Pazifismus

Kommentar

von  autoralexanderschwarz

Als Pazifist hat man es heutzutage schwer. Während man sich vor einigen Jahren noch als Teil einer (wenn auch häufig schweigenden) Mehrheit verstehen konnte, wenn man sich für Frieden und gegen Waffenlieferungen in Kriegs- und Krisengebiete aussprach, wird man heutzutage recht schnell als „Gutmensch“, als „naiv“ oder gar als „Putinversteher“ diskreditiert und dies nicht nur von populistischen Krakeelern in Internetforen, sondern durchaus auch von ganz „normalen“ Politikern in ihren Parlamentsreden (oder Tik-Tok-Videos).


Zugegebenermaßen hat es der Pazifist immer schwer, seinen Pazifismus zu verteidigen, wenn er angegriffen wird. Günter Wallraffs Beschreibungen seiner Kriegsdienstverweigerung und die damals wohl übliche Frage, was man denn machen würde, wenn mehrere Russen einen beim Waldspaziergang mit der Freundin angreifen würden, decken sich in etwa mit jenem Argument, dass Putin nicht in der Ukraine stoppen und potentiell ganz Europa mit Krieg und Unterdrückung überziehen würde.


Die insinuierte Frage, ob man denn lieber sterben oder in Unterdrückung leben würde, als sich zu verteidigen, ist eine hochgradig schwierige Frage. Wenn man aber nicht wie Clausewitz meint, dass Krieg einfach die Fortsetzung von Politik mit anderen Mitteln sei, sondern etwas Schlimmes und damit die ultima ratio der Politik sein sollte, dann stellt sich diese Frage (zumindest zum jetzigen Zeitpunkt) überhaupt nicht.


Dass Deutschland auf Ebene der EU Sanktionen gegen Russland mit Blick auf ökonomische Interessen verzögert (wie gerade beim 14. Sanktionspaket) oder entschärft, dass weiterhin Geld aus Deutschland und den anderen waffenliefernden Staaten (wenn auch manchmal auf abenteuerlichen Umwegen) in die russische Kriegskasse fließt, ist im höchsten Maße beschämend und zeigt, dass für so manchen Politiker wohl wirtschaftliche Interessen letztendlich wichtiger sind als das Sterben in der Ukraine.


Es ist im höchsten Maße heuchlerisch, dem einen Staat Waffen und dem anderen Devisen (um Waffen herzustellen) zur Verfügung zu stellen und demonstriert recht deutlich, dass es jenen Bellizisten (und ihren Claqueuren) wohl am Ende nicht um die leidende Zivilbevölkerung geht.


Selbst wenn man sich gegen einen Angriff (sei es gegen die Russen im Wald oder im Donbass) verteidigen möchte (und die meisten würden das wohl wollen), sollte man doch erwarten können, dass aus Deutschland zumindest keinerlei Waffen geliefert werden, solange nicht jegliches diplomatische Mittel ausgeschöpft und insbesondere jegliche mittelbare Finanzierung dieses Krieges eingestellt wird.


Dies würde wohl nicht bedeuten, dass Russland auf einen Schlag kein Geld mehr hätte, aber man hätte es als Pazifist deutlich schwerer, Deutschlands Beitrag zu diesem Krieg zu kritisieren.




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Kommentare zu diesem Text


 hehnerdreck (20.06.24, 20:55)
Vielfach wird auch behauptet, die USA hätten während des Irak-Iran-Konflikts nicht nur den Irak, sondern auch den Iran mit Waffen beliefert.
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