstürzen kam der Mann jeden Tag bei seiner Herde an. Er versorgte sie, pflegte sie und genoss die Zeit mit seinen Liebsten, bevor der Abend ihn erneut ins Tal trieb und er seine müden Knochen auf die Pritsche legen konnte, um sich auszuruhen.
Im Traum liegt ein leuchtender Strahl der Ferne auf dem Tal und der Mann sehnt sich in die Welt hinter seinem Leben, Tag für Tag, Jahr für Jahr. Doch am Morgen sind da wieder die Berge, die Stadt und die Herde, ein weiterer Absatz in der ewig gleichen Geschichte.