Wir sind Geheimnis

Prosagedicht

von  Redux

Legt man alles beiseite, ist doch alles unerklärlich.

Gott hat uns den Pass und das Sendschreiben für unsere Herzen

mit durch alle Tage gegeben. Auch ohne Pass lässt es sich leben.

Unter der mächtigen Schicht der Gewohnheit

schlägt aber noch immer wie wild ein wüstes Herz am Unerklärlichen

und versucht Einlaß zu bekommen.


Als Kind habe ich ganz ganz feste versucht mir das Nichts vorzustellen.

Keine Erde, keine Luft, kein Himmel, kein Mond, kein Ich,

Keine Mama, kein Kinderwagen, keine Waschmaschine, kein Auto,

kein Schwesterchen, kein Schokoriegel, kein Heuschober, kein Küchenherd,

keine Wachsmalstifte, kein Weltall, kein Punkt, kein Pünktchen,

kein Davor und kein Danach und kein Jetzt, kein Raum, einfach


Nichts.


Und für den Hauch, den Bruchteil eines Augenblicks glaubte man

es sich vorstellen zu können, dieses Nichts, nach leichtem Schwindel aber

öffnete man die Augen, blinzelte in die Sonne, lief rüber zur Schaukel

und schwang sich in eine Welt mit Hochzeiten, Begegnungen, Gesetzen

und Gebeten, Gewittern und Sommernächten, einer Welt,

in der nichts fehlte außer dem Verstehen.




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Kommentare zu diesem Text


 AchterZwerg (03.05.24, 17:23)
"Man holt sich beim Versuch selbst zu denken, oft blaue Flecken", würde Kant wohl sagen. 8-)

Kommentar geändert am 03.05.2024 um 17:24 Uhr

 Redux meinte dazu am 04.05.24 um 07:41:
Lieber Zwerg, die Einschätzung dazu passt hervorragend...danke
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