Willkommen in der Schreibkuppel
Satire zum Thema Allzu Menschliches
von Alias
Alle Gäste haben sich versammelt und werden mit unterschiedlich lautem Applaus begrüßt. Das kommt daher, weil manche viel Zeit für ihre Mitschreiberlinge veranschlagen, andere eben weniger. Natürlich sind Letztere im Nachteil, denn Werbung ist alles!
Der Showliterat schaut in die Runde und begrüßt den ersten Gast, einen älteren Herrn, der sehr distinguiert aussieht. „Willkommen, Egmont“, sagte er. Egmont lächelt, insgesamt macht er einen sehr kompetenten Eindruck, auch wirkt er gelassen und tolerant. Es rührt wohl von seinem Alter her.
„Egmont“, der Showliterat schaut unauffällig auf seinen Zettel, auf dem die Regie alles Wichtige vermerkt hat, „man nennt dich den Altmeister der Aphorismen und der Essays, aber du verfasst auch sinnige und stimmige Gedichte. Schreibst du sonst noch etwas? Vielleicht Kurzgeschichten oder gar Romane?“
Egmont lächelt. „Nein, jedenfalls nicht oft“, sagt er. „Aber ich kenne mich allgemein mit der Kunst des Gedichteschreibens aus, von Jamben und Sonetten bis hin zum Limerick. Außerdem bin ich in der griechischen Sprache sehr bewandert...“
„Also nicht!“, unterbricht ihn der Showliterat, „außerdem ist das Griechische im Augenblick nicht so in.“
Das Publikum fängt an zu lachen.
Der Showliterat wendet sich dem nächsten Gast zu:
„Ätzteke, du bist einer der Meistgehassten in einem gewissen Schreibforum. Machst du dich mit Absicht unbeliebt? Deine Formulierungen sind ja äußerst unappetitlich und auch grammatisch nicht ganz sauber...“
„Du kannst mich am Arsch lecken – oder besser noch in deinen gucken lassen!“
„Kontrovers verhältst du dich also und vor allem immer anders als andere.“
Ätzteke beachtet ihn nicht, sondern glotzt währenddessen die Frau neben sich an. „Meine Fresse, bist du fett. Und soo ekelhaft weiblich!“, sagt er zu ihr. „Du schreibst doch diese Menstruationslyrik. Uääää, widerlich!“
„Und du, du dämlicher Sack bist das vollkommene Arschloch überhaupt“, gibt die Lyrikerin gar nicht lyrisch zurück.
„Hauptsache vollkommen. Danke, blöde Tussi!“
„Nun zu dir, liebe Thusnelda, du hast dir vor allem unter den weiblichen Forumslesenden ein Publikum gewonnen mit deinen gefühlvollen Gedichten.“
„Echt jetzt? Gefühlvolle Scheiße ist immer noch Scheiße!“ Ätzteke wälzt sich provozierend auf seinem Stuhl herum.
„Ich bring dich um!“, Thusnelda hat eine handliche Bratpfanne aus ihrer Tasche gezogen und macht Anstalten, sie dem Ätzteke über die Birne zu ziehen. Zum Glück kommt das Wachpersonal noch rechtzeitig, um das zu verhindern. Tusnelda wird aus dem Studio geführt. Ganz sorgsam natürlich.
Der Showliterat fühlt sich unbehaglich, er schaut wieder auf seinen Zettel und fängt an zu dozieren: „Was ist nun Literatur? Ist es der Drang, Werke zu verfassen – ich will nicht sagen, künstlerische Werke – egal, ob sie nun jemand liest oder nicht?“
Im Publikum lacht jemand, und andere fallen ein.
„Gut, das ist es wohl nicht mehr. Nicht in diesen Zeiten der virtuellen Verbreitung von ... ääh ... Getipptem.“
Das Publikum schweigt. Betroffen?
„Anscheinend gibt es noch vereinzelt die klassische Kurzgeschichte, könnte die vielleicht eine Renaissance erleben?“
Das Publikum schweigt ein wenig lauter, während die versteckten elektronischen Stimmungsforscher alle dessen Schwingungen aufnehmen, um diese später in kaufbare Daten umzuwandeln.
„Wollen alle nur noch über Vampire lesen? Oder über geile Frauen, die sich der Lust unterwerfen? Oder über Jungfrauen, die sich Vampiren unterwerfen?“
Das Publikum schweigt, aber auf eine lüsterne Art.
„Oder ist es das Bedürfnis, etwas von sich preiszugeben, etwas, das so schrecklich ist, um andere interessieren zu können?“
Gemurmel unter den Zuschauern, keiner will sich richtig äußern, aber man scheint interessiert zu sein. Die Stimmungsforscher schlagen weit aus.
„Sind es schöne Sachen, die man lesen will in dieser unserer Zeit?“
Leises Gemurmel. Die Stimmungsforscher verzeichnen einige wenige Höhepunkte. Bei der hinterigen Auswertung stellt man fest, dass vor allem 'Ältere Semester' dafür waren. Also für die schönen Sachen.
„Und das war es für heute, liebes Publikum! Die Zeiten haben sich geändert, mittlerweile gibt es unvorstellbar viele Autoren, die alle etwas zu schreiben haben. Man könnte fast sagen, es gibt viel mehr Autoren als Leser oder gar Kritiker, die all diese Autorenwerke unter die Lupe nehmen könnten. Also müssen Autoren sich untereinander bewerten.
