In hoc signo vinces

Essay zum Thema Apokalypse

von  Regina

Valentin Andreä (1586 bis 1654)) hob in seinem Roman "Die alchymische Hochzeit des Christian Rosenkreutz" diese Figur aus der Taufe. Ob die Person wirklich gelebt hat, ist unbekannt. Dennoch galt Rudolf Steiner zu seiner Zeit  bei Insidern als Reinkarnation des C.R., auch wenn er das selber nie bestätigt hat. Er trug die Signatur des universell gelehrten Eingeweihten, so wie es von C.R. berichtet wurde. Dessen feinstoffliche Körper sollen die Weisesten des Ostens wie des Westens mit uraltem Wissen aufgeladen haben. Der Gründer der Anthroposophie gehörte zu einem Personenkreis freimaurerisch bzw. tibetisch-indisch Initiierter, die in der Zeitspanne zwischen 1850 bis 1945 an die Öffentlichkeit traten, mit dem Ziel, der Menschheit ihre bis dato geheimen Lehren zu offenbaren, im Hinblick auf die nahenden apokalyptischen Katastrophen beim Wechsel in ein neues Weltzeitalter.
Über die Art und Weise dieser Enthüllungen allerdings hätten die Adepten nicht uneiniger auftreten können. Kämpfe, Abspaltungen und Brüche begleiteten ihre Wege. In ihren Schriften unterscheiden sich Begriffsdefinitionen stark voneinander, so dass nicht der eine Autor mit der Terminologie des anderen gelesen werden kann. Ging es Helena Petrowna Blavatsky und Max Heindel vor allem um Informationsherausgabe, so hatte Liddel MacGregor Mathers um 1888 den Golden Dawn, einen kabbalistischen Heilerorden gegründet, wo der Rosenkreuzer einen Einweihungsrang repräsentiert. Imperatoren konkurrierender Nachfolgeorganisationen brüsten sich noch heute mit einer Lineage, i.e. einer ungebrochenen Mund-zu-Ohr-Lehrtradition, die bis auf altägyptische Priestertraditionen zurückreichen soll. Internetschlammschlachten zwischen den Anhängern verschiedener amerikanischer Orden erinnern an den mit Hilfe zeremonieller Magie geführten Astralkrieg zwischen Mathers und Aleister Crowley. Dieser, Ron Hubbard und Jan van Rijckenborgh beanspruchten jeder für sich, die neue, vom grobstofflichen Geist befreite Religion für die kommenden Jahrtausende ins Leben gerufen zu haben. Der perverse Sexmagicker Crowley spottete gern über seine Hochgradfreimaurerkollegen, nannte sie "Bratwurst-und-Sauerkraut-Adepten" und bezeichnete Ron Hubbards Dianetik als "Moonchild". Doch sein Thelema dürfte ebenfalls der große Wurf nicht geworden sein. Eine schlimmere Tragödie aber stellt der kollektive Selbstmord der Sonnentemplersekte dar, dessen Anführer Joseph di Mambro sich ebenfalls auf Rosenkreuzerei bezog. Insgesamt fügten Rosenkreuzer der Anzahl von ca. 34 000 christlichen Sekten etwa 50 neue Glaubensgemeinschaften hinzu, darunter AMORC und das Lectorium Rosicrucianum, wo der Christian Rosenkreuz den gleich hohen Rang wie der Christus einnimmt. In evangelischen Kreisen mag man gegen diese Umtriebe wettern, sollte aber einräumen, dass auch Martin Luther Rose und Kreuz in seinem Wappen führte.
Rudolf Steiner erscheint als der bodenständigste und sozial engagierteste unter diesen Menschheitsreformern. Er trennte sich von der Theosophin Annie Besant, weil diese Jiddu Krishnamurti zur Jesusinkarnation ausrufen wollte. In seiner Anthroposophie verzichtete er weitgehend auf Initiationsrituale und Gradsysteme. Sein Konzept sollte der europäischen Kultur gänzlich neue Impulse injiziieren. In der Tat nahm die Anthroposophie vieles vorweg, was heute aktuell erscheint: Naturreine Medizin- und Kosmetikprodukte, Biolebensmittel von Menschenhand und eine einfühlsame, künstlerisch inspirierte Pädagogik, die wohlgemerkt in einer Zeit entstand, als staatsbeamtete Lehrer noch mehrere Jahrzehnte der Prügelkultur vor sich hatten. Es mag heute aufgeblasene Rechthaberei mancher Anthroposophen den spirituell orientierten Neophyten aus der Waldorfszene vertreiben und die hohen Preise exklusiver Naturprodukte den grundgesicherten Flaschensammler aus dem Naturkostladen hin zum Discounter drängen. Doch der begabte Steiner hätte auch im wirtschaftlichen Bereich mehr in petto als lasierte Wandfarben, Baumelixiere und eurhythmisch einherzuschreitende Lemniskaten. Sein Entwurf eines menschenzentrierten sozialen Organismus böte Ansätze und Lösungen für einen Systemwechsel jenseits kapitalistischer Ausbeutung oder kommunistischer Entmündigung, wollte man den Meister nur unvoreingenommmen lesen.
Nicht geschafft habe er es allerdings, eine Bewusstseinsschule für den neuen Äon zu etablieren, weshalb die niederländischen Großmeister Catharose de Petri und Jan van Rijckenborgh ab 1945 das strenge Lectorium Rosicrucianum aufbauten. Die Geistesschulung, einst im Westen einem kleinen Kreis Initiierter in Geheimzirkeln vorbehalten, sollte nunmehr zum allgemeinen Fortschritt gehören.
Allzu beliebiges esoterisches Treiben jedoch hätte Catharose de Petri zu den Auswüchsen negativer Entstofflichung gezählt. Nicht alles, was sich vom Materialismus abwendet, hielt die Großmeisterin für der Evolution dienlich. Unsere törichte Gesellschaft hört nicht, sondern geht ihren Weg in den Untergang weiter, indem sie fortfährt, das Chaos auf die Spitze zu treiben, vor dem nicht nur Adepten, sondern auch Wissenschaftler schon lange gewarnt hatten.
Licht ins Dunkel bringt der Christian Rosenkreutz selber. Gott, so lässt Andreä seinen Romanhelden feststellen, habe sein höchstes Mysterium auf so einfache Weise verborgen, dass weder die gekrönten Häupter Europas noch die Hochgelehrten es erfassen konnten. Heute wie damals.

