Die Menschen in meiner Umgebung beschäftigen sich den Tag über mit Zigaretten stopfen und Wände gelb rauchen. Sie sind krankenversichert, gehen nie zum Arzt. Sie lassen sich die Namen Ihrer Kinder auf den sonst so vernachlässigten Körper tätowieren und schreien laut wenn Sophia den Fernseher falsch bedient.
Den Fernseher als das zentrale Element eines Wohnzimmers gewählt, steht er auf einem mit Klarlack beschichteten Unterschrank in dem die zugehörigen Geräte sichtgeschützt verstaut sind.
Fernseher und Unterschrank bilden somit eine gerade Fläche.
Überhaupt widersprechen Kontraste dem optimalen Fernsehvergnügen.
Angekommen bist du erst, wenn du unter deinen Freunden die Vorteile eines Netflixaccounts erklären und von dir behaupten kannst, dass Amazon-Prime jetzt auch zu deinem Repertoire gehört.
Wir haben es geschafft, anstatt die Scheiße zu konsumieren die uns vorgesetzt wird. Suchen wir uns die Scheiße jetzt selbst aus.
Ich liebe unsere Zeit, das 21. Jahrhundert also, dass Jahrhundert in dem es schon als Unterhaltung gilt, wenn du anderen Menschen dabei zuguckst wie sie Dinge aus Verpackungen holen und dazu Stuss reden.
Oder einfach reagieren, ich reagiere auf etwas, schau mir dabei zu. Wie ich dem Meinungspluralismus fröhne.
Eine gute Freundin, die ich vor 4 Jahren über eine Onlineplattform kennen lernte, beschrieb das mit den Worten “Der durchschnittliche Mitteleuropäer ist einer seiner Ekelhaftigekit kaum mehr zu überbieten, unterhaltungsgesätigt und gewaltbereit konsumiert er die totalste Belanglosigkeit, man hat sich eben damit abgefunden, die Angestelltenseele erfüllt von Hochglanzbildschirmen auf denen man anderen Leuten dabei zuschaut wie sie Geräte auspacken, die man selbst gerne hätte.
Wir unterscheiden uns in nichts von den Leuten die vor 400 Jahren Ihre Eimer voller Scheiße auf die Straße schütteten.
Uns halten allein die Stadtwerke davon ab, es Ihnen gleich zu tun.
Es braucht schon Kinderleichen die an Stränden liegen, eine Krebsdiagnose oder eine Sanktion vom Arbeitsamt damit sich emotional was tut.
Endlich mal wieder betroffen fühlen, Opfer sein.
Doch alles ist heilbar, wenn es zu viele Strandleichen hat, Antidepressivum, für den Krebs Tagebücher als E-Book bei Amazon vertickt.
Demonstranten in Dresden richten mehr schaden an, als die Alliierten mit Ihren Bombern 1945.
Selbst wenn sie Dresden 10 Jahre lange bombardiert hätten, würde dort heute ein nettes Naherholungsgebiet stehen.
Mütter lassen Ihre Babys unter ausladenden Trauerweiden an Ihren Brüsten saugen. Sonnenverwöhnte Körper spielen Schwedenschach.
Keine alten Menschen die nach Apflemost riechen, für die man Platz machen muss.
Nur eine Landschaft mit Birken.
Birken fragen nicht nach einem Grund. Birken wachsen einfach nur, ohne anderen Menschen dabei auf den Sack zu gehen, sie brauchen keine Gründe, sie verdrängen das Unkraut einfach durch Präsenz und Sonnenhunger.
Birken sind meine Lieblingsbäume.
Menschen die Eichen mögen sind schlecht.
Du bist wie Krebs der sich nicht entscheiden kann ob er streut oder nicht.
Für mich funktioniert eine optimale Gesellschaft wie Tinder, Menschen die nicht passen wegwischen, einfach und effektiv.
Sachen in Garagen packen, Möbel belauschen, in Züge steigen.
Anordnen und abheften, Picknick und dann ficken.
Eine Biografie die sich in kleinen Nuancen von anderen unterscheidet.
Reicht, fertig, mein Biothytmus ist an die Öffnungszeiten der städtischen Supermärkte angepasst, welche regelmäßig aufgesucht werden, um Waren zu kaufen, die mein überleben garantieren.
mein Leben hängt nicht an einem seidenen Faden oder ist in irgendeiner Weise spannend, ohne den Pennymarkt müsste ich mich radikal umstellen oder verhungern. Dafür habe ich nichtmal eine aufregende Entschuldigung, es ist einfach so gekommen, ohne das mich mein Vater aus Spaß geschlagen oder meine Mutter Depressionen mit Versandhausbestellungen bekämpfte und lethargisch auf dem Canape lag. Es gab regelmäßige Urlaube in umzäunten Gebieten mit niedlichen Hütten die man für einen gewissen Zeitraum bewohnen konnte. Jeden Tag Weekend feeling.
Ermahnungen wenn die Noten nicht so gut waren und einen Vorrat Süßigkeiten, der das Wort Belohnung wohlgeformt aus dem Mund gleiten ließ.
Belohnung.
Zu Heat&Eat Bratkartoffeln und Dosencola pflege ich eine gesündere Beziehung als zu menschlichen Wesen.
Auch das hat sicher seine Gründe, die aber so uninteressant sind wie das Leid von Heranwachsenden die anfangen zu realisieren, dass man sich nicht mehr wie ein Kind über Weihnachtsgeschenke freuen kann und mit der Routine kommt der Verfall.
Motiviert sind die Menschen in meiner Gegend nur wenn es darum geht, sich selbst zu zerstören. Ich wage zu behaupten, dass es das Viertel mit den gelb gerauchtesten Tapeten der Welt ist. Niemand hier besitzt gesundes Bindegewebe oder gar Anzeichen von Farbe auf der Haut. Man verbringt das lästige leben immer hinter geschlossenen Türen und erträgt sich mit Feldschlößchen Urpils.
