Der Job

Erzählung zum Thema Resignation

von  toltec-head

Könnte ich mich wirklich konsequent zu 1 Text pro Tag durchringen, und sei es, wenn mir sonst nichts einfällt, nur über das Wetter, hätte mein Geschriebenes rückblickend vielleicht Wert. So bleibt aber alles nur Stückwerk, selbst das Tagebuch einer Kellnerin oder Krankenschwester, ja selbst das eines pensionierten Lehrers, der wenn er ehrlich wäre, nur über seinen Stuhlgang aus erster Hand  berichten kann,  wären interessanter, weil es den Eindruck der Totalität und sei es einer vollkommen uninteressanten Person vermittelte. Ich aber bin in meinen Texten gar nicht vorhanden, weil einfach zu viel fehlt und ich halt nur gerade dann etwas schreibe, wenn ich Lust dazu habe. Das Geschriebene hat so gar keinen Wert, weder für mich noch für andere.

Zwänge ich mich, wäre es andererseits Arbeit und eine solche habe ich ja schon. In der funktional differenzierten Gesellschaft ist Literatur das gleiche in Grün wie der Handel mit Derivaten oder Rechtsprechung. Das ist für mich nicht interessant, denn ich mache ja bereits schon so etwas wie Handel mit Derivaten oder Rechtsprechung.  Wie ein armer ausgebeuteter Flüchtling, der über das Mittelmeer nach Europa kommt, um sich ein wenig zu amüsieren, denke ich, dass ich ein Anrecht darauf habe, alleine aus dem Grund  zu schreiben, um mich ein wenig zu amüsieren und nicht wie meine Kollegen total zu verdummen. Aber lässt sich die Position des Zaungasts, des Harlekins, der im Dunklen tanzt, überhaupt auf Dauer stellen? Es ist eine paradoxe Situation. Nur indem ich wissentlich so tue, als brächte ich Literatur hervor, bringe ich vielleicht keine Literatur hervor, aber gelingt es mir immerhin doch, mich beim Schreiben ansatzweise  ein klein  wenig zu amüsieren. Sobald auch nur die  entfernteste Gefahr auftaucht, dass etwas zu einem und sei es bloßem Anschein von Literatur gerinnen könnte, ist es, als zöge ich einem bäuchlings vor mir liegenden Twink die Jeans herunter, nur um zu entdecken, dass er Jocks trägt - und verliere meine Erektion. Wäre die Literatur eine Frau, sagen wir, ich hätte an ihrem offiziellen Gefäß keine Interesse, mir ginge es nur darum, sie in den Arsch zu ficken. Was aber soll man mit der Literatur als wunderschönem jungen Mann anfangen, der Jocks trägt und bei dem die leichteste Handbewegung sogleich erste Anzeichen von penetrantester passiver Aggressivität verrät? Vorm Fliehen fliehen. Geht so etwas denn auf Dauer? Anything goes. Aber eben immer nur solange es geht.

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Kommentare zu diesem Text

9miles (53)
(20.12.17)
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Festil (59) meinte dazu am 20.12.17:
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ZUCKERBROToderPEITSCHE (60) antwortete darauf am 20.12.17:
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Festil (59) schrieb daraufhin am 20.12.17:
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