verreimte gedanken zu TOD & LEBEN / denn das kann's ohne ihn ja niemals geben... (1)
Gedicht zum Thema Leben/Tod
von harzgebirgler
der 'witwenmacher' ist ein toter baum
der mitten drin im wald steht und der kaum
mehr richtig festen halt hat und er hält
nicht stand wenn ein gefällter auf ihn fällt
und trifft den unachtsamen fäller dann
was diesen voll das leben kosten kann
selbst 'bloß' ein toter ast birgt solch gefahr
wenn der ihn nicht verfehlt noch um ein haar -
kommt immer wieder vor seit je bis heut
worüber sich des frau nur selten freut
doch 'witwentröster' sind oft schnell zur stelle
und rücken witwen tröstend auf die pelle...
*
wo jemand hin will ist oft schwer zu sagen
gibt viele auch, die unterwegs verzagen
wiewohl feststeht des lebensweges ziel
und das ist ja erst recht kein kinderspiel...
*
die sprache spricht und braucht durchaus ein hören
für das sind ohren nicht so von belang -
das aufhören des lebens mag verstören
doch steht’s mit sprache im zusammenhang
auf eine weise die wir kaum schon fassen:
es lohnt sich davon sagen was zu lassen...
*
robut ist leben und fragil
am ende kostet’s stets gleich viel
nämlich es selbst mal spät mal früh
nach mehr oder nach wen’ger müh’
oft nach viel leid und selt’nem glück
legt mensch den lebensweg zurück
in gottes hand – vielleicht auch nicht
und frieden herrscht mag sein und licht
und hoffnung, heißt es, stirbt zuletzt
obwohl der tod doch meist entsetzt...
*
der tod ist ein gar garstig ding
doch ohne ihn das leben ging
vermutlich nie im leben los
sie sind einander ziel und schoß
und sich von anbeginn vertraut -
so hat geschick die welt gebaut
worin der mensch als fremdling haust
dem es vorm ende meistens graust
vorm leben allerdings nicht oft
weil er wohl stets auf bess’rung hofft...
*
im leben kann der mensch manches verlieren
am schlimmsten ist daß er’s auch selbst verliert
durch krankheit unfall selbstmord kann’s passieren
und anschlag den ein terrorist ausführt
lebens verlust läßt sich ja nie ersetzen -
nur manchmal ist es wirklich kein verlust:
wer würde auch je ungeheuer schätzen
da regt sich doch echt nichts in einer brust
wenn massenmörder endlich auch krepieren
wie stalin hitler mao und pol pot
man könnt’ die liste länger noch fortführen
manch monstrum hält sich gar fürn lieben gott
der kaum etwas gemein hat mit so schlächtern
und skrupellosesten menschenverächtern...
*
Der Schnitter - Erntezeit
Die Sichel saust durch sattes Grün,
kundig geführt von Schnitterhand,
und endet jäh duftendes Blüh’n
im weiten ernteschweren Land.
Die Ähre fällt, den Halm zerbricht’s
ohne ein Anzeichen von Schmerz
unter der Glut des Sonnenlichts -
ein Vogelpaar steigt himmelwärts.
Des Schnitters Schritte hüllt der Grund
in einen Wolkenhauch von Staub -
ein Lächeln spielt um seinen Mund,
ein schriller Schrei verklingt im Laub.
Das Reife reicht sich gern dem Schnitt -
die Fülle lastet schwer,
es hilft dem Sinken heiter mit,
denkt nicht an Gegenwehr!
Der Schnitter kennt die Zahl der Tage
und kommt der Welke nur zuvor,
er trifft auf keine wehe Klage -
im fernen Haus leuchtet ein Tor!
