Archiv eines Atems

Gedicht

von  Isensee

Im Abklingbecken der Städte,
wo Dunkelheit die Form verlernt,
rosten Worte, einst festgehalten,
zwischen Bauschutt,  

glimmen Datenbanken leise vor sich hin,
Rieseln Staub auf Silizium,
Schnee, der den Winter verloren hat.


Da ist ein Raum, sagst du,
gefüllt mit verrutschtem Schweigen.
Verwahrloste Neonlampen, die nur sich selbst
blinken – ein Koma-SOS


Hier spricht nichts mehr, nur Klemmbretter mit Stempeln
warten auf Signaturen, Archive der Atemnot,
die Luft zu Staub, zu ätzendem Frohsinn verkochen –
ein Wecker, der seine Töne verloren hat.


In der Stille taumelt ein Datenbus,
Lastenwagen mit Neuronen gefüllt,
über ein Schienennetz, gebaut aus Altakten und Tüten.
Was kann ein Wort, ein Bild, ein Speicherplatz
gegen die Leere tun?


„Jemand da?“ — ein Flüstern aus der Endlosdatenbank,
wo Atommüll-Fässer sich selbst im Kreis stapeln,
wo jeder Pixel sich verdreht und sagt: Ich, Ich, Ich —
alles nur Müll, wie Raumanzüge ohne Raum,
Gefäß ohne Blut, Sinn ohne Grund.


Ein Turm aus Bits ragt auf und fällt,
zu Bergen von Nichts — wir schieben,
wir stapeln Scherben von Kontext, von Namen,
lassen sie rollen wie verlorene Kugeln
auf dem stillsten Parkett.


Das Letzte?
Das Rauschen einer Stromleitung, die nie sendet,
ein Nachtzug, der absichtslos durchs Grau schiebt,
trägt nur Schall, nur Hall, kein Inhalt.
Er rast ins Nirgendwo, auf schimmernden Rädern
aus Worten, die keinen Schatten mehr werfen.


Am Ende steht: – 
Hingeworfen, aufgehoben, ungehört




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Kommentare zu diesem Text


 hehnerdreck (04.11.24, 02:18)
Na also, warum nicht gleich so!

 Mondscheinsonate (04.11.24, 12:29)
Fast schäme ich mich, weil mein Kommentar zu kurz ist, aber krank und keine Brille auf, übe bitte Nachsicht, sehr interessante Bilder!
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