grausige Gier

Fabel zum Thema Gier

von  EkkehartMittelberg

Auf dem letzten literarischen Kongress der Tiere war der Vorschlag geäußert worden, Tiere selbst Fabeln schreiben zu lassen, damit sie ihrem Wunsche gemäß dargestellt würden.

Die Tiere wussten, dass die Menschen einen besonders schlimmen Vorwurf gegen Piranhas erhoben, nämlich grausige Gier. So fragten sie den Sprecher der Piranhas, ob er bereit sei, dazu eine Fabel zu schreiben.

Der erklärte seine Bereitschaft unter der Voraussetzung, dass er frei mit der Form der Fabel umgehen dürfe. Er schrieb:

Geehrte Zweibeiner,

wir wissen, dass hastiges Hinunterschlingen bei euch als Gier gilt und ebenfalls der rasche Verzehr von Fleisch, das noch lebt.

Ich will nicht darum herum reden, dass wir Piranhas uns außer auf Aas auch auf lebendes Fleisch stürzen. Wir können unsere Natur nicht kontrollieren, wenn wir zum Beispiel Blut riechen und wenn wir in austrocknenden Flußteichen das vorhandene Aas gefressen haben, dann müssen wir so handeln, wie ihr es uns vorwerft, um zu überleben. Da es in unseren Genen liegt, im Schwarm zu jagen, kommen nur die Schnellsten an die Beute. Wohlhabenden Menschen, die ihre Mahlzeiten in Ru-

he essen können, muss das nach ihren Maßstäben als grausige Gier erscheinen. Aber sie sollten sich dessen bewusst sein, dass wir als Aasfresser die Ordnungspolizei der Flüsse sind, so wie Geier die Ordnungspolizei zu Lande sind. Wenn ihr Menschen weiterhin gesunde Fische angeln wollt, braucht ihr uns im Wasser und es steht euch frei, euch in Acht zu nehmen. Wenn ihr uns aber mit Wunden anlockt oder aber wenn wir ausgehungert sind, garantieren wir euch nicht, dass ihr nicht Opfer unserer Jagd werdet. Wenn es ums Überleben geht, verlangt die Natur ihr Recht.“




Anmerkung von EkkehartMittelberg:

Auf Kommentare von Kipper zu meinen Fabeln gehe ich nicht mehr ein, weil er nicht einsehen will, dass Fabeln nicht verkürzte Wiedergaben aus einem zoologischen Buch, sondern Fiktion sind.

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Kommentare zu diesem Text


 Terminator (17.03.23, 02:44)
Ein Raubfisch kann gegen seine Natur nicht handeln, der Mensch schon. Darum kann nur beim Menschen von einer moralisch verwerflichen Gier gesprochen werden, das sehen die Piranhas schon richtig.
Taina (39) meinte dazu am 17.03.23 um 07:48:
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 EkkehartMittelberg antwortete darauf am 17.03.23 um 10:00:
@Terminator und Taina: Ich danke euch beiden aber vor allem Taina, die herausstellt, dass der Piranha im eigenen tierischen Interesse spricht.
Taina (39)
(17.03.23, 07:51)
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kipper (34) schrieb daraufhin am 17.03.23 um 09:38:
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Taina (39) äußerte darauf am 17.03.23 um 09:45:
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 EkkehartMittelberg ergänzte dazu am 17.03.23 um 10:06:
@Taina: Ich danke dir noch einmal ausdrücklich für deine Anregung, die insofern zu einer "Antifabel" geführt hat, als die Piranhas hier nicht als Stellvertreter grausamer Menschen dargestellt werden.
Taina (39) meinte dazu am 17.03.23 um 10:24:
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 AZU20 (17.03.23, 11:56)
Der letzte Satz fasst alles wirkungsvoll zusammen. Das gilt für Mensch und Tier gleichermassen. LG

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 17.03.23 um 19:07:
Merci Armin,
ich fürchte, dass der letzte Satz auch für Menschen gilt.  Nachdenkliche Leser werden selbst darauf kommen, warum ich formuliere: Ich fürchte, dass.... .
LG
Ekki

 harzgebirgler (17.03.23, 12:06)
:) :) 
an gier im tierreich sind heuschrecken kaum je zu schlagen
und zählen drum von alters her zu den sieben plagen!

lg
henning
kipper (34) meinte dazu am 17.03.23 um 13:55:
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 17.03.23 um 17:54:
Merci, Henning,
Heuschrecken wären gewiss auch ein schönes Beispiel für Gier. Vielleicht sind unter der Überschrift "Grausige Gier" Piranhas noch etwas geeigneter, weil sie bei extremem Nahrungsmangel ihre eigenen Artgenossen angreifen.
LG
Ekki

 Saira (17.03.23, 18:01)
Lieber Ekki,
 
deine Fabel offenbart Vorurteile, die Menschen gegenüber Tieren hegen, weil sie sie nicht wirklich verstehen können. Schreibt ein Tier „menschisch“, kann es seine Gedanken äußern. Das ist in einer Fabel wunderbar möglich und dir absolut gelungen.
 
Liebe Grüße
Sigi

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 17.03.23 um 19:15:
Vielen Dank, sigi, du hast es erkannt, so wie es Antimärchen gibt, kann man auch Antifabeln schreiben. Sie funktionieren so lange, wie sie verstanden werden.

Liebe Grüße
Ekki

 ginTon (17.03.23, 18:27)
Lieber Ekki, ich habe gerade die letzten Tage die Serie "Den Schwarm" in einem Rutsch hintereinander geschaut. Gibt es auf der ZDF Mediathek, sind acht Teile je 45 min. Gerade in Bezug zu deinen Fabeln, kann ich dir die Serie nur empfehlen  ;)
Teolein (70) meinte dazu am 17.03.23 um 19:30:
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 17.03.23 um 20:14:
Lieber ginTon,
auch ich habe das Buch von Schätzing gelesen und mir jetzt die Serie im ZDF angeschaut. Es ist eine wunderbare Metafabel über die Natur, die sich gegen hybride Eingriffe des Menschen wehrt
Vielen Dank für diesen überfälligen Hinweis.

LG
Ekki
Teolein (70)
(17.03.23, 18:31)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 17.03.23 um 20:26:
Gracias, Teo,
Einer hat auf den Wink ausgiebig reagiert
und quakt als Ochsenfrosch recht ungeniert.
Auch dir ein heiteres Wochenende
Ekki
Agnete (66)
(17.03.23, 19:52)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 17.03.23 um 20:34:
Grazie, für die plausible Deutung meiner Fabel, Monika.
Der Mensch bestätigt das alte Sprichwort "Homo homini lupus" immer wieder.
LG
Ekki
kipper (34) meinte dazu am 18.03.23 um 09:45:
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kipper (34) meinte dazu am 18.03.23 um 09:45:
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