Liebevoll ziehe ich das Cellophan über den Löffel und fixiere ihn damit am Tellerrand. Teller und Löffel sind ganz einfach gearbeitet – ohne irgendwelche Verzierungen an den Rändern oder am Stiel. Auch die Farbe der Utensilien ist unspektakulär erdbraun.
Bei meinem Arbeitsschritt hier im Zelt gilt es nur, die ausgegrabenen Gegenstände sicher zu verpacken, um sie unversehrt bis ins Museum schicken zu können. Erst dort werden die Kollegen bei der eingehenden Säuberung Feinheiten entdecken und bestimmen können.
Archäologin zu sein ist mein Traumberuf, seit ich zurückdenken kann. Hier an der Quelle, im sandigen Areal der Ausgrabungsstätte, bin ich der glücklichste Mensch der Welt. Während ich respektvoll das Essgeschirr einer untergegangenen Epoche aus der Erde befreie, wird mir klar, dass ich den schönsten Beruf der Welt habe.
Sorgsam lege ich Teller und Löffel gut eingewickelt in die Holzkiste. Was wurde wohl zuletzt von und mit ihnen gegessen?
Unbewusst fahre ich mit der Zungenspitze über meine trockenen Lippen …
und erwache mit einem Lächeln, das nun von einem starken Bedürfnis überlagert wird: Ich habe Hunger!