Klar könnt ihr mich Barbie nennen. Barbie Mar ist auch in Ordnung.
Ich bin mit allen Wassern gewaschen, oft tief getaucht, wenn dicke Luft war, bin den Wasserwirbeln nicht entgangen, habe mich von Sogen herunterziehen lassen und bin aufgetaucht, wenn die Luft rein war. Jetzt bin ich gestrandet. Ich will nicht sagen gescheitert, das wäre doch zu wenig luftig.
Die eine Geschichte geht jetzt so:
Delphine, Ocean und ich liegen in einem kleinen Schwimmbecken vor unserem Strandhaus und genießen die Sonne, ein wenig. Otto bringt uns immer wieder feuchte Handtücher. Manchmal begießt er uns auch mit einer Gießkanne. Ich habe mich an einen sanften Umgang mit Wasser gewöhnt. Ich möchte das nicht. Die Kinder können von den Spritz- und Schwallorgien jedoch nicht genug bekommen. Wenn es in Kübeln gießt, stellen sie sich vor die Tür. Otto steht dann diskret mit einem Regenschirm daneben. Er achtet auf sie, macht aber nicht mit. Er ist nicht wie sie. Otto. Sein Name spiegelt sich an einer unsichtbaren Linie. OT|TO. Ich rufe ihn TO. Wie TO ME, TO THE SEA, TO US. Er ist geduldig und folgt mir. In allem. Nur nicht in tiefes Wasser.
Ich lernte TO kennen, als ich einer Schiffsschraube entgehen wollte. Ich zählte es zu meinen Aufgaben, Schiffe zu manipulieren und freute mich daran, wenn die Besatzung sich abschleppen lassen musste. Zu Todesfällen kam es nie. An dem Tag war es wie vernixt.
Ich drehte gerade an der Schraube, die meine hundertste werden sollte, als ein elektrischer Schlag mich traf. Bisher konnte mir diese Schläge nichts anhaben, sie ließen nur meine Schuppen stärker aufleuchten, was mir auch gefiel, als noch eine weiterer stärkerer Stromschlag mich traf und dann ein Pfeil aus der Mitte der Schiffsschraube in mich eindrang. Ich pendelte zur Seite und bekam einen meiner Schwindelanfälle. Der Auftrieb gelang mir nicht. Als ich aufwachte, befand ich mich in einem Fischernetz mit Fischen jeder Art, auch Tintenfische waren darunter. Ich konnte ihnen nicht helfen. Noch während sie mich, in ihrem eigenen Todeskampf gefangen, retten wollten, als Anführerin ihres Schwarms, verging ihnen der Atem. Sie ruckten und zuckten, einige starben, die anderen lagen wie leblos da, zuckten aber noch mit den Augen. Ich entdeckte Panta Rhei, den Riesenkraken. Er umschlang mich und drückte mit seinen zahlreichen Armen fest auf meinen Brustkorb. Ich fühlte mich sicher unter den Blicken seiner vielen Augen und umschlungen von seinen Armen. Ich fühlte mich: zuhause. Das Fangnetz, in dem wir uns befanden, wurde plötzlich ruckartig nach oben gezogen. Irgendwann klatschte es auf einen Schiffsboden. Das Netz wurde zerschnitten, der Inhalt auf den Boden geschüttet. Panta Rhei umschlang mit seinen Armen den nächstbesten Matrosen und hätte ihn wohl erwürgt, wenn ich nicht ein gellendes Signal zum Rückzug gegeben hätte. Panta Rhei lieferte sich einen dramatischen Kampf mit dem Mann, schließlich schleuderte er ihn zur Seite gegen eine Schiffswand und steuerte mit seinen Armen auf die Brüstung zu. Woher er die Kraft nahm, kann ich nur erahnen. Er schaffte es, ins Wasser zu gelangen, und ich hoffte, dass er Hilfe holte.
