… jetzt hab ich wieder die Hauptsache vergessen: Anfangs verlor ich im Streit um Dualismus versus Nondualität alle Lust am Thema, mithin auch am Fabulat. Jetzt aber, daraus wieder fast genesen und gestärkt, nehm ich den Faden neuerlich auf.
Schon mit der Muttermilch nimmt das tibetische Kind Folgendes auf: über jedem von uns ist der tausendblättrige Lotusthron und darauf sitzt der vollkommen erwachte Buddha, er hat die und die Farbe, mit der Erdberührungsmudra dieses und jenes so und so.
Später lehrt man es, daß das Evozierte eine Visualisierung ist, die nicht in der äußeren Welt erscheint, sondern im Inneren als die ureigene Buddhanatur verehrt wird. Man lernt, was ein Mantra ist und vieles mehr. Und daß man ausstrahlt, was man verehrt.
Wir hier im Westen denken dual. Aus dem Grund verstehen wir das Nonduale nicht. Nicht-Zwei bedeutet nicht, daß es nicht Drei sein können, die drei-einig sind. Dreieinig, wie dieser Körper, diese Rede und dem innewohnenden Geist, wie Wahrheit, Freude und stete Verwandlung.
Und mit Visualisierung klappts auch nur beim Fußball. Daß ein Bild minutenlang stabil im Raum steht, kann ich immer noch nicht wirklich gut.
Jeder habe die unzerstörbare Buddha-Natur, heißt es. Das ist beruhigend. Beunruhigend dagegen, daß man sie auch noch selbst verwirklichen muß. Wobei Fortschritte und Rückfälle sich lange die Waage halten. Wer glaubt, er müsse nicht nach Golgatha, weil Jesus für ihn am Kreuz gestorben ist, bleibt immer gebückt. Kein tauglicher Menschheitsführer, kein Gott will Kriecher. Sondern Mitgefühl auf der einen und Weisheit auf der anderen Seite, - für alle - als die Flügel des Garuda, Phönix, Geier oder wie man will. Ein Flügel allein fliegt nur am Boden um die leere Mitte. Aber das war es nicht, worum es ging. Vielleicht ein andermal.