Hambi bleibt

Text zum Thema Gier

von  Rudolf

Als Eschweiler Bürger kannte ich den Hambacher Forst nur als ein uriges Stück Wald, das auf der Autobahn A4 zu durchqueren war, wenn ich nach Köln fuhr oder von dort zurückkehrte. Jahrzehnte lang nahm ich ihn aus den Augenwinkeln war und mir war nicht bewusst, welches Kleinod der Natur dort erhalten war. Dann hieß es, die Autobahn wird für den Tagebau verlegt. Als Eschweiler Bürger nahm ich eine solche Meldung mit einem Achselzucken zur Kenntnis. Für den Tagebau wurden Dörfer umgesiedelt und ein ganzer Fluss, die Inde, verlegt, warum nicht eine Autobahn? Die Unmöglichkeit einen Wald und seine Bewohner umzusiedeln, kam mir nicht in den Sinn.

Dann nahm mich meine Frau zu einem der Sonntagsspaziergänge von Michael Zobel mit. Nachdem wir das Herz des Hambacher Forstes besucht hatten, einen verwunschenen kleinen Tümpel, gingen wir an den Rand des Tagebaus. Er verlief entlang der alten Trasse der A4 und ich versuchte mir vorzustellen, wie ich mit dem Auto hier entlanggefahren war. Ich ließ meinen Blick schweifen von der Sophienhöhe auf der anderen Seite des Tagebaus, über das 400 Meter tiefe Loch, einen bereits gerodeten Streifen des Waldes weiter auf den noch lebenden. Der Anblick war zutiefst bewegend und brannte sich in meine Erinnerung. Auf dem Rückweg durch den Wald schien es, als spräche er: „Ich will nicht sterben. Ich bin doch noch so jung.“

Der Hambacher Wald schien nicht nur mich angerührt zu haben, denn in den nächsten Monaten rief er mehr und mehr Menschen zu sich: „Bitte helft mir!“

Im Oktober beginnt wieder die Rodungssaison. Nach aktuellem Stand werden dann die letzten Teile des Hambacher Forstes in der Nähe von Buir abgeholzt, um den Braunkohlebaggern der Firma RWE Platz zu machen. Mittlerweile weiß ich, das es sich um einen weltweit einzigartigen Stieleichen-Hainbuchen-Buchen-Maiglöckchen-Mischwald mit bis zu 350 Jahre alten Bäumen handelt; Grund genug um Abschied zu nehmen.

Ich selbst war am 9., 16. und 23. September dort und kann nicht glauben, dass ein Wald für einen Braunkohletagebau unwiederbringlich geopfert wird; für eine Technik, die selbst kurz vor dem Aus steht,

sei es, weil sie wegen der Energiewende nicht mehr gebraucht wird,
sei es, weil die Bundesregierung den CO2-Ausstoß verringern muss,
sei es, weil schlicht alle Kohle abgebaut ist.

Wenn die jungen Menschen, die sich schützend gegen die anrückenden Bagger vor die Bäume stellen, „Hambi bleibt!“ skandieren, so ist schon heute klar, wie recht sie haben. Hambi wird bleiben, in den Köpfen der Polizisten vor Ort, der Waldbewohner und -besucher, der Bewohner des Umlands und in meinem.

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Kommentare zu diesem Text

Echo (34)
(28.09.18)
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 niemand meinte dazu am 28.09.18:
Ich nehme an, Du gehst protestieren und nicht nur das,
der Verzicht aufs Auto, Flugreisen und andere komfortablen
Einrichtungen zum Schutze der Natur zieht dann wohl
selbstverständlich nach. Das nehme ich stark an, angesichts
diesen Kommentares. LG niemand
Echo (34) antwortete darauf am 28.09.18:
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Iphigenie (38) schrieb daraufhin am 28.09.18:
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9miles (53) äußerte darauf am 28.09.18:
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Echo (34) ergänzte dazu am 28.09.18:
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Iphigenie (38) meinte dazu am 28.09.18:
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Echo (34) meinte dazu am 28.09.18:
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 niemand meinte dazu am 28.09.18:
keep cool, war erstens an niemand gerichtet
@ Iphigenie
So, so, an niemand gerichtet, in der Hoffnung, dass man ihr zeigen kann worauf man so verzichtet. Pecht gehabt, denn niemand hat noch niemals im Leben ein Auto besessen, niemals eine Flugreise gemacht, sie bezieht puren Naturstrom, kauft kein Fleisch aus der Massentierhaltung, hat drei Jahrzehnte terre des hommes [Afrika] unterstützt [hätte sie es nicht getan, hätte sie heute eine Rücklage, die sie dadurch bedingt nicht hat] unterstützt heute noch monatlich eine Tierschutzorganisation. Niemand könnte noch so manches aufzählen, findet aber, dass das ein wenig zu weit ginge. Also, liebe Iphigenie, wie heißt das so schön? Du bist nicht allein! mit dem Verzicht. Keep cool also!

Und die liebe Echo ging mir nur mit ihrem hochnäsigen
"die Heimatliebenden" auf den Zeiger. So ein bisschen von sehr hohem Roß herunter, Echo, gelle?
LG niemand
Iphigenie (38) meinte dazu am 28.09.18:
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9miles (53) meinte dazu am 28.09.18:
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Iphigenie (38) meinte dazu am 28.09.18:
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9miles (53) meinte dazu am 28.09.18:
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Iphigenie (38) meinte dazu am 28.09.18:
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 Dieter_Rotmund (28.09.18)
Sagt tatsächlich jemand "Hambi" zum Hambacher Forst????
Echo (34) meinte dazu am 28.09.18:
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Iphigenie (38) meinte dazu am 28.09.18:
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Echo (34) meinte dazu am 28.09.18:
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Iphigenie (38) meinte dazu am 28.09.18:
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Echo (34) meinte dazu am 28.09.18:
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Graeculus (69) meinte dazu am 28.09.18:
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Graeculus (69) meinte dazu am 28.09.18:
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Echo (34) meinte dazu am 29.09.18:
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 Rudolf meinte dazu am 02.10.18:
@niemand Wir haben vor Jahren den Anbieter gewechselt. Wir sind jetzt bei www.naturstrom.de, das heißt kein Kohle- und kein Atomstrom Früher hatten wir sogar RWE-Strom. Ich bin unterwegs

 Rudolf meinte dazu am 02.10.18:
@Graeculus Ich denke, die Kollegen vom DBG müssen langsam ihre 20 Jahre alten Standardtexte umformulieren. Es gibt mittlerweile massiven Mangel an Arbeitskräften und eine Überangebot and Arbeitsplätzen.

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 02.10.18:
Protestler-Soziolekt. Danke für den Hinweis, das ist interessant.
Aber bei "Hambi" spielt ja noch herein, dass es kein einfacher Deminutiv ist, sondern ganz offensichtlich ein Kunstwort, gebildet aus "Hambacher Forst" und "Bambi". Und letzteres ist ein riesiger kommerzieller Erfolg eines rechtskonservativen Filmproduzenten.

Interessant auch der Hinweis von Rudolf, dass unter Ököaktivisten offenbar Strom aus Kohle als weniger böse als Strom aus Kernkraft gilt. Natürlich gibt - schon rein technisch gesehen - keinen reinen "Naturstrom". Es sein denn, man produziert ihn selbst. Wobei die entsprechenden Öko/Naturstrom-Angebote nicht unlauter sind, aber vielen Ökoaktivisten zu einem reinen Gewissen verhelfen, was diesen ja sehr wichtig ist, also übt dieses Ököstrom-Angebot eine wichtige gesellschaftliche Funktion aus. Dies nur am Rande.

 TrekanBelluvitsh (28.10.18)
Hoffentlich finden sie bald Braunkohle unterm Kölner Dom. Das würde mich freuen. So richtig.

 obar75 (09.04.20)
Hallo Rudolph,
danke für den Text. Leider hat es der denkmalgeschützte immenrather Dom nicht geschafft und wurde für den herannahenden Tagebau abgerissen und aktuell soll Kreyenberg dem Tagebau Garzweiler 2 weichen.
Liebe Grüsse
Obar75

 Rudolf meinte dazu am 10.04.20:
Yep, danke für die Empfehlung Morschenich ist ein erster Trost. Kohleausstieg bleibt Handarbeit. Die GroKo hat die Energiewende gründlich abgewürgt. Die Jungen rund um Greta machen mir Hoffnung. Corona ist eine Warnung an die Alten: "Ihr habt den Planeten an die Wand gefahren, nun trifft Euch der Zorn Gottes."

 obar75 meinte dazu am 10.04.20:
Ja, Kohleaustieg ist wahrlich Handarbeit. Habe zum Thema Braunkohleverstromung in Deutschland auch einen Forumsthread gestartet, um das Thema hier in das Bewusstsein der Menschen zu bringen und ich selbst nutze seit der Katastrophe von Fukushima Ökostrom von Lichtblick.
Liebe Grüsse
Obar75
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