Kommen wir nun in der nächsten Sendung zu der Frage:
„Kann ein sogenannter Autor auch ein sogenannter Kritiker sein?“
Der Showliterat schaut in die Runde und begrüßt den ersten Gast, einen älteren Herrn, der sehr distinguiert aussieht. „Willkommen, Egmont“, sagte er. Egmont lächelt, insgesamt macht er einen sehr kompetenten Eindruck, auch wirkt er gelassen und tolerant. Es rührt wohl von seinem Alter her.
„Egmont“, der Showliterat schaut unauffällig auf seinen Zettel, auf dem die Regie alles Wichtige vermerkt hat, „man nennt dich den Altmeister der Aphorismen und der Essays, aber du verfasst auch sinnige und stimmige Gedichte. Schreibst du sonst noch etwas? Vielleicht Kurzgeschichten oder gar Romane?“
Egmont lächelt. „Nein, jedenfalls nicht oft“, sagt er. „Aber ich kenne mich allgemein mit der Kunst des Gedichteschreibens aus, von Jamben und Sonetten bis hin zum Limerick. Außerdem bin ich in der griechischen Sprache sehr bewandert...“
„Also nicht!“, unterbricht ihn der Showliterat, „außerdem ist das Griechische im Augenblick nicht so in.“
Das Publikum fängt an zu lachen.
Der Showliterat wendet sich dem nächsten Gast zu:
„Ätzteke, du bist einer der Meistgehassten in einem gewissen Schreibforum. Machst du dich mit Absicht unbeliebt? Deine Formulierungen sind ja äußerst unappetitlich und auch grammatisch nicht ganz sauber...“
„Du kannst mich am Arsch lecken – oder besser noch in deinen gucken lassen!“
„Kontrovers verhältst du dich also und vor allem immer anders als andere.“
Ätzteke beachtet ihn nicht, sondern glotzt währenddessen die Frau neben sich an. „Meine Fresse, bist du fett. Und soo ekelhaft weiblich!“, sagt er zu ihr. „Du schreibst doch diese Menstruationslyrik. Uääää, widerlich!“
„Und du, du dämlicher Sack bist das vollkommene Arschloch überhaupt“, gibt die Lyrikerin gar nicht lyrisch zurück.
„Hauptsache vollkommen. Danke, blöde Tussi!“
„Nun zu dir, liebe Thusnelda, du hast dir vor allem unter den weiblichen Forumslesenden ein Publikum gewonnen mit deinen gefühlvollen Gedichten.“
„Echt jetzt? Gefühlvolle Scheiße ist immer noch Scheiße!“ Ätzteke wälzt sich provozierend auf seinem Stuhl herum.
„Ich bring dich um!“, Thusnelda hat eine handliche Bratpfanne aus ihrer Tasche gezogen und macht Anstalten, sie dem Ätzteke über die Birne zu ziehen. Zum Glück kommt das Wachpersonal noch rechtzeitig, um das zu verhindern. Tusnelda wird aus dem Studio geführt. Ganz sorgsam natürlich.
Der Showliterat fühlt sich unbehaglich, er schaut wieder auf seinen Zettel und fängt an zu dozieren: „Was ist nun Literatur? Ist es der Drang, Werke zu verfassen – ich will nicht sagen, künstlerische Werke – egal, ob sie nun jemand liest oder nicht?“
Im Publikum lacht jemand, und andere fallen ein.
„Gut, das ist es wohl nicht mehr. Nicht in diesen Zeiten der virtuellen Verbreitung von ... ääh ... Getipptem.“
Das Publikum schweigt. Betroffen?
„Anscheinend gibt es noch vereinzelt die klassische Kurzgeschichte, könnte die vielleicht eine Renaissance erleben?“
Das Publikum schweigt ein wenig lauter, während die versteckten elektronischen Stimmungsforscher alle dessen Schwingungen aufnehmen, um diese später in kaufbare Daten umzuwandeln.
„Wollen alle nur noch über Vampire lesen? Oder über geile Frauen, die sich der Lust unterwerfen? Oder über Jungfrauen, die sich Vampiren unterwerfen?“
Das Publikum schweigt, aber auf eine lüsterne Art.
„Oder ist es das Bedürfnis, etwas von sich preiszugeben, etwas, das so schrecklich ist, um andere interessieren zu können?“
Gemurmel unter den Zuschauern, keiner will sich richtig äußern, aber man scheint interessiert zu sein. Die Stimmungsforscher schlagen weit aus.
„Sind es schöne Sachen, die man lesen will in dieser unserer Zeit?“
Leises Gemurmel. Die Stimmungsforscher verzeichnen einige wenige Höhepunkte. Bei der hinterigen Auswertung stellt man fest, dass vor allem 'Ältere Semester' dafür waren. Also für die schönen Sachen.
„Und das war es für heute, liebes Publikum! Die Zeiten haben sich geändert, mittlerweile gibt es unvorstellbar viele Autoren, die alle etwas zu schreiben haben. Man könnte fast sagen, es gibt viel mehr Autoren als Leser oder gar Kritiker, die all diese Autorenwerke unter die Lupe nehmen könnten. Also müssen Autoren sich untereinander bewerten.
Kommen wir nun in der nächsten Sendung zu der Frage:
„Kann ein sogenannter Autor auch ein sogenannter Kritiker sein?“