Robinsonade

Groteske zum Thema Absurdes

von  Jedermann

Dieser Text ist Teil der Serie  Die Pandemie des Absurden
Ich lese in Daniel Defoes Robinson Crusoe! Und ich bin so dankbar, ich brauche kein weiteres Buch. Vorbei ist die Qual der Wahl. Die Frage, welches Buch ich als Nächstes lesen sollte, stellt sich mir nicht mehr, denn ich habe meinen Robinson Crusoe wiederentdeckt! Das Buch gibt mir Kraft, denn auch ich lebe auf einer Insel. Ich bewundere die Aktivitäten des Robinson. Toll, wie er seine Behausung zur Festung ausbaut, überall vorsorglich sind die Musketen installiert und sollte sich jemand seinem trauten Heim nähern, dann kann der was erleben. Die Musketen werden schon ihre Arbeit erledigen. Ja, Robinson misstraut der Stille auf seiner Insel und das zurecht.
Auch ich habe ein gesundes Misstrauen entwickelt, denn man weiß ja nie mit Bestimmtheit, ob die Anderen auf ihren Inseln bleiben. Schon allein von der Nachbarinsel gegenüber kann Gefahr ausgehen. Ich sehe durch meinen Spion ein ständiges Kommen und Gehen. Die halten sich kein bisschen an die Regeln. Das ist mir aber egal, solange die nicht auf meine Insel kommen und mich anstecken. Oder sollte ich doch die Behörden informieren, schließlich können die ja auch andere anstecken? Nur gut, dass ich vor der schlimmen Krise die Tür verstärkt und ein weiteres Schloss eingebaut habe. Irgendwie habe ich es geahnt, das konnte doch nicht so weiter gehen mit dem ständigen larifari.
Die erste sinnvolle Aktivität mit Ausbruch der Pandemie bestand darin, meine Frau in den Zweitwohnsitz zu evakuieren. Es kostete mich einiges an Kraft ihr die Gefährlichkeit der Situation vor Augen zu führen, da sie eine Susi Sorglos ist. Aufgrund ihrer achtlosen Nachlässigkeit musste ich die Scheidung einreichen und mit behördlicher Unterstützung ihren Umzug in den Zweitwohnsitz durchsetzten.
Meine Versorgungslage ist gut, obwohl ich mich schon ein wenig ärgere, nicht auf die Prepper gehört zu haben. Aber ärgern hilft ja nichts. Immerhin, die Lieferungen kommen zum Termin und wenn der Lieferant gegangen ist, hole ich die Sachen auf meine Insel. Ja, ja, ich weiß schon was sie einwenden: Es gibt keine absolute Sicherheit! Das weiß ich doch selber und das macht mich auch etwas unsicher. Aber ich habe ausreichend Tests und FFP2 Masken vorrätig. Ist der Lieferant verschwunden, öffne ich vorsichtig die Tür. Mit Maske und Schutzhandschuhen bekleidet bringe ich die Pakete in meinen Dekontaminationsraum, wo ich sie äußerst gründlich desinfiziere. Dort verbleiben sie auch noch weitere 24 Stunden, damit das letzte Virus vernichtet ist und außerdem teste ich mich mehrmals. So kann ich dann die Leckereien am nächsten Tag genießen. Sie müssen schon zugeben: Das habe ich mir gut ausgedacht und umgesetzt, stimmt’s? Und der Beweis dafür, den kann ich Ihnen einfach erbringen. Ich habe mich bis zum heutigen Tag nicht angesteckt! Und so soll es bleiben, ob ich nun 2,8 oder 28 Jahre hier zubringen werde, mir geht es gut. Jetzt koche ich mir etwas Leckeres aus der Vortagslieferung.
Ich schätze es sehr, dass mir unsere Regierung solch ein gutes Leben ermöglicht. Nur das mit dem Impfen versteh ich nicht so recht. Es grenzt doch schon an Verantwortungslosigkeit mich aufzufordern mein sicheres Heim zu verlassen und damit einem hohen Infektionsrisiko auszusetzen. Aber vielleicht überdenken sie das noch einmal, schließlich haben sie bisher umsichtig geplant und fürsorglich gehandelt, und bieten bald die Heimimpfung an. Das wäre nicht schlecht. Dann könnte ich auch mal ein Videotreffen mit Bekannten machen, ohne mich gleich zu infizieren.

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Kommentare zu diesem Text


 IngeWrobel (05.05.21)
Bleib unbedingt wachsam – auch, was Deine Kommunikation hier betrifft. Computerviren sind hundsgemein und führen garantiert zur totalen Paranoia!
Garantiert virenfreier Gruß dank Mundschutz
von der Inge *hmpfh*

 Jedermann meinte dazu am 05.05.21:
Ich habe auch an diese Schwachstelle gedacht und mehrere Antivirenprogramme auf dem Computer installiert. So können die sich gegenseitig überwachen.
Danke für deine Empfehlung.

 AchterZwerg (06.05.21)
Witzig!
Und sei ganz unbesorgt: Auch bei KaVau infiziert man sich nicht. Jedenfalls nicht sofort ...

Liebe Grüße
der8.

 Jedermann antwortete darauf am 06.05.21:
KaVau klingt verdächtig gefährlich wie BooNana oder Beast. Ich werde gleich mal mein neustes Antivirusprogramm installieren.
Oder verbirgt sich hinter dem Kürzel etwa der ungefährliche kV? Danke für deine Empfehlung. Freut mich, wenn ich auch mal etwas Witziges produziert habe.
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