Mir fehlt wirkliche Leidenschaft, irgendetwas, für das man sich aufopfern kann. Das Leben ist langweilig zwischen Aldi Süd, Universität und Armutsbeschauung in Süfafrika für drei Monate. Ganz im Ernst, für was kann man sich noch aufopfern?
“Diese Frage stellt sich mir nicht, gebannt starre ich auf den Blasen schlagenden Käse, wenn er so über meine Nudeln läuft, die in Jagdwurst und Tomatenketchup aus der Mikrowelle geholt werden, das ist eine eindeutige Sache. Es genügt mir, mir genügt auch, wenn man über schambesetzte Themen in Talkshows redet und ich kurz mit einer Frau spreche.”
Hedonismus ist geil, ja, aber dann sollte man auch außerhalb davon komplett seine Fresse halten, am besten fetisch-gebunden die Lippen mit Nadel und Faden zunähen lassen, sonst wird es schnell unangenehm. Wusstest du übrigens, dass ich von meinen Kommilitonen als rassistische Kolonialistin beschimpft werden würde, weil ich Afrika mit Armut verknüpft habe?
“Afrika ist für mich nur eine große Wüste, in der Hütten stehen, die von Ameisen oder dürren Afrikanern gebaut werden und vom Regen, der zweimal im Jahr kommt zerstört, wird dann gelitten und Kuchen gemacht, weil es an Lehm oder Nahrung fehlt.”
Würde jemand unserem Gespräch hier zuhören, das Urteil wäre schnell gefällt: “(...) steigert sich das Gespräch auf einen zwielichtigen Höhepunkt, an dem die Langeweile des 21. Jahrhunderts und der ausschlaggebende Kapitalismus fusionieren, der löchrige Käse vom Feinkost-Edeka dem Dritte-Welt-Kind in seine Magenkuhle tritt, bis es Säure erbricht, Verdautes wäre im Magen schließlich nicht zu finden” (“In seine Magenkuhle fickt” wäre die richtige Bezeichnung, das aber würde der Feuilleton sich nicht trauen). Genau das meinte ich. Das ist keine Leidenschaft. Ich will mich aufopfern.
“Du bist einfach satt an Gewalt, diese Betroffenheitsgebärden funktionieren schon lange nicht mehr. Es fühlt sich alles kaputt gespielt an. Was hält dich davon ab, religiös zu werden oder eine engagierte Feministin?”
Du meinst, im Gebet oder Terrorismus finde ich meine Aufopferung? Ich bin nicht in Syrien geboren, ich bin deutsch. Jegliche Auflehnung ist unauthentisch.
“Deutschsein ist ein Vorteil, du könntest dich in eine Depression retten, dich verschiedenst diagnostizieren lassen und den ganzen Tag in Therapie verbringen.”
Warst du schon mal in Therapie, wurdest du diagnostiziert? Ist glaube ich keine Rettung. Drei, sieben, zwölf, achtzehn Monate warten auf Erstgespräch, sieben Therapeutenwechsel, spaßig, wow. Das ist eine Betroffenheitsgebärde.
“Ist doch herrlich, die Wartezeit kannst du dann hartzen und aufopfern. Da ist dann deine Leidenschaft, die du vermisst. Zigaretten stopfend die Finger gelb rauchen.”
Der Kreis schließt sich, wie charmant.
“Was dir fehlt ist eine ordentliche Verzweiflung, nach der man sich richten kann.”
Und dir fehlt nichts? Heuchler.
“Wie gesagt, ich habe meine Käsenudeln, den Discounter gegenüber und erwarte keine Dinge, keine große Überraschung, keine Erkenntnis”
Läuft aber auch nur mit Youporn, Heuchler. Ich habe nie eine Erkenntnis erwartet, eher eine Art Erlösung.
Aber läuft.
Die Tage sind so grau wie der Putz an den Wänden, der im Kontrast zum Hundekot schon beinahe einladend wirkt. Ideal um eine mittelschwere depression zu kultivieren.
Man hat hier seit Jahrzehnten subventioniert, gebaut und getan. Aber das Grau steckt zu tief in den Mauern.
Marienkäfer glauben nicht daran, dass irgendein Realismus schön sein kann. Sie setzen sich auf die Poperze eines Hundes und verspüren weder Ekel noch freude.
Den Mensch verschlägt es in diese Gegend wie den Marienkäfer auf die Poperze.
Gebären Kinder, pressen Wurst in sich rein bis ihre Körper Schatten werfen Harzer-Blasenwurstschatten.
Job 3 dieses Jahr: 8 Stunden Aufmerksamkeit spielen, davon drei an mir selber und Mails von Leuten beantworten, deren Komfortzone so eng gestrickt ist, dass sich Lieferverzögerungen so stark auf das Gemüt auswirken, dass nur noch Ketamin oder Kettenbrief hilft.
Alle damit beschäftigt von Berufen zu erzählen.
Jessica: 24, Altenpflegerin in einen Sack aus Klamotte gerollt und unglücklich verheiratet.
Dazu Kind und eine Vollzeitbeschäftigung die den Körper als satte Ruine hinterlässt.
Im Schatten der DDR aufgewachsen, heißt Alkohol, viel geficke innerhalb der Familie und Frustration wegen zu vieler Verluste. Den Rest macht das Dorf, eigens dafür angelegt eine Fabrik zu bedienen die seit 15 Jahren mit der Landschaft verwächst.
Beim Nachschub holen, in dem Fall drei Becks, fünf Tequila und zwei aufwendige Cocktails.