Visite

Gedicht

von  Beislschmidt

Visite

Sechzehn weiße Richtermäntel.
In den Mienen lesen, was da steht.
Reduzierter Lebensfaden.
„Der wird gleich morgen abgedreht“.

Kleine weiße Fahne
grüßt vertäut am rechten Fuß.
Letzte Fahrt der Rollenbahre,
vor dem Dunkel stummer Gruß.


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Kommentare zu diesem Text


 AchterZwerg (12.07.24, 19:13)
Lieber Beisl,
wenn die Götter in Weiß erscheinen, geht es häufig ans Eingemachte.
Das hast du gut und lakonisch dargestellt - einer Visite angemessen. 
Die Herren haben ja meistens zu wenig Zeit, sich mit dem Blinddarm des "Privaten" oder gar dem  "Krebsgeschwulst auf Kasse" zu unterhalten ...

 Beislschmidt meinte dazu am 12.07.24 um 20:13:
Das Gedicht ist schon älter, Heidrun und ich habe es in Erinnerung an meine Zeit in der Uni Klinik Homburg gemacht. Dort hab ich mir als Sitzwache auf der Intensivstation mein Studium verdient.
Ich war doch geschockt damals, als der Oberarzt so beiläufig das "Todesurteil" gesprochen hatte. Und damals war das EEG nicht zwingend als Beweis erforderlich. Die künstliche Beatmung über den Tubus genügte, um den Ärzten zu signalisieren: - dieser Mensch schafft es nicht mehr.
Beislgrüße
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