(2004)
*
wie man es auch dreht und wendet:
leben das beginnt und endet
und es gliche einem märchen
krümmts dir zwischendurch kein härchen
- manches kann dir widerfahren
im verlaufe von den jahren
die du hier auf erden wandelst
wo viel ausmacht wie du handelst -
eh der schnitter es dann kappt
was bei allen letztlich klappt
selten früher meistens später
kommt der große attentäter
und nimmt selbst das höchste tier
unbeeindruckt weg von hier
schläfst du einfach friedlich ein
kannst du schon zufrieden sein
fällt der vorhang von dem stück
hat im grunde gleichfalls glück
wer dann weiß noch wer er ist
und nicht alles längst vergißt
wo das leben einst entstand
ob im meere ob an land
ist da so was von egal -
eins steht fest : es endet mal
was wohl nur wir menschen wissen
die sich meist noch trösten müssen
durch so sachen wie den glauben
die ein fortleben erlauben
nach dem tod - der schnitter lacht
der nie halbe sachen macht
und wer mitlacht ist echt klug
denn ein leben ist genug...
*
Was am Leben irritiert
ist daß es zum Tode führt
man strebt es besser gar nicht an
weil was nicht lebt kaum sterben kann --
oder birgt in sel’ger Stille
jeder Samen Lebenswille
also Wille selbst zum Tod
der dereinst ja nicht nur droht
sondern dir dazu bestimmt
all dein Leben restlos nimmt
oder reichst du es ihm gar
lebenssatt dar -- was ist wahr?!...
Trost mag manch ein Glauben schenken
der von ew’gem Leben spricht
doch du solltest stets bedenken:
Wissen ist ein Glauben nicht --
noch hat niemand je berichtet
was durch Tod ihm widerfuhr
nein das Tor scheint abgedichtet
bestenfalls bleibt eine Spur...
allerhand kann man vermuten
nur verbürgt ist quasi nichts
nicht einmal daß alle Guten
Kinder sind des Gotts und Lichts...
*
der tod ist die VERSCHIEDENheit
heut’ gestern und in künft’ger zeit -
verschied’neres vom leben
kann’s wahrlich nimmer geben...
*
geboren sind wir ENDLICH und der tod
ist uns dann ganz gewiß besagt: er droht
nicht nur und wäre jemals zu vermeiden
obwohl ihn viele vorzeitig erleiden
durch krankheit unfall krieg oder auch mord -
doch !ENDLICH! ist ein merkwürdiges wort
jedenfalls mit ausrufendem zeichen
wo wer kaum bei denkt an tod und leichen...
...weil ich ein mensch und sterblich bin
komm ich dereinst auch nicht umhin
das zeitliche zu segnen
und wem wir dann begegnen
in jenseitigen fernen
zudem ob überhaupt
wenngleich das manche/r glaubt
steht völlig in den sternen...
*
IM TOD WIRD LEBEN GLEICHSAM AUFGEHOBEN
UND GEHT DANN WEITER – UNTEN ODER OBEN...
*
grillen ODER mädchen freitod zu dritt
ihr wähltet gleich zu dritt den tod im wald im zelt mit gas
verabredet im internet zum letzten schritt in was?
ins freisein von des lebens last die euch, jung, so beschwert’?
habt ihr euch lebensaussicht nicht durch starrsinn selbst verwehrt?
ins leben kamt ihr ungefragt - wart ihr so gerne nicht?
zogs euch kaum lebend immer mehr zum dunkeln als zum licht?
war euch der tod so was von lieb so lockend und so leicht?
meint jede von euch daß sie nun gar einem engel gleicht?
[es könnte sein daß gott euch auch bös beim schlafittchen nimmt
und euch den bleichen mädchenarsch ganz fürchterlich vertrimmt
dann schmeißt er euch ins höllenloch und läßt euch darin schmorn
bis ihr euch wohl tatsächlich wünscht ihr wäret nie geborn
denn wenn ein mensch solch grillen zieht in seinem irren hirn
hat er es je verdient zu sehn das himmlische gestirn?!]
was kann schon last für jugend sein die leben noch nicht kennt
doch sich in ihrer renitenz schier rettungslos verrennt?
die sich verstrickt ins ichgestrüpp verbissen ja verrückt
die unbändige aufbruchslust ins nichtsein baß entzückt
den eltern längst entglitten schon die ohnmächtig gewahrn
wie sich im kindskopf sehnsuchtsvoll die todsgedanken scharn
...man faßt dergleichen taten schwer die dennoch oft geschehn
weil da wo wille wirklich will ihm wege offen stehn...
[selbst kleist hat diesen weg gewählt einst ziemlich sonderbar
weil ihm auf erden wie er sagt nicht mehr zu helfen war
doch eh er sich sein leben nahm hat er es so gelebt
daß mensch der seine werke liest zu welterkenntnis strebt]
(8/2011)
http://www.abendblatt.de/region/article108081664/Drei-Maedchen-planten-im-Wald-ihren-Tod.html
*
wir haben zeit nur wenn wir sind -
erblickt das licht der welt ein kind
fällt es anheim fortan der zeit
dass ein jahr sich ans nächste reiht
fällt ihm allmählich dann auch auf
so nimmt sein da sein seinen lauf
wo es einst keine zeit mehr hat
oft hochbetagt und lebenssatt...
*
für sokrates war völlig ungewiss
ob leben oder tod das bess’re is
aus mangel an verlässlichem zeugnis -
es so zu sehen ist gewiss nicht leicht
weil kaum wohl wer gern lebens segel streicht
egal wie weit des weg bisweilen reicht...
*
Als "Spruchschwellen" sind altbekannt
so Balken in der Fachwerkwand,
auf denen manche Weisheit steht,
bei der es meist ums Leben geht,
um Gott, um Glauben und um Zeit
sowie um Tod und Ewigkeit.
"Memento mori" steht zu lesen -
denn ist wer tot und dann gewesen,
kann er, begraben, nichts mehr tun,
als einzig noch in Frieden ruhn.
Wer an den Tod beizeiten denkt
und die Besinnung darauf lenkt,
daß alles Leben dieser Welt
letztlich verwest, verbleicht, verfällt,
der teilt sich "seine" Zeit gut ein,
vertut sie kaum und darf sich freun,
wenn er am Ende seiner Tage
von dannen gehn kann ohne Klage
und Trauer über das Versäumte,
von dem er zeitlebens wohl träumte...
(2011)
*
es kostet viel ein heidengeld
in unserer versorgungswelt
und selbst an wem als bleicher leich
wird dann noch der bestatter reich
das grab ist auch kaum kostenlos -
doch tote kümmerts nicht mehr groß
wobei man aber leicht vergißt
wie hoch der preis fürs leben ist...
*
DOT = PUNKT
TOD = SCHLUSSPUNKT...
wo es sich sammelt, das Leben, und in sein Ende sich verwahrt
*
der schnitter mit der sense bei der mahd
die möglich wäre kaum je ohne saat
und selbst des leibes frucht wird abgemäht
wenn's an der zeit, was ihm auch nie missrät...
...der horizont des lebens ist der tod
was aus dem blick leicht zu geraten droht -
des aufheben verwahrt's in seel'ger gänze
fortan ohn jede sorge, not und grenze....
*
"es ist die seele ein fremdes auf erden" *)
ob sie überhaupt hier je HEIMisch mag werden
vertraut mit dem dasein geworfen hinein?
sie würde ganz gern wohl gefragt worden sein...
-- hätt’ neugierig dann vielleicht doch gesagt "!ja!"
der schritt in die wirklichkeit liegt ziemlich nah
[oh HEIMat oh HEIMe oh kinderHEIM du
oh altenHEIM auch altes legt sich zur ruh
gefaßt auf entsorgung nach leben oft lang
in HEIMen wo insgeHEIM grauen im schwang]
ob sie nicht ersehnt das was vor der geburt
als sie noch nichts ahnte vom schoß als der furt
zum leiben mit leid last lust arbeit und zeit
ob seele womöglich be-dingt zutiefst schreit
still kauert an mauern von efeu bedeckt
von welt und vom menschsein unHEIMlich erschreckt
wo glocke des kirchturms zur mittagsstund’ schlägt
und vieles was lebt das je seinige trägt --
das steht in den sternen und wissen wir nicht:
doch seellos vollbringt keines je ein gedicht!
*) Georg Trakl, Frühling der Seele
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