Vorurteile sind verhängnisvoll

Protokoll zum Thema Andere Welten

von  kirchheimrunner

Vorurteile schützen!  Nur wer seine Vorurteile nicht gründlich überprüft geht den Weg der Verkleinerung seiner Welt.

Vorurteile können nützlich sein, - sie sind etwas Erlerntes aus der Evolution: Achtung, Gefahr! Sie schützen uns vor dem Undenkbaren, dem Unbequemen, - der Bedrohung der eigenen Weltsicht. Aber was passiert wenn man seine eigene Meinung, - sein eigenes Weltbild nicht mehr korrigiert? Was ich nicht will, das darf nicht sein.

Durch Vorurteile vermeiden wir dann die Vergrößerung unserer Weltschau. Wir wissen nichts von den Möglichkeiten, die  unsere Vorstellungskraft übersteigen. Vieles passt sich nicht hinein in unsere Welt, die wir uns so mühsam zusammengebaut haben, Stück für Stück und Jahr für Jahr.

Wir haben dann tatsächlich in uns selbst eine Kultur des Wegschauens und Wegdenkens angelegt. Verhaltensmuster wiederholen sich zwangsweise. Ausgänge und Auswege  in andere Lebenswirklichkeiten bleiben verschlossen.

Vorurteile verengen das eigene Weltbild. Die Welt wird zwangsläufig kleiner. Kontaktsperren gegenüber Gedanken und Meinungen anderer werden aufgebaut. Wir leben weiter in einer Echokammer. Wir hören nur noch uns selbst reden.

Das Ergebnis: Wir kommen bald nicht mehr über uns selbst hinaus. Der Mensch bleibt also Gefangener seiner Wertvorstellungen. In anderen Worten: Ein Sklave, der sich selbst versklavt hat.

Mit den Jahren nimmt dann die die permanente  Selbstbespiegelung seinen verhängnisvollen Lauf. Auf sich selbst reduziert bleiben dann sogar die Vorstellungen vom Welt- oder dem Geschichtsende von der Metaphysik und letztlich auch für das unabwendbare Ereignis des persönlichen Lebensendes.

Was noch bleibt, ist der Rest einer durch das Alter begrenzten objektiven Urteilsfähigkeit über die "letzten Dinge"! Es reduziert sich auf die Vorstellung des kommenden Todes und der möglichen Auslöschung des Selbst. Nichts bleibt von mir.
Sogar die gedankliche Vorwegnahme des Moments des Todes (den jeder Mensch gedanklich vorwegnehmen kann*)  bleibt dann ebenfalls ein unverständliches Mysterium. In einer durch die lebenslang gepflegte und gehegte Weltsicht der nicht überprüften und korrigierten Vorurteile, verliert der Mensch die Fähigkeit für sich eine persönlich geltende innerweltliche Heilszeit zu denken und in eine Ewigkeit hinein zu hoffen.


* Heidegger: Sein zum Tode

Die Bestimmung des Daseins als Sorge, sowie als sich vorweg und schon sein in zeigt, dass der Mensch immer „mehr“ ist, als sein bloßer Leib: er ist eine Person mit einer Vergangenheit und einer Zukunft. Diese gehören zum Dasein, erst mit ihnen ist es ein Ganzes. Begrenzt wird es dabei durch sein Ende, den Tod. Dieser ist jedoch nicht nur ein einmaliges Ereignis am Ende des Daseins, sondern er bestimmt das Dasein auch in seinem Leben, denn er steckt den vor dem Dasein liegenden Entscheidungsraum ab. Innerhalb dieses Entscheidungsraums wählt das Dasein Möglichkeiten. Der Tod eröffnet zugleich und macht dem Dasein seinen Entscheidungsspielraum bewusst: Erst angesichts des Todes erfasst sich das Dasein als Person mit einer Vergangenheit und einer eigenen Zukunft. Der Tod erschließt dies dem Dasein durch seine Charakteristik. Vor dem Tod kann sich keiner vertreten lassen, es ist immer derjenige Tod, der einen als Einzelnen gänzlich in Anspruch nimmt: Im Tod geht es nur und ganz um mich.
Quelle Wikepedia

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Kommentare zu diesem Text


 TrekanBelluvitsh (30.01.18)
Die Frage ist, ob Vorurteile der Grund, oder nicht schon ein Ergebnis sind. Ich denke, sie sind ein Ergebnis. Darum erfasst der erste Teil des Satzes
Sie schützen uns vor dem Undenkbaren, dem Unbequemen, - der Bedrohung der eigenen Weltsicht.
das Phänomen nicht ganz korrekt, obwohl der zweite Teil zutrifft.

