Himmelsstürmer

Naturgedicht zum Thema Zweifel

von  Quoth

Merkur, Merkur, allein Merkur
kann stillen mein Verlangen,
ich brauch auf unser Hausdach nur
zu steigen ohne Bangen.

Ich sah sie alle: Venus und
den rötlichen, den Mars,
zu schweigen von Jupiters Rund,
dem König dieses Jahrs.

Der mit den Ohren, wie ihn nennt
mein kleiner Bruder dumm,
dies ringgeschmückte Monument
ist mein Elysium.

Allein der kleinste, er entging
meiner Planetengier,
doch heut‘, ich weiß es, da bezwing
ich auch dies selt‘ne Tier!

Nur wenige Minuten ist
der mit den Flügelfüßen
zu seh’n, drum raus, bevor die Frist
verstrich, ihn zu genießen!

Hier sitz ich nun auf Daches First,
fröstle im Morgenwehen,
und ahne: Ach, du Armer, wirst
den Merkur nimmer sehen.

Der Sonnenball kam viel zu schnell,
ja, schneller als erlaubt!
Von fern dringt an mein Ohr Gebell –
gibt es ihn überhaupt?


Anmerkung von Quoth:

Angeregt durch  https://www.keinverlag.de/441857.text

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Kommentare zu diesem Text


 LottaManguetti (24.11.20)
Schön ...

Der nächste Merkurtransit ist für den 13.11.2032 geplant. Den letzten konnte ich durch einen Refraktor beobachten. Und obwohl da nur ein schwarzes Körnchen über den großen gelben Ball wanderte, war ich zutiefst beeindruckt.

Lotta

 Quoth meinte dazu am 24.11.20:
Hallo Lotta, den wird mein Held vielleicht nicht mehr erleben. Er würde das schwarze Körnchen sicherlich genießen! Ich bin jas nur sein dummer kleiner Bruder ... Gruß Quoth

 EkkehartMittelberg (24.11.20)
Hallo Quoth, kannst du mit diesem Gedicht noch etwas anfangen?
Die Sternseherin Lise

Ich sehe oft um Mitternacht,
Wenn ich mein Werk getan
Und niemand mehr im Hause wacht,
Die Stern' am Himmel an.

Sie gehn da, hin und her zerstreut
Als Lämmer auf der Flur;
In Rudeln auch, und aufgereiht
Wie Perlen an der Schnur.

Und funkeln alle weit und breit
Und funkeln rein und schön;
Ich seh’ die große Herrlichkeit
Und kann mich satt nicht sehn….

Dann saget unterm Himmelszelt
Mein Herz mir in der Brust:
“Es gibt was Bessers in der Welt
Als all ihr Schmerz und Lust.“

Ich werf mich auf mein Lager hin,
Und liege lange wach,
Und suche es in meinem Sinn:
Und sehne mich darnach.

Matthias Claudius

(1740 - 1815), deutscher Dichter, Redakteur, Erzähler und Herausgeber des Wandsbecker Boten, Pseudonym Asmus

Quelle: Claudius, Asmus omnia sua secum portans, oder Sämtliche Werke des Wandsbecker Bothen, 1774-1812

LG
Ekki

 Quoth antwortete darauf am 24.11.20:
Durchaus, Ekki, komisch, dass ich auf dieselbe Strophenform verfallen bin. Nur haben sich ein paar weibliche Reime eingeschlichen, ich mag die männlichen wie Asmus auch lieber!
Der zeitliche Abstand wird deutlich durch das Wort "Himmelszelt". Lise fühlte sich unter dem Sternenhimmel geborgen, das ist wohl für immer dahin!
Danke auch für die Empfehlung! Gruß Quoth

Antwort geändert am 24.11.2020 um 17:46 Uhr

 Willibald (25.11.20)
Welch schöner Zweifel!

greetse
ww
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