"Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute". Was für ein schöner Satz. Der war wichtig, denn so waren sie noch präsent, alle. Der gestiefelte Kater, Dornröschen, Schneewittchen, Sterntaler, so viele. Nein, die sind nie gestorben.
Seufzend wurde das Buch zugeklappt oder die Erzählerin, der Erzähler umarmt. Im Grunde das Grauen des Märchens durch den Satz vergessen, schließlich gewann zumeist Gut gegen Böse. Dass das Böse grauenhaft zugrunde ging, war völlig egal. Schon regte sich im Kind das Unrechtbewusstsein, das es bis dato nicht definieren konnte. Und es war völlig egal, dass eine Hexe im Ofen verbrannte, jemand zur Maus verwandelt wurde und gefressen ward, oder sonstige Grausamkeiten. Wichtig war, dass das fleißige Mädchen alles bekommt und das Faule mit Pech überschüttet wurde. Eigentlich schrecklich. Heute mag ich die klassischen Märchen, besonders der Gebrüder Grimm, noch gerne, dennoch denke ich darüber nach, ob man Kindern nahe bringen sollte, dass jeder, der Böses tut, die Todesstrafe verdient. Ich denke nicht, weiß aber, dass es sowieso nicht begriffen wird, somit relativiert sich das. Jedoch, man merkt es schön im Netz, passiert ein z.B. mutmaßlicher Mord, schreien Menschen nach der Höchststrafe, andere, das ist interessant, nach der Todesstrafe oder nach größten Höllenqualen. Die Parallelen zu Märchen aus der Kindheit sind eklatant, das Unterbewusstsein arbeitet auf Hochtouren. Das Märchen als Dilemma? Als reines Gut und böses Böse? Gibt es etwas dazwischen? Vielleicht einen Ausnahmezustand? Der Fall, dass das Gute auch böse Anteile in sich trägt (Die Hexe in den Ofen schieben) ist nicht vorhanden. Zu starke Verteidigung wird zum Fanatismus - auch schlecht, wird als gut empfunden. Ist es nicht. Neutral, beide Positionen betrachten wurde nicht gelehrt, das muss alleine erarbeitet werden.
Interessant wäre die Analyse bei Menschen, die nie Märchen gelesen oder gehört haben. Das würde mich sehr interessieren.
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