Vorurteile beruhigen. Sie machen die Welt einfach. Der größte Teil der Menschen, die Entscheidungen fällen - ganz gleich ob im kleinen per Wahlkreuz oder im Großen als Staatenlenker - ist in der Phase des Kalten Krieges aufgewachsen. Und in jener Zeit war die Welt herrlich bipolar - für ALLE Denkrichtungen. Der deutsche Kommunist hatte die NATO als Feindbild, Franz-Josef Strauß den Kommunisten... jeden Kommunisten. Jeder Konflikt in der Welt war ein Stellvertreterkrieg.

Diese Liste ließe sich leicht verlängern. Das Entscheidende ist: Es gab immer klar abgegrenzte Seiten. Diese Unterschieden sich so sehr, dass man glaubte, selbst die negativen Aspekte der gewählten Seite akzeptieren oder sogar entschuldigen zu können.

Diese bipolare Welt existiert nicht mehr. Es scheint schwierig, den Überblick zu behalten. Wobei ich persönlich den Eindruck habe, dass schwierig in erster Linie zeitaufwendig bedeutet. So bleiben viele lieber bei den alten Konstrukten. Es ist z.B. ein Reflex des "guten" Kommunisten, sobald das Wort "Russland" fällt, diesen Staat zu verteidigen. War ja früher mal die Sowjetunion, das Paradies der Werktätigen. Oder aber der Feind der NATO und der Feind meines Feindes ist ja mein Freund. Das dort mittlerweile eine antidemokratischer Potentat seine Diktatur aufgebaut hat, die sich in der Duma auch auf Faschisten stützt, wenn juckts.

Man kann in Deutschland auch bei Volkswagen arbeiten und die Globalisierung fürchterlich finden. Das Volkswagen 2/3* seiner Fahrzeuge in China verkauft, wen juckts.

Weil wir in jener bipolaren Welt aufgewachsen sind, haben wir das bipolare Denken (und Urteilen) noch nicht abgeworfen. Wieder: Ich persönlich denke, dass die Welt NICHT komplizierter geworden ist. Nur passen unseren erlernten Schemata zu ihrer Beurteilung nicht mehr. Das führt zwangsläufig zu Verwirrungen. Vorurteile lassen diese Verschwinden. Sie sind ein Schmerzmittel gegen "Gehirnstress" - und niemand von uns ist stressresistent.

Du könntest jetzt völlig zurecht einwenden, dass wir die Probleme so nur wegbetäuben, uns wie Drogensüchtige in diesem Punkt verhalten. Meine Antwort: Klar. Das Gegenmodell wäre eine Beschäftigung mit der Welt und Selbstfindung. Beides ist jedoch extrem langwierig und oft auch schmerzhaft. Da nehmen wir doch gerne Abkürzungen. Warum auch ein guter Mensch werden, wenn man durch den Vollzug der richtigen Riten zu einer coolen Gruppe gehören kann? Funktioniert bei Religionen schon seit Jahrtausenden. Und Vorurteiler und Vorurteilerinnen versammeln sich auch gerne in Gruppen, die nach ähnlichen Mechanismen funktionieren.


'Tschuldigung für den langen Kommentar und das aufregen. Bin jetzt still.

