Lux aeterna

Parabel zum Thema Weltanschauung

von  Regina

„So hast du also weder in der Bibel noch im Koran ein Fünkchen Wahrheit gefunden?“ fragte der alte Mann mit dem Turban, „die zehn Gebote haben dich genauso wenig beeindruckt wie das Hohelied der Liebe, abgesehen davon, dass du das kunstvoll in Verse gekleidete Regelwerk Mohameds für eine vollkommen unverbindliche Vorschriftensammlung hältst.“ „So ist es“, antwortete der Intellektuelle, “was in diesen Büchern steht, ist unbeweisbar.“ „Freilich sagen dir auch indische und andere asiatische Religionen nichts, und den Buddhismus hältst du für so etwas wie das unausgegorene Denkgebäude eines mittelmäßigen Abiturienten, nicht wahr?“ „Dem Taoismus kann ich ein klein wenig abgewinnen, sofern er sich mit meiner atheistischen Auffassung deckt“, ereiferte sich der Professor, „aber es gibt keinen einzigen naturwissenschaftlich haltbaren Hinweis für die Behauptung, es finde nach dem Tod ein Fortleben der Seele statt, das schließlich zur Reinkarnation führt.“ „Soso“, sinnierte der Guru weiter, “da brauchen wir ja mit Ägypten, dem alten Persien oder der babylonischen Kultur gar nicht anzufangen, und in Afrika gehen die Uhren ohnehin anders. Aber ich hätte da noch einige altamerikanische Ureinwohnerreligionen, die sich doch recht naturnah ausdrücken.“ „Ach, tu mir einen Gefallen und hör auf mit dem großen Manitou“, echauffierte sich der Gelehrte, “dieser Geist ist doch ebenso wenig real wie jedes englische Schlossgespenst. Es bleibt dabei, du kannst mir aus deinen sämtlichen Jahrtausenden nichts anbieten, was nicht auf Fantasie oder Spekulation beruht.“

Langsam strich sich der alte Guru über den Bart, in tiefe Meditation versinkend. „Dann“, sprach er, „stell dir einmal folgende Situation vor: Nehmen wir an, du hättest die Gelegenheit, eine.....nun, nennen wir es nicht Religion, sagen wir, eine Lehre für die nächsten Jahrtausende zu entwerfen, eine, die die Menschheit in jeder Hinsicht einen Schritt weiter nach vorne bringt, in puncto Lebensführung, Sitte, Moral, Aufrichtigkeit und selbstverständlich auch Umweltbewusstsein. Was wäre es, das du verkünden würdest?“




Anmerkung von Regina:

Die lateinische Überschrift bedeutet "Ewiges Licht".

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Kommentare zu diesem Text


 LotharAtzert (12.06.22, 08:56)
Gleiches Thema, nur ohne Atheist:
https://keinverlag.de/347075.text

 Regina meinte dazu am 12.06.22 um 09:03:
So ein Zufall.

 EkkehartMittelberg (12.06.22, 11:53)
Hallo Regina, die Frage des Guru muss immer wieder gestellt werden, wenn das Leben nicht sinnlos sein soll. Aber der Professor könnte den Guru in Verlegenheit bringen, wenn er brutal eine sophistische Position einnehmen würde, so wie es Gorgias in dem gleichnamigen Dialog mit Sokrates tut, der bekanntloch in der Aporie endet.

LG
Ekki

 Regina antwortete darauf am 12.06.22 um 12:54:
Ja, danke Ekki, ich warte gerade noch auf Professor Graeculus und seine Argumente.

 loslosch (12.06.22, 14:02)
tucholskys diagnose hier: https://de.wikisource.org/wiki/Gru%C3%9F_nach_vorn_(Tucholsky)

summary: "Aber das rufe ich dir noch nach: Besser seid Ihr auch nicht als wir und die vorigen. Aber keine Spur, aber gar keine –"

 Regina schrieb daraufhin am 12.06.22 um 15:12:
Den Zusammenhang mit meinem Text verstehe ich nicht.

 LotharAtzert äußerte darauf am 12.06.22 um 15:32:
Wenn meine Erinnerung nicht trügt, ist loslosch Waage, wie Putin übrigens. Die ertragen keine Disharmonie.
Das hilft jetzt auch nicht weiter.

 Regina ergänzte dazu am 12.06.22 um 19:33:
Put. mit Skorpionaszendent.

 LotharAtzert meinte dazu am 12.06.22 um 22:22:
Ah, wie Nietzsche. Der vorstellungsgebundene Übermensch.
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