LEBENSFADEN
Was ist das Gesetz des Lebens,
wenn man unbedingt ein solches Gesetz
sehen will ?
Die Abbildung der Mannigfaltigkeit
in einer mathematisch eindimensionalen
Aufzählung all dessen ,
was in Raum und Zeit geschehen ist ?
Aufgereiht auf einem temporären Faden,
dem Faden der Erzählung
aus dem für den naiven Menschen
der Lebensfaden besteht ?
und dann … und dann
… und dann …… und dann …
So wie im Roman schaffen
zeitliche Präpositionen wie
als ... dann ... ehe ... nun ...
… nachdem Ordnung
Und wo Ordnung ist ,
stellt sich Behaglichkeit ein
( Schon Kinderfrauen beruhigen so
Kleinkinder mit dieser Erzählmethode :
Es war einmal … und wenn sie nicht
gestorben sind, dann leben sie noch
heute )
und der Mensch fühlt sich temporär
und sinnig ins Chaos eingebettet,
denn er liebt das ordentliche Nachein-
ander von Tatsachen
als naturgegebene Notwendigkeit
die klärend , stabilisierend und
begreifbar wirkt
Durch die irrige Vorstellung,
daß das Leben „ einen Lauf hat “
nämlich den Lebenslauf
fühlt man sich nicht dem Chaos
ausgesetzt
sondern im Malstrom
des Lebens - Chaos
geborgen wie auf einer Insel
umso mehr , wenn man gläubig ist,
und nach dem Leben und dem Tod
dieser Lauf weitergeht bis zum
paradiesischen Happy End
Die Vorstellung
das Leben sei eine
unendlich verwobene
ausgefranste Fläche
aus wirrem Garn
mit zufällig eingeschossenen
Kett - und Schußfäden
ohne daß diese Fäden
eine sinnvolle und funktionale
Bindung oder ein Muster ergeben,
das wäre für die meisten Menschen
niederschmetternd
und ließe sie am Leben verzweifeln
Ps
In Anlehnung an Robert Musil
LEBENSFADEN in
DER MANN
OHNE EIGENSCHAFTEN