Die Kartoffel

Gleichnis zum Thema Feigheit

von  Terminator

Mark umschwärmte Aischa: "Ich bin seit der 8. Klasse in dich verknallt, du hast so schöne schwarze Augen wie Werthers Lotte, lass uns zusammen sein!" Aischa hielt sich in der 10. Klasse bis auf eine Klassenfahrt diskret zurück, bei welcher sie Mark vor ihrem großen Bruder Ali warnte. Sie stellte nüchtern fest: "Ich mag dich auch, aber wir können nicht zusammen sein". Nun, in der 11-ten, wo Aischa immer mehr über ihre Zukunft nachdachte, und natürlich lieber eine Zukunft in Freiheit als in einer Zwangsehe wollte, redete Mark jeden Tag auf sie ein: "Werde meine Freundin, komm, du lebst in einer freien Welt, du kannst tun und lassen, was du willst, sei eine emanzipierte Frau, weg mit dem Kopftuch, gehen wir aus, gehen wir in die Disco..." Natürlich wollte Aischa all das, und sie machte dies durch ihr Verhalten auch ihrem großen Bruder klar.


"Wir müssen aber mit Ali reden", sagte Aischa. "Klar, reden wir mit Ali", stimmte Mark zu, und sprach mit ihm, aber voller Arroganz und Ignoranz. Der Klassenlehrer von Mark und Aischa sagte vor der ganzen Klasse: "Ali ist ein Verbrecher. Es macht keinen Sinn, mit ihm zu reden, er wird sich eh kriminell verhalten". Aischa rief verzweifelt: "Lassen Sie bitte diese Hetze! Ich weiß, wie mein Bruder tickt. Er ist nicht in der freien Welt angekommen, er hat seinen kranken Stolz und seine toxisch-maskulinen Wertvorstellungen, aber wem hilft es, wenn wir den Teufel aus ihm machen?" Ali kochte vor Wut darüber, nicht verstanden zu werden. Er versprach Lee, bis zum Abiball still zu halten, und schlug einen Tag später Aischa zusammen. "Haha, er ist isoliert!" triumphierte der Klassenlehrer seiner Schwester. "Nun, Ali war der einzige aus dem Abiturjahrgang, der keine Partnerin für den Abiball hatte", stellte Mark schadenfroh fest.


Am nächsten Tag schlug er Aischa wieder zusammen. "Ich rede nicht mehr mit Ali", sagte Mark. Am dritten Tag nach dem Abiball kam Aischa mit einem Gipsarm in die Schule. "Ich gehe nie wieder in das Blumengeschäft von Alis Vater", schüttelte Mark mit dem Kopf. Doch auch Aischa schüttelte mit dem Kopf, und Mark fragte, was denn los sei. "Hallo!? Er schlägt mich jeden Tag zusammen. Es wäre nett, wenn du mir helfen würdest". Am vierten Tag hatte sie zwei blaue Augen und eine gebrochene Nase. Da Mark nicht helfen wollte, bat sie jeden, den sie in der Schule kannte, doch alles, was sie bekam, waren Telefonnummern von Psychologen, Geld für Schmerzmittel und Pfefferspray. Der Klassenlehrer hörte ihrem Flehen zu, aber verweigerte im Beisein Alis jede Hilfe. "Ali ist ein schlechter Mensch, ich rede nicht mehr mit ihm. Meine Sympathie ist auf deiner Seite, Aischa", sagte er. Als Aischa dies gegenüber Mark zynisch kommentierte, schrie er sie hysterisch an: "Ich ignoriere Ali, ich beschimpfe ihn, ich spreche dir jeden Tag Mut zu, ich habe dir sogar fünf Kühlbeutel in der Apotheke gekauft, was willst du denn noch!?"


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Kommentare zu diesem Text


 Thal (20.03.22, 01:38)
Ohje Najut, das liegt auf der Hand

 Thal meinte dazu am 20.03.22 um 02:12:
.. von welchem Ali mag hier bloß die Rede sein?🤨
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