Hinweis: Du kannst diesen Text leider nicht kommentieren, da der Verfasser keine Kommentare von nicht angemeldeten Nutzern erlaubt.

Kommentare zu diesem Text


 LotharAtzert (17.03.20)
Gern gelesen, auch weil mir praktisch alle Namen von früher vertraut sind, ich aber nie einen Zug ins geheimgesellschaftliche Praktizieren verspürte. Einzig Steiner ragt vielleicht etwas heraus, es wird ihm gefallen haben, was du über ihn schriebst. Aber ob er jetzt die Reinkarnation von C. Rosenkreutz ist, oder nicht, macht letztlich keinen Unterschied.
Schön, ma wieder was von dir zu hören, Gina.

LG
L

 Regina meinte dazu am 18.03.20:
Danke fürs Lob. LG Gina

 Graeculus (18.03.20)
Interessiert, wenngleich distanziert gelesen.

Wie kann Valentin Andreä hundert Jahre vor der Epoche der Aufklärung einen Roman gegen die Aufklärung schreiben? Da bitte ich um ... Aufklärung.

 Regina antwortete darauf am 18.03.20:
Ich habe den Passus "gegen die Aufklärung" gestrichen. Was stimmt, ist, dass die Rosenkreuzerei später einen Gegenbewegung zur Aufklärung darstellte, die Andreä niicht erlebt hat.

 Graeculus schrieb daraufhin am 18.03.20:
Das paßt jetzt besser. Die späteren Rosenkreuzer waren in der Tat anti-aufklärerisch.
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram