1:22

Text

von  Saudade

Nachdem der Professor im Stream also meinte, dass der Sicherheitsbeamte im Sachverhalt den flüchtenden Bankräuber wegen des Rechtfertigungsgrundes der Notwehr (hier §3 StGB) erschießen durfte, nicht hätte können, denn er hat ihn erschossen, schrieb ich ihm, wahrlich erbost, aber sehr höflich meinen Gedankengang über meine Version:

Sehr geehrter Herr Prof.Dr. XYZ!

Bezugnehmend auf den Notwehr-Fall aus der Übung Strafrecht II, hätte ich eine Frage:

Im SV steht, dass der Bankräuber die Waffe wegwirft (!) und mit den 100.000 Euro flüchtet. Der Sicherheitsbeamte schießt ihm nach und trifft ihn tödlich. Anklage §75 StGB -Mord. Ist es nicht so, dass das gelindeste und in der Situation angemessenste Mittel angewandt werden darf, hier schießt der Sicherheitsmensch auf einen unbewaffneten Mann, die Bank ist versichert und mir stellt sich die Frage ob das Rechtsgut Vermögen, tatsächlich über dem Rechtsgut Leben steht? Wenn dem nämlich so ist, zweifle ich an dem System. 

Mit freundlichen Grüßen!


So, jetzt bin ich sauer, denn es kann nicht sein, dass der Professor das so durchgehen lässt, wahrlich nicht, das gibt es doch nicht, überhaupt, wenn ich sauer bin, dann bin ich wach, ja, hellwach, so richtig wütend, das regt mich auf, denn es kann doch nicht sein, dass das Rechtsgut Vermögen über einem Menschenleben steht, wir sind doch nicht im Wilden Westen, in einem Westler, wie der Opa treffend sagte, in Klondike, wie der Dagobert Duck, wozu haben wir überhaupt Versicherungen, nein, das geht nicht durch, schießt auf einen unbewaffneten Mann, da rührt sich in mir alles, wer weiß überhaupt, ob das nicht ein Familienvater war, kein Geld, muss ja nicht immer Gier dahinterstecken, nein, nein, nein, ja, ich weiß, nichts dazudichten, der Sachverhalt ist so, da steht nichts über seine persönlichen Verhältnisse, das ist weltfremd, ärgert mich, überhaupt, so einen Fall hatten wir einmal mit einer Sportschützin, die aus zig-Meter Entfernung den Einbrecher erschoss, das war sogar ein echter Fall, das war Mord, denn der Täter war bereits zu weit weg von dem Radius des Geschehens, recht so, das nenne ich RECHTsprechung, nicht so ein Fall, wo so ein unterbezahlter Waffendjango den Held des Tages spielen wollte und damit frei kommt, ach, ich kenne die alle, habe in meinen jungen Jahren lange genug mit solchen zusammengearbeitet, das waren alle Komplexler und kaum hatten sie eine Waffe, gingen sie breitbeinig herum, nein, Herr Professor, das geht nicht durch, das macht mich wütend, das Rechtsgut Leben und Unversehrtheit muss immer vor dem Rechtsgut Vermögen stehen, wo kämen wir dahin, ernsthaft, sicher nicht!

Und, während ich mich so ärgere, der Ärger tief in jede Körperzelle dringt, höre ich, wie der Marder das Katzenfutter knabbert, das ist Diebstahl, soll ich ihn erschießen, ernsthaft, sicher nicht, soll er knabbern, der hat eben Hunger und nein, nichts rechtfertigt es, auf einen unbewaffneten Flüchtenden zu schießen, der hat den Bankschakel ja nicht angegriffen, ich meine körperlich angegriffen, das Erschießen rechtfertigt gar nichts, nada, nichts.

Und, während mein Ärger ein wenig weniger wird, bin ich auf die Antwort gespannt, ja, die Juristen haben immer Ausreden, was wetten, es kommt sicher irgendetwas Seltsames wie:" Was würden Sie machen, wenn das Ihr Geld wäre?" - 100.000 Euro? Ich würde ihn erschießen. Nein. Niemals. Ich würde ihn nur erschießen, wenn er meinen Liebsten oder mir etwas antut, aber niemals wegen Geld. In welcher Welt leben wir eigentlich gerade? Ich ärgere mich jetzt weiter, nämlich über die Welt und bevor das ausartet, höre ich lieber auf.




Anmerkung von Saudade:

Für Interessierte: Man darf schießen. Das ist die Antwort.

Hinweis: Der Verfasser wünscht generell keine Kommentare von Aron Manfeld und AndreasGüntherThieme.

Hinweis: Du kannst diesen Text leider nicht kommentieren, da der Verfasser keine Kommentare von nicht angemeldeten Nutzern erlaubt.

Zur Zeit online: