Luftwedeleien

Text zum Thema Erinnerung

von  agmokti

Bei meinem letzten Berufseignungstext kam Priesterin oder Richterin raus. Völlig konträres Ergebnis zu meinen Will-ich-unbedingt-machen-aber-wird-nix-weil-brotlos-Wunschvorstellungen. Ich wollte immer schon Pub-Geigenspielerin werden. Oder Dirigentin. Habe mich schon als Kind im dirigieren geübt. Auf meine Art und Weise versucht, das Orchester des Baches zu beherrschen. Luftwedeleien hier, Luftwedeleien da und ich ging in Noten auf. Meine Hände glitten dahin, von links nach rechts, rauf und runter, kein Druck, weniger Druck, mächtige Musikstelle, Arme breiten sich über das Zimmer aus.

Wir haben auch sehr früh damit angefangen. Mit Musik. In diesem Elternhaus. Glück und Wundern und Glück im Wundern, wenn du als Fünfjährige das Plattencover von der Beatles Revolver ansiehst, während der Innenraum an Zäunen und Häusern vorbeizieht und der Papa abbiegt und tanken will, auf der Avanti Tankstelle und es ist Sommer und Benzingeruch in der Nase und mein Bruder links von mir, zu klein um viel zu reden, aber er sieht mich an, also bin ich gerade sowieso der King, während ich diese viel zu große Platte in meinen Händen halte. Papa dreht sich nach hinten - bin gleich wieder da, schau dir das mal an - und er gibt mir dieses andere viereckige riesige, dünne Trum in die Hände und da ist eine Torte und kleine Minimenschen, die darauf herumklettern, es ist bunter, im Vergleich zur Ersten und ich halte und wachel dem Bruder vor seiner Nase damit herum und er lacht und ich kann nicht aufhören das Cover anzuschauen, Knallen der Autotür, wir fahren Richtung nach Hause und ich hoffe ich habe noch genug Zeit.

Bei den Mama-Autofahrten kann ich mich vor allem an Kirsch- und Magnolienbäume in voller Blüte erinnern. Ich sitze hinten und da spielt es „My baby just cares for me“, die Mama hat die Jazzladies auf Kassette und sie singt lauthals mit und links und rechts ist nur weißes Blütenmeerdach und von mir aus soll sie ruhig weiter fahren, von mir aus auch für immer, weil sie mich über den Rückspiegel mit lachenden Augen ansieht und ihr Kopf im Klavierrhythmus nickt und dann kommt „What a difference a day make“ und können wir bitte einfach so weiterfahren?

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Kommentare zu diesem Text


 Dieter_Rotmund (08.02.19)
Das wäre eine schöne kV-Gastkolumne für den Dienstag gewesen.

Gerne gelesen, auch wenn sich hier und da kleine Fehlerchen (und was soll "wachel" sein?) eingeschlichen haben, die bei einem nochmaligen Lesen sicher auffallen.

 drmdswrt meinte dazu am 08.02.19:
und was soll "wachel" sein
Die Frage beantwortet Dir der Duden. Der deutsche, wohlgemerkt.

 Dieter_Rotmund antwortete darauf am 08.02.19:
Bitte etwas sorgfältiger nachschlagen: Der Duden kennt nur "wa­cheln", was ja ganz offensichtlich NICHT dasselbe wie "wachel" ist und die 1. Person Singular ist dann korrekt "ich wachele".
So oder so ein für die allermeisten Menschen unverständlicher Austriazismus!

Antwort geändert am 08.02.2019 um 13:42 Uhr

 drmdswrt schrieb daraufhin am 08.02.19:
A propos sorgfältiger nachschlagen:

ich wach(e)l(e)
Quelle:  https://www.verbformen.de/konjugation/wacheln.htm

Mehrere Formen sind möglich, keine davon ist falsch.

 agmokti äußerte darauf am 08.02.19:
heya, ich sag mal lieben Dank, freut mich, dass es zum Teil gefallen hat. Was die kleinen Fehler betrifft, muss leider ehrlich zugeben, dass ich keine lange Schulbildung genossen habe, ich bemühe mich zwar, aber meine Rechtschreibung und Grammatik ist leider noch immer fehlerhaft und selbst beim 4. Mal drüber lesen, hab ich noch genug Fehler drinnen. Ich mach grad Abendschule, also lern erst grade, wie das richtig geht, bin dementsprechend froh über Verbesserungen :).

 Dieter_Rotmund ergänzte dazu am 10.02.19:
Viel Erfolg wünsche ich dazu!
Meiner Erfahrung nach hilft auch reines Lesen, die Rechtschreibung zu verbessern. Allerdings keine BOD-Romane, die sind fast immer voller Fehler, eher eine gut gemachte Tageszeitung.

P.S.: Danke für den Hinweis auf verbformen.de, das kannte ich nch nicht.

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 05.12.19:
Text ist immer noch gut, habe ihn mir gerade nochmals durchgelesen und mir ist aufgefallen: "dirigieren" ist in diesem Kontext ein substantiviertes Verb, also muss es "Habe mich schon als Kind im Dirigieren geübt" heissen.

 drmdswrt (08.02.19)
Ein schöner Schwung, der den Leser mitnimmt auf die Rückbank. Liest sich angenehm, fühlt sich ebenso an. Macht ein kleines bisschen wehmütig – und Lust auf ein paar spezielle Lieder.

 agmokti meinte dazu am 08.02.19:
Lieben Dank, freut mich voll, hab auch gleich mal die Let it Bleed von den Stones ausgepackt und wieder nach Jahren reingehört :)
aliceandthebutterfly (36)
(08.02.19)
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 agmokti meinte dazu am 08.02.19:
Vielen lieben Dank, freut mich, dass es dir gefallen hat :)
und ich fang grad erst mit den positiveren Texten an, mal schauen was da noch kommt.

 eiskimo (08.02.19)
Sehr anschaulich, gewinnend, lebensecht - ohne Schnick-Schnack erzählt. Sehr gelungen!
lG
eiskimo

 agmokti meinte dazu am 08.02.19:
Dankeschön! Freut mich :)
liebe grüße

 Songline (08.02.19)
Sehr lebendige, positive Bilder und ein schöner Stil. Gern gelesen.
Liebe Grüße
Song

 agmokti meinte dazu am 08.02.19:
Freut mich, dass es dir gefallen hat :)

 PollyKranich (09.02.19)
Gefällt mir sehr gut. Blütenmeerdach, wacheln, Minimenschen, das sind alles sehr plastische und freundliche Worte.
Und das Du so weiterfahren möchtest, kann ich gut nachvollziehen. Mehr davon!
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