Versuch über die Hände meiner Geliebten
Gedanke
von nadir
Kommentare zu diesem Text
Hände strahlen Geistigkeit aus? Das kann gut sein, auch wenn ich bisher in diesem Zusammenhang nur an Gesichter gedacht habe.
Aber das
hat was für sich.
Gut geschrieben, übrigens.
Aber das
Die Zartheit ihrer Berührung war - alle Geheimnisse entspringen einer gewissen und ursprünglichen Gehemmtheit- eine poetische Hemmung vor dem Objekt, so, als gehörte ihr Tastsinn der Welt der Ideen an und hinge nicht an dem bisschen Stoff, aus dem unsere Körper gebildet sind.
Gut geschrieben, übrigens.
Danke dir, Graeculus.
Nun, es war meine Wahrnehmung, vielleicht mag das nur auf meine Wahrnehmung zutreffen, ich weiß es nicht.
Hände strahlen Geistigkeit aus?
Nun, es war meine Wahrnehmung, vielleicht mag das nur auf meine Wahrnehmung zutreffen, ich weiß es nicht.
Sehr gut geschrieben. Gern gelesen. LG
Danke.
Lg
Patrick
Lg
Patrick
Vielleicht wird, nach dem bisher eingängigen Lob, momentweise auch sein Gegenteil verkraftet: Nach meinem Eindruck ist dieser Text durchaus nicht "(sehr) gut geschrieben", stattdessen beinahe furchtbar. 'Beinahe', weil wohl freilich das Grammatische, Orthographische etc. so ungefähr mit den Vorschlägen des Duden korreliert.
Was man von deinen Gedichten auch sagen wollte, und wenn es das Grimmigste & Scheußlichste wär, und ob man das eine für gelungener hielte als das andere, ob man meinte: auf 1 wahrhaft besonderes folgten zu viele läppische (ein Umstand, immerhin, der sich teilen ließe mit den herausragendsten Dichter:innen), das eine könnte man ihnen nicht ernstlich absprechen: dass in ihnen etwas Originäres versucht wird; dass in oder mit ihnen nach einem Ausdruck gefahndet wird, in dem das Ungewöhnliche als das Notwendige erscheint - das ist, in meinen Augen, sehr viel - es kann den lesenden Blick, wenn er sich zum erkennenden erhebt, reinigen vom Staub des Gewöhnlichen - und wenn sich die Gedichte auch auf Tradiertes beziehen, so ahmen sie nicht nach, sie setzen sich zu ihm eigenständig ins Verhältnis, sie korrespondieren mit ihm.
Und das Furchtbare, an der Prosa - wofür der obige Text pars pro toto von mir genommen wird, da mir keiner deiner Prosa-Texte wesentlich davon abzuweichen scheint -, ist nach meinem Eindruck, dass der Versuch, der in den Gedichten gewagt wird, hier nicht nur unterlassen, sondern ungeniert verneint wird.
Hier, in der Prosa, wird nur nachgeahmt - Stil sowohl wie Haltung. Sämtliche Mittel - Hypotaxe, Enumeration etc. - sind in ihrer Manier Nachahmungen von Althergebrachtem. Aber nicht nur die Rhetorik ist übernommen, auch der Blick, die Perspektive, die Art der Objektifizierung. Es ist eine unreflektierte, unübersetzte Feier des Überkommenen. Nichts ist eigen, kein einziger Textimpuls.
8x, sofern ich mich nicht verzählt habe, kommen die Pronomen "ich" & "meine/r" vor - fast dreieinhalb Prozent, sofern ich mich nicht verrechnet habe; gar nicht so wenig für einen Text - aber was als Letztes erkennbar wird in diesem Text, ist ein aufrichtiges, wahrhaftiges Ich. Die angedeutete Hypotaxe täuscht ein Tasten vor, woraus sich ein Erkennen ergäbe - aber hier wird nicht getastet, nicht errungen, der Text ist allein eine Beteuerung nach einem gleichfalls überkommenen Schema, wonach sich die vorgegebene Erkenntnis nach einer bereits feststehenden und binaristisch disponierten Separation ergibt - im Grunde, wenn man so will, eine scheinpoetische petitio principii.
Nun ist nicht "überkommen" - und wird es wohl nie sein -, etwas oder jemanden als 'besonders' zu markieren, etwas oder jemanden ins Spotlight des Beispiellosen hineinzujapsen; der liebende Blick, wenn er nicht geistlose Schwärmerei oder erotische Spontaneität ist, nicht als ver- sondern erkennenden des Wirklichen.
Überkommen ist gleichwohl die literarische Mechanik, ich will sagen: die Instrumentalisierung dieses 'Blicks' - und zwar im Dienste der (männlichen) Idee von der Idee (des Weiblichen). Dies ist, im hohen akademischen Ton gesprochen, vollendete Scheiße. Denn was bewirkt werden will, wird gerade verhindert: die Subjektifizierung der so oder anders genannten 'Einen'. Denn die Singularisierung kommt hier nicht aus dem Subjekt, sondern aus der Ideenwelt des Taxators. So indes regrediert das vermeintliche Subjekt zu einem paradigmatischen, das gleich gut durch ein beliebiges anderes ersetzt werden kann.
Nun existieren Dinge - im dingweltlichen Sinne gleichso wie im metaphysischen -, deren Identität weder in den letzten zwei Tagen noch in den letzten zwei Jahrhunderten einer wesentlichen Wandlung unterlegen waren. Freilich ist ihre Evidenz hierfür eine notwendige Bedingung. Dies kann aber von der je soziopolitisch konditionierten Perspektive, mit oder aus der wir (für gewöhnlich) auf Dinge sehen, gerade nicht gesagt werden. Perspektiven, wie auch Begriffe - und wie auch Poetiken! -, sind den Formungen der Zeitläufte unterlegen. Ich glaube, Celan hat in verwandtem Sinne einmal vom "Durch-die-Zeit-Gegangensein" gesprochen.
Und das heißt, in der Konsequenz, nicht nur eine literarisch notwendige Überarbeitung des Davor, es heißt unbedingt auch eine in Inangriffnahme des Danach. Um noch einmal ein Celan'sches Wort aufzugreifen: Dichtung muss, sofern sie eine aus sich heraus aufrichtige sein will, die "Atemwende" anstreben. Und wie unzweifelhaft kann man es deinen Gedichten ansehen! Und wie dichtungsverneinend wird das poetische 'Sein-zur-Atemwende' in deiner Prosa ausgeschlagen!
Klar, es ist leicht, eines am andern - das Schlechte am Guten - scheitern zu lassen. Warum erst deine Prosa an deiner Lyrik abgleichen? Sind's doch, scheint es, zwei verschiedene Weisen. Aber wohl doch Weisen derselben Ambition? Nicht nach der Güte, der Qualität des Verfassten - aber doch nach der Unbedingtheit, der Originarität des Ausdrucks? Und in diesem Sinne halte ich es nicht nur für vertretbar, auch für notwendig, deine Lyrik als Maßstab für deine Prosa zu nehmen. Und weil nun erstere etwas Exzeptionelles aufweist, enttäuscht letztere so bodenlos, dass wenigstens ich es für "furchtbar" halte, mit welcher frappanten Uneigenständigkeit dieselbe praktiziert wird.
Was man von deinen Gedichten auch sagen wollte, und wenn es das Grimmigste & Scheußlichste wär, und ob man das eine für gelungener hielte als das andere, ob man meinte: auf 1 wahrhaft besonderes folgten zu viele läppische (ein Umstand, immerhin, der sich teilen ließe mit den herausragendsten Dichter:innen), das eine könnte man ihnen nicht ernstlich absprechen: dass in ihnen etwas Originäres versucht wird; dass in oder mit ihnen nach einem Ausdruck gefahndet wird, in dem das Ungewöhnliche als das Notwendige erscheint - das ist, in meinen Augen, sehr viel - es kann den lesenden Blick, wenn er sich zum erkennenden erhebt, reinigen vom Staub des Gewöhnlichen - und wenn sich die Gedichte auch auf Tradiertes beziehen, so ahmen sie nicht nach, sie setzen sich zu ihm eigenständig ins Verhältnis, sie korrespondieren mit ihm.
