Rat an einen Autor

Erörterung zum Thema Buch/ Lesen

von  loslosch

Delectando pariterque monendo (Horaz, 65 v. Chr. bis 8 v. Chr.; Ars poetica - Epistulae ad Pisones). Durch Erfreuen und Rat erteilen gleichermaßen. Oder: Durch Freude und Instruktion gleichermaßen.

Horaz empfiehlt eine gesunde Mischung aus Sachbuch und Belletristik und trifft damit zugleich den Nerv der Moderne. Dokumentiert ist hier eine annähernde Konstanz der menschlichen Psyche innerhalb einer Periode von mehr als 2000 Jahren. Der Einfluss heutiger Produktionsverfahren (Drucktechnik) und die Flut an Publikationen ließen diesen alten Gedanken nicht obsolet werden. Mit dem bekannteren Spruch hat Horaz die Thematik variiert: Aut prodesse volunt aut delectare poetae (ebenfalls aus der Ars poetica). Die Dichter wollen entweder nützen oder unterhalten. Im Kontext ist gemeint: nützen wie auch unterhalten. Was ursprünglich auf die Propagierung der Fabeldichtung zielte (wer liest eigentlich noch Fabeln?) und aus heutiger Sicht wie eine Beschränkung auf Kinder- und Jugendliteratur wirkt, erfährt in der Eingangssentenz eine kluge, modern klingende Erweiterung.

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Kommentare zu diesem Text

Graeculus (69)
(01.10.14)
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 loslosch meinte dazu am 01.10.14:
ich hoffe, uli (bergmann) wird dir die frage beantworten.
Graeculus (69) antwortete darauf am 01.10.14:
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 loslosch schrieb daraufhin am 01.10.14:
Die ursprüngliche Antwort wurde am 01.10.2014 von loslosch wieder zurückgenommen.

 Bergmann (01.10.14)
Auch die Unterhaltung selbst kann schon nützlich sein. Und wenn der Nutzen auch noch unterhaltsam ist, umso besser. Brecht hat das angestrebt für sein 'lukullisches' Theater ... aber genützt hat es wenig
Dies ist mein erster Kommentar seit 5 Wochen. ttU

 loslosch äußerte darauf am 01.10.14:
welcome back, uli. am 29.9.14 warst du kv-online.

brecht konnte einiges an latein. er hat bei den alten abgekupfert, bes. bei plautus. er war ein cleverle, ließ sich aber in den 1920er jahren beim plagiieren erwischen, u.a. von kerr.

ps: magst/ kannst du die frage von graecu (s. o.) beantworten?
(Antwort korrigiert am 01.10.2014)

 Bergmann ergänzte dazu am 01.10.14:
- Zu Brecht als Plagiator: Ohne Plagiieren ist (neue) Literatur gar nicht möglich. Übrigens wäre so gesehen Shakespeare einer der größten Plagiatoren. Brecht war besonders frech in der Anverwandlung und Umwandlung der von ihm verwendeten Texte, das stimmt schon.

- Zur Frage, ob heute noch außerhalb von Schule und Universität noch Fabeln gelesen werden: Ich bin kein amtierender Deutschlehrer, aber immerhin noch nicht lange draußen und in China gerade erst mit Kafkas Parabel 'Kleine Fabel' beschäftigt gewesen. Also hier meine Antwort:
Ja, es ist so, wie Graeculus sagt. Es ist immer so gewesen, dass Literatur veralten kann. Die Fabel hat ihre didaktische Funktion längst abgegeben an andere Textarten und Medien: Karikatur, anspruchsvollere Comic, Internet-Seiten (ja, auch wikipedia), Blogs, Kolumnen in Zeitungen und Online-Ausgaben ... Allerdings ist die metaphorische (Tier-)Fabel so gut wie tot, und das muss man nicht beklagen, weil diese kleinen Texte, so schön sie sein können, letztlich dem Anspruch nach differenzierter Kritik und Aufklärung nicht gerecht würden.
Bei Romanen, Dramen und Novellen aus älterer Zeit würde ich anderes sagen. Hier ist es nicht gut, dem Zeitgeist zu folgen, der so arm, modisch, launisch und wechselhaft ist.
Zu bedenken ist bei dieser Diskussion auch, dass anspruchsvolle Literatur nie tauglich war für die Massen, und immer nur eine Leserschaft von etwa 5 Prozent erreichte und erreicht. Die Reputation anspruchsvoller Literatur ist allerdings gesunken, was sich auch in den kv-Threads immer wieder zeigt, wo gute alte Literatur niedergepöbelt wird von Intellektuellendarstellern aus unterschiedlichsten Motiven, die ihre Unzufriedenheit mit sich und dem Leben gern abreagieren an anderen - ich denke da vor allem an Schrybyr, der niedergemacht wurde, oft respektlos und rüpelhaft.
Kurzum: kv ist keine geeignete Literaturseite für anspruchsvolle Literatur. kv ist dennoch eine nützliche Spielwiese für manche Texte, und wer sich hier an die richtigen Leute hält, kann sich auch wohlfühlen. So geht es mir.

 loslosch meinte dazu am 01.10.14:
ja.

zu schrybyr: der beging den fehler, scharf zurückzuschießen und zog so einen vielstimmigen kritikasterchor auf sich.

ps: brecht "beklaute" seine liebchen. von goethe abgeguckt?

 Bergmann meinte dazu am 01.10.14:
Wie man mit Schrybyr umging, war dumm und respektlos. Schrybyr fehlte die Erfahrung in virtueller Diskussion.

Brecht: Alle klauen. Goethe, Thomas Mann ... Es gibt da nur einen Maßstab: Gut geklaut verhilft zu guter Schöpfung.

 loslosch meinte dazu am 01.10.14:
thomas mann, DAS cleverle. als er spürte, dass robert neumanns "mit fremden federn" ein bestseller würde, setzte er sich an die spitze des trends und lobte neumann. der hatte auch mann stilistisch verrissen

 Bergmann meinte dazu am 02.10.14:
Robert Neumanns Stilkarikatur von Th. Mann ist wunderbar humorvoll. Eigentlich kein Verriss. Sturz im Schnee als sprachliche Zeitlupe, das ist meisterhaft.

 loslosch meinte dazu am 02.10.14:
bei "Der Sturz" haben wir denselben geschmack. neumann ist je nach autor nicht nur stilkritisch, sondern spießt auch themen auf. er greift schon mal tief, nennt carl zuckmayer zurl cackmayer, zuckmayers biederkeit karikierend. der war deutlich anti-nazi. das war dem hitler-verfolgten neumann egal.

ps: der sturz umfasst 2 sätze, zusammen ca. 200 wörter! diese bandwurmsätze des thomas mann.
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