Eins zu eins

Prosagedicht

von  Redux

Als kleiner Junge auf blank geputzter Bahn namens Leben

und schöner Aufgeräumtheit:

der Himmel, die Erde, die Hölle,

der liebe Gott…und immer war er lieb…

…die Menschen…

und immer waren es die guten und die bösen Menschen…

der Teufel…

…und immer war er böse…

war ich mit ihm, dem ich regelmäßig das Vaterunser

und meinem Schutzengel das Schutzgebet entbot,

im Reinen auf blank geputzter Lebensbahn,

mit Eltern und Großeltern und Priestern und Lehrern

und daneben Terroristen, Mörder, Verbrecher und Heiden,

ich lernte Lesen und Schreiben, Schnürsenkel binden und Älterwerden

und war mit ihm im Reinen, sozusagen auf dem Weg zum Sieg,

bis ich immer noch älter wurde und immer noch älter,

die blank geputzte Lebensbahn erlitt Risse

durch Mörder, die auch gute Menschen waren,

durch Priester, die morden konnten

und durch Himmel und Hölle, die nirgends zu sein schienen,

bis dass ich im unreinen mit ihm und den Engeln und der Erde

und selbst mit allen Schnürsenkeln dieses verfickten Seins war,

der Weg zum Sieg führte in einen Nebel aus Jahren

in ein bestenfalls schmeichelhaftes verdorrendes Unentschieden

es stand eins zu eins zwischen ihm und mir

es steht eins zu eins zwischen uns zweien,

die Partie geht weiter trotz Nebel und fehlendem Flutlicht

und der Ungewissheit, ob Sieg oder Niederlage oder Remis

die Sicht frei gibt, die ich zum Atmen brauche.

 



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Kommentare zu diesem Text


 Saira (18.08.23, 17:56)
Hallo Herbert,
 
wir werden geboren, denken an nichts Böses. Dann werden mit dem Gutem und dem Bösem konfrontiert. Sind wir gläubig, begleitet uns Gott, schützt uns vielleicht ein Schutzengel. Wir erleben, dass das Leben nicht nur krass sondern auch grausam sein kann. Wenn es Gott gibt, warum geschieht das Böse, ausgerechnet der Priester soll Kinder vergewaltigt haben?
 
Gefühle wie Zweifel, sogar Verzweiflung kommen auf. Wir lernen, dass jeder Mensch, auch der der Gutes tut, das Böse in sich trägt und wir erleben, dass es Menschen gibt, die es nicht nur in sich tragen sondern auch ausleben.
 
Dein Gedicht geht weiter, meine ich herauszulesen. Ist es die Frage nach dem Sinn des Lebens oder des Glaubens oder nach beidem? 

die Partie geht weiter trotz Nebel und fehlendem Flutlicht
und der Ungewissheit, ob Sieg oder Niederlage oder Remis
die Sicht frei gibt, die ich zum Atmen brauche.
 
Nach dem Lesen deines Gedichtes war ich auf jeden Fall atemlos.
 
Liebe Grüße
Sigrun

 Redux meinte dazu am 18.08.23 um 19:00:
Dein ausführlicher Kommentar gibt genau das wieder, was ich denke und was ich auch mit dem Text ausdrücken wollte.
Es läuft alles nach dem Sinn des Ganzen hinaus. Und nach dem Weg dahin, der sich immer wieder verliert, nicht zu erkennen ist, sich verzweigt und schwer zu gehen ist.
Danke...
Liebe Grüße Sigrun...

 AchterZwerg (19.08.23, 07:04)
Ein Remis wäre sicherlich die eleganteste Lösung. 8-)
Wer möchte sich schon der Gefahr einer finalen Niederlage aussetzen?

Auf spezifische Weise kämpft jeder mit einem Gott, der viele Namen trägt. Und mit dessen Schatten, der Projektion.

Herzliche Grüße
der8.

 Redux antwortete darauf am 19.08.23 um 16:21:
Ein Remis lingt gut.
Und du hast ja so recht: Jede(r) kämpft mit seinem eigenen Gott.
Danke liebe Achte
Agnete (66)
(23.08.23, 18:52)
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