Und das Furchtbare, an der Prosa - wofür der obige Text pars pro toto von mir genommen wird, da mir keiner deiner Prosa-Texte wesentlich davon abzuweichen scheint -, ist nach meinem Eindruck, dass der Versuch, der in den Gedichten gewagt wird, hier nicht nur unterlassen, sondern ungeniert verneint wird.
Hier, in der Prosa, wird nur nachgeahmt - Stil sowohl wie Haltung. Sämtliche Mittel - Hypotaxe, Enumeration etc. - sind in ihrer Manier Nachahmungen von Althergebrachtem. Aber nicht nur die Rhetorik ist übernommen, auch der Blick, die Perspektive, die Art der Objektifizierung. Es ist eine unreflektierte, unübersetzte Feier des Überkommenen. Nichts ist eigen, kein einziger Textimpuls.
8x, sofern ich mich nicht verzählt habe, kommen die Pronomen "ich" & "meine/r" vor - fast dreieinhalb Prozent, sofern ich mich nicht verrechnet habe; gar nicht so wenig für einen Text - aber was als Letztes erkennbar wird in diesem Text, ist ein aufrichtiges, wahrhaftiges Ich. Die angedeutete Hypotaxe täuscht ein Tasten vor, woraus sich ein Erkennen ergäbe - aber hier wird nicht getastet, nicht errungen, der Text ist allein eine Beteuerung nach einem gleichfalls überkommenen Schema, wonach sich die vorgegebene Erkenntnis nach einer bereits feststehenden und binaristisch disponierten Separation ergibt - im Grunde, wenn man so will, eine scheinpoetische petitio principii.
Nun ist nicht "überkommen" - und wird es wohl nie sein -, etwas oder jemanden als 'besonders' zu markieren, etwas oder jemanden ins Spotlight des Beispiellosen hineinzujapsen; der liebende Blick, wenn er nicht geistlose Schwärmerei oder erotische Spontaneität ist, nicht als ver- sondern erkennenden des Wirklichen.
Überkommen ist gleichwohl die literarische Mechanik, ich will sagen: die Instrumentalisierung dieses 'Blicks' - und zwar im Dienste der (männlichen) Idee von der Idee (des Weiblichen). Dies ist, im hohen akademischen Ton gesprochen, vollendete Scheiße. Denn was bewirkt werden will, wird gerade verhindert: die Subjektifizierung der so oder anders genannten 'Einen'. Denn die Singularisierung kommt hier nicht aus dem Subjekt, sondern aus der Ideenwelt des Taxators. So indes regrediert das vermeintliche Subjekt zu einem paradigmatischen, das gleich gut durch ein beliebiges anderes ersetzt werden kann.
Nun existieren Dinge - im dingweltlichen Sinne gleichso wie im metaphysischen -, deren Identität weder in den letzten zwei Tagen noch in den letzten zwei Jahrhunderten einer wesentlichen Wandlung unterlegen waren. Freilich ist ihre Evidenz hierfür eine notwendige Bedingung. Dies kann aber von der je soziopolitisch konditionierten Perspektive, mit oder aus der wir (für gewöhnlich) auf Dinge sehen, gerade nicht gesagt werden. Perspektiven, wie auch Begriffe - und wie auch Poetiken! -, sind den Formungen der Zeitläufte unterlegen. Ich glaube, Celan hat in verwandtem Sinne einmal vom "Durch-die-Zeit-Gegangensein" gesprochen.
Und das heißt, in der Konsequenz, nicht nur eine literarisch notwendige Überarbeitung des Davor, es heißt unbedingt auch eine in Inangriffnahme des Danach. Um noch einmal ein Celan'sches Wort aufzugreifen: Dichtung muss, sofern sie eine aus sich heraus aufrichtige sein will, die "Atemwende" anstreben. Und wie unzweifelhaft kann man es deinen Gedichten ansehen! Und wie dichtungsverneinend wird das poetische 'Sein-zur-Atemwende' in deiner Prosa ausgeschlagen!
