COGITO ERGO SUM ?
Gedicht zum Thema Buch/ Lesen
von hermann8332
COGITO
ERGO
SUM ?
Ich lebte nur nebenbei
als ob ich nicht geboren
oder schon gestorben sei
Gezeugt wurde ich
aus Verseh`n
Zum Verhüten
war man zu bequem
Ich bin ein
Zufallsprodukt
Wurde vom Fatum
ausgespuckt
ohne daß irgendwer
mich wollte
und daß ich existieren
sollte ...
Als ich dann aufhörte
zu leben
war`s so als sei ich
nie gewesen
Spurlos verschwand ich
wie ich kam
Niemand von mir
Notiz je nahm
Mitunter
bilde ich mir ein
es gibt für mich
gar kein Dasein
Ich sei nur
virtuell vorhanden
es gäbe mich
nur als Fiktion
jeder Wirklichkeit
zum Hohn
als eine
Quantenfluktuation
in einem poetischen Gehirn
das webt fleißig am krausen Zwirn
erdichteter Personen
die nie die Welt
bewohnen
War ich
weil ich dachte ?
Bin ich
weil ich denke ?
Werde ich sein
falls ich mir weiterhin
solche ipsistischen Gedanken mache
von purer Selbstbezogenheit
gedacht in tiefster Einsamkeit ?
Wäre es nicht besser
wenn icn mir solche Gedanken
schenke
und mich nicht philosophisch
existentiell verrenke ?
Selbst auf die Gefahr hin
mich zu annullieren
und zu liquidieren
Doch wenn mich hat erdacht
eine fremde Macht
mit ihrer I oder KI
- etwas gewisses
weiß man nie --
mich erfand als Idee
als ein Narrativ
als Phantasmagorie
gleich einem Avatar
dessen Original
nie vorhanden war
so wie eine Romanfigur
die denkt auf Papierseiten nur :
dann stimmt nicht
die Sentenz
COGITO ERGO SUM
und ist ein falsches
Motto
weil es nicht ich bin
der da denkt
sondern irgendein Autor
der meine Gedanken lenkt
Und so scheint es
auch zu sein
da ich weiter denke
obwohl ich schon gestorben bin
am Ende der Geschichte
und nicht mehr lebe heute
wie brave Märchen-Leute
Vielleicht
hat man mich ausgedacht
in einer unheilvollen Nacht
durch einen
Horror-Story.- Writer
der an Insomnia litt
und mich als Dr Frankenstein
stückweise vernähte
zum Ganzkörperplantat
von der grauenvollsten Art
und ich bin nur
ein Monstrum
als Ausgeburt der Phantasie
und ich bin sonst nichts weiter ,
denn ich lebte nie
und wenn
so nur als Zombie
Und klappt jemand das Buch
dann zu
dann finde ich als Untoter
endlich meine Ruh
und mache mir
nicht mehr Gedanken
darüber, ob ich bin
vorhanden
wenn man mich abstellt
auf einem Nebengeleis
in einen Bücherschrank
oder ein Regal
wer weiß …
Weil ich mich selbst
nicht lesen kann
fing ich so defätistisch an
über mich zu denken
und kam zu einem Trugschluß
den ich revidieren muß
Ich bin nun auf der letzten Seite
Der Leser und ich,
wir beide,
sind am Schluß angelangt
dem Ende der Geschichte
am letzten Blatt Papier
an der letzten Zeile
Die leere weiße Tabula Rasa
liegt drohend vor mir
Das Nihil , das Nirwana
Zu Ende ist das Drama
Und ich bedaure mein Geschick
und beweine mein Unglück
Wenn ich zurück blättern könnte
was ich wohl alles fände ?
Mich als Held , als Protagonist
in einem märchenhaften Dasein
voller Abwechslung, Abenteuern,
Lustbarkeiten ?
die den Erzählstrang begleiten
und Erlebnissen wunderbaren
trotz der Risiken und Gefahren
Ein erfülltes Leben
ein pralles Dasein eben …?
wie es nie sein kann:
in einer echten Raumzeit
in der realen Wirklichkeit
Dessen eingedenk
empfinde ich last not least
meine Virtualität
dennoch als göttliches
Geschenk
Ich werde auferstehen
und leben,
denn es wird immer
jemand geben
der das Buch nimmt
es aufschlägt
und von vorn
beginnt
zu lesen
So daß ich erfahre
wer ich wirklich war
bis zur letzten Seite
vor der Tabula Rasa
wo ich dann verbleibe
während er das Buch
zumacht
und der Schlaf
kommt in der Nacht
Ich und der Leser
- mein deus ex machina -
werden viel erleben
und miteinander reden
Bevor man mich ablegt
und nun alles still steht
und sich kein Gedanke
mehr regt
und man mich dann
am nächsten Tag
nachdem ich
die restliche Nacht
auf dem Nachttischkästchen
lag
zurückstellt
als ein Buch
in seine öde
und spröde
verstaubte
Bücherregalwelt
Und mein Leser,
schlummert er selig und süß
wie im Traumparadies ?
Ich bin ein Buch:
auf mir lastet kein Fluch
auch nicht als Schauerroman
a la Shelly
Doch der Schlaf
kann Ungeheuer gebären
im Traum
oder als Schlaf der Vernunft
wie es Goya so treffend sagt
El sueño de la razón
produce monstruos
und uns, den Bildbetrachter,
mit seiner SCHWARZEN SERIE
plagt ...
… den Monstrositäten
die uns im Traume quälen
schlimmer als jedes Buch
selbst nicht:
„ Frankensteins Fluch “