Gedanken zum Krieg, in Tinte getaucht

Text

von  Quoth

Im Krieg gezeugt und geboren, im Krieg gestorben – als Greis.

Kriege sind Unwetter, die aus Menschen brechen.

Die Hände klatschen zusammen, die Motte ist tot. Ich liebe meinen Troyer.

Sie wurde als Wickelkind an der Wäscheleine durchs brennende Haus in den Luftschutzkeller hinabgelassen. Das erzählt sie nicht ohne einen Anflug von Stolz.

Für uns war nächtlicher Luftalarm das Zeichen, dass wir zur Mutter ins Bett durften. Deshalb sehnten wir ihn herbei.

Aus Margarine, Zwiebeln, Äpfeln, Grieß, Wasser und Salz lässt sich ein Brotaufstrich herstellen, der echtes Schmalz in den Schatten stellt.

Den Krieg als Soldat überleben – nichts als Zufall? Bei Lehrer F. war auch ein Stückchen Schwejk dabei. Er sorgte dafür, dass er durch die Offiziersprüfung fiel und verlor deshalb nur den linken Arm. Von denen, die bestanden hatten, kehrte keiner zurück.

Der frisch eingezogene junge Beamte verschwand mit einem Luftsprung um die Ecke aus dem Leben seiner ihm nachblickenden schwangeren Frau.

Der Angreifer ist böse, der Verteidiger gut, daran gibt es nichts zu deuteln. Aber im Verlauf der Kampfhandlungen werden sie einander immer ähnlicher.

Der Präventivschlag wird nicht dadurch besser, dass der Alte Fritz ihn erfunden hat. Meist entlarvt er sich schnell als das, was er ist.

Im Schach sollte Schwarz anziehen.

Nichts geht so ruhmlos unter wie die Heldentaten der Verlierer.

Meinen Onkel rettete vorm rosa Winkel nur, dass die Wehrmacht ihn aufnahm. Sein Kampf für die Nazis war so absurd wie der von Sklaven für die Konföderierten im Amerikanischen Bürgerkrieg.

Chickamauga, Chattanooga – Schlachten, deren Namen seit meiner Wolfe-Lektüre nicht verblassen wollen.

Unter dem schützenden Dach von Hiroshima und Nagasaki finden weiterhin Kriege statt.

Eine Kerze auspusten ist leicht, einen Krieg beenden schwer. Oft beendet ihn nur das Herabbrennen der Kerze.

Wird der Wert des einzelnen Menschenlebens mit steigender Bevölkerungsdichte weniger geachtet? Dann müsste er in Russland sehr hoch bewertet werden.

Ohne Identität können wir nicht leben. Aber es ist schrecklich, wenn sie zur Waffe wird.

Für die Rüstungsindustrie unentbehrlich: der Krieg als Test ihrer Produkte. Jetzt weiß sie, dass der Gepard doch noch nicht schrottreif ist.

Der archimedische Punkt der Geschichtsbetrachtung: Von jenseits des Todes.

Leid gibt es auch ohne Krieg. Aber es wird durch ihn relativiert.

Was wäre die Literatur ohne Krieg und Gewalt? Ein Schatten ihrer selbst. Ohne Ilias, Nibelungenlied, Simplizissimus, Krieg und Frieden und Das Feuer könnte ich den Nichtkrieg gar nicht richtig genießen.

„Zwei Armeen, die einander bekämpfen, sind eine große Armee, die Selbstmord begeht.“ (Henri Barbusse)




Anmerkung von Quoth:

Zuletzt steckt in jedem Patriotismus der Krieg, und deshalb bin ich kein Patriot.
Jules Renard, 14. Juni 1899

Ich fühle es: Im Kriegsfall wäre ich Patriot.
Ders., 17. Juni 1905

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