TB

*Vielleicht irre ich mich auch und es sind "nur" 1/3. Auf jeden Fall sind es viele Kfz.

 kirchheimrunner meinte dazu am 30.01.18:
Ja, tausenddank für deinen Kommentar,.... du hast von deiner Seite her recht. Deine Sichtweise stimmt und ist auch soweit Vorurteilsfrei!
Ich hatte noch einen anderen Aspekt im Focus. Ein "liebes Forumsmitglied" hat mit einen Kommentar ins Gästebuch gestellt:
Mein Profil wäre so etwas wie ein Fake! Das Bild ist das eines Lehrers, ... und die haben keine 10 Kinder (das steht in meinem Profil) 10 Kinder haben nur die Evangelikalen Christen ... die unterrichten ihre Kinder zu hause... und was dann passiert...

Nun das waren gehäufte Vorurteile. Ich bin kein Lehrer, habe 10 Kinder und bin kein Evangelikaler Christ.

So muss ich leider sagen: Die Vorurteile dieses Kommentars verengen tatsächlich die Weltsicht und was dazu gehört.. Etwas anderes konnte sich der Kollege vermutlich gar nicht vorstellen.
Den Test habe ich eigentlich für mich selbst geschrieben, .. das ich mich immer daran erinnere: Bitte keine Vorurteile.

Hans
fdöobsah (54)
(30.01.18)
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 TrekanBelluvitsh antwortete darauf am 30.01.18:
@ kirchheimrunner:
Nun ja, Dieter sollte man nicht so ernst nehmen. Auf der anderen Seite ist er zuweilen echt zu nervig, um ihn zu ignorieren.

@ fdöobsah:
Ja, Vorurteile können nützlich sein. Das sind sie aber in der regel da, wo wir nur kurz mit Menschen zu tun haben. Ich mag zum Beispiel eine Kassiererin im Supermarkt für doof halten. Aber ich weiß auch, dass sie ihre Arbeit macht, den Geld-gegen-Waren-Tausch beurkundet (nix anderes ist ein Kassenbon). Und sie hält mich womöglich nur für einen weiteren nervigen Kunden - macht aber ihre Arbeit. Dies Interaktion ist jedoch schnell vorbei und hat für uns beide keine weiteren Folgen.

Wenn ich jedoch einen Sachsen zusammenschlage, weil mich ein Sachse mal betrogen hat, ist das mit dem "gebrannten Kind" nur schwer zu erklären. Ok. hätte ich Flüchtling statt Sachse geschrieben, dann ja. Aber doch nicht Sachse!
fdöobsah (54) schrieb daraufhin am 30.01.18:
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 kirchheimrunner äußerte darauf am 30.01.18:
Sachsen und Schäferhunde ... ich verstehe euch beide gut. Und ich gehe mit euch; - aber etwas fehlt mir.

Es liegt wohl darin, dass der Begriff "Vorurteil" für die Aussagen, die ich treffen wollte nicht in der Deutschen Sprache nicht ausreichend zutreffend ist.

Ich meinte statt "Vorurteil" eher eine unterlassene EXAMINATIO aller möglichen und "denkbaren" Grundlagen und Faktoren.

Dann wird der Sinn meines Protokolls vielleicht verständlicher:
Die armen Mädchen in Amstetten wussten nichts von der Welt draußen in der Freiheit; - ihre Welt war durch das Urteil, dass sie fällen mussten begrenzt. Die Welt war furchtbar klein!
Wenn ein Mensch durch seine "Vorurteile" sich selbst so beschneidet, dann wird auch seine Vorstellungskraft immer kleiner.
* junge Frauen können ältere Männer nicht lieben.
* weil die kirchlichen Vertreter so niederträchtig sind, kann Gott nicht gut sein... sonst würde er..
* Die Erde muss flach sein, sonst muss man ja auf der anderen Seite herunter fallen.
* Gott hat die Welt in 7 Tagen erschaffen (eine sinngemäße Auslegung ist Irrlehre)

Es gäbe tausende solcher Vorurteile. ... Wenn man die Vorurteile auch vor die Schwelle des persönlichen Todes stellt, kann es sein, dass man
a. seine Fähigkeit verloren hat Fähigkeit für sich eine persönlich geltende innerweltliche Heilszeit zu denken und in eine Ewigkeit hinein zu hoffen. oder
c. .. die Möglichkeit außer Acht lässt, dass nachher.. nichts mehr kommen wird.

in beiden Fällen ist das Dasein bestimmt..
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