Klar, es ist leicht, eines am andern - das Schlechte am Guten - scheitern zu lassen. Warum erst deine Prosa an deiner Lyrik abgleichen? Sind's doch, scheint es, zwei verschiedene Weisen. Aber wohl doch Weisen derselben Ambition? Nicht nach der Güte, der Qualität des Verfassten - aber doch nach der Unbedingtheit, der Originarität des Ausdrucks? Und in diesem Sinne halte ich es nicht nur für vertretbar, auch für notwendig, deine Lyrik als Maßstab für deine Prosa zu nehmen. Und weil nun erstere etwas Exzeptionelles aufweist, enttäuscht letztere so bodenlos, dass wenigstens ich es für "furchtbar" halte, mit welcher frappanten Uneigenständigkeit dieselbe praktiziert wird.
Kommentar geändert am 25.06.2024 um 04:19 Uhr
Und wie würde dir diese abgewandelte, reduzierte Version gefallen?
Ich liebte die Bewegung ihrer zarten Hände, die so ruhig aus einem tiefen Körper kamen, und ich liebe noch heute ihre goldbraunen Augen, auch wenn sie, sanft geöffnet über dem Nichts, mit jener Dunkelheit zusammenfallen, die Ursprung und Ziel all unserer Sehnsüchte ist. Sie (und nur sie) war meine Morgenröte und mein Lichtblick inmitten eines von Melancholie überschatteten Lebens. Das Faszinierende an ihren Bewegungen war, dass sie eine Spiritualität ausstrahlten, wie ein leichter, reicher Gedanke, aber es war keine wirkliche Philosophie, nur die Ahnung von etwas Tieferem. Seitdem betrachte ich die Hände der Menschen. Viele erscheinen mir grob, wie ein unbedachter Fehler des Fleisches. Ich habe viele Hände gesehen, müde, welke, grobe, Schweinehälftenhände, Stacheldrahthände, Hände, die zu sehr im Zeigen verwurzelt waren, aber keine wie ihre. Die Zartheit ihrer Berührung war - alle Geheimnisse entspringen einer gewissen Urhemmung - eine poetische Hemmung vor dem Objekt, als gehöre ihr Tastsinn zur Welt der Ideen und nicht zu dem bisschen Stoff, aus dem unsere Körper gemacht sind.
Ich liebte die Bewegung ihrer zarten Hände, die so ruhig aus einem tiefen Körper kamen, und ich liebe noch heute ihre goldbraunen Augen, auch wenn sie, sanft geöffnet über dem Nichts, mit jener Dunkelheit zusammenfallen, die Ursprung und Ziel all unserer Sehnsüchte ist. Sie (und nur sie) war meine Morgenröte und mein Lichtblick inmitten eines von Melancholie überschatteten Lebens. Das Faszinierende an ihren Bewegungen war, dass sie eine Spiritualität ausstrahlten, wie ein leichter, reicher Gedanke, aber es war keine wirkliche Philosophie, nur die Ahnung von etwas Tieferem. Seitdem betrachte ich die Hände der Menschen. Viele erscheinen mir grob, wie ein unbedachter Fehler des Fleisches. Ich habe viele Hände gesehen, müde, welke, grobe, Schweinehälftenhände, Stacheldrahthände, Hände, die zu sehr im Zeigen verwurzelt waren, aber keine wie ihre. Die Zartheit ihrer Berührung war - alle Geheimnisse entspringen einer gewissen Urhemmung - eine poetische Hemmung vor dem Objekt, als gehöre ihr Tastsinn zur Welt der Ideen und nicht zu dem bisschen Stoff, aus dem unsere Körper gemacht sind.
Nadir, bitte sei mir nicht böse, meine auf 11rehe geschriebene Version Deines Werkes dient ausschließlich einem literarischen Experiment - erstens, ob ich 11rehe richtig verstanden habe, und zweitens, wie sich die Regeln der Literatur, wie ich sie mir selbst gegeben habe, auf Dein Werk anwenden lassen.
Deine Arbeit hat mich fasziniert. Ich habe sie sehr genossen.
Deine Arbeit hat mich fasziniert. Ich habe sie sehr genossen.