Hinter dem Horizont

Erzählung zum Thema Weltanschauung

von  Regina

Viele hielten das Land hinter dem Horizont für eine Art Paradies, wo sie sich gerne niedergelassen hätten. Die Menschen dort fuhren glänzende Autos, sie feierten großartige Feste mit erlesenen Speisen und berauschenden Getränken und ihre Wohnstätten konnte man kaum als Häuser bezeichnen, eher schon als Paläste aus Alabaster und Marmor, wenn nicht gar Silber und Gold. In der Tat glaubten sie, dass es ihre wichtigste Lebensaufgabe sei, so viel materiellen Besitz wie möglich an sich zu ziehen und aufzuhäufen. Aus diesem Grund konnte man sie nicht unbedingt als anständige Geschäftsleute ansehen. Wenn sie sich Vorteile ergaunern konnten, indem sie andere übervorteilten oder ausnutzten, protzten sie mit den erhaschten Gütern. Statussymbole standen hoch in der Gunst. Bei den Frauen handelte es sich meistens um die elegantesten Kleidungsstücke, teures Parfüm, Schuhe und Accessoires, die Männer konkurrierten mehr um Fahrzeuge und Immobilien. Mitgefühl, Gerechtigkeitssinn, Freundschaft und Fairness blieben ihnen oft sogar innerhalb der eigenen Familie fremd. Auf seltsam sinnentleerte Weise ergingen sich die Frauen in gackernden Konversationen, denen jegliches Erkenntnisstreben und Tiefsinn fehlte, Männern mangelte es häufig an Fähigkeit und Lust, überhaupt mit den Mitmenschen Kontakt aufzunehmen. Überdruss und Langeweile gehörten in vielen Fällen schon zur Grundstimmung ihrer Lebenseinstellung in jungen Jahren. Drogenkonsum als Erlebnismobilisation führte ins Nichts. Aber Armut, welche anderswo oft das Leben so bitterlich erschwerte, kannten sie nicht. Hie und da stolperten sie dennoch manchmal über einen Partner, in den sie sich für kurze Zeit Stein und Bein verliebten. Aber in den meisten Fällen blieb das eine Episode, der sie für ihr Leben keine Bedeutung beimaßen. Einer, der in irgendeiner Weise dazu beitrug, ihren Reichtum zu vermehren, erschien als der geeignetere Lebensgefährte, was Vernunft genannt wurde. Sterben fiel ihnen schwer, weil sie sich auch im Alter noch fest an ihre Besitztümer klammerten. In Saus und Braus dahinlebend fehlte ihnen das Bemühen um geistigen Fortschritt.



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Kommentare zu diesem Text

Agnete (66)
(12.06.22, 10:59)
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 Regina meinte dazu am 12.06.22 um 11:22:
diesen Spruch vom Frohsein über das Alter haben meine Großmutter wie meine Mutter exakt genauso losgelassen. Gruß und Dank Regina
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