
„AMERIKA, DU HAST ES BESSER“
schrieb unser dichterfürst einst echt *-
heut' bekäme mackie messer
selbst vielleicht den kolbenfresser
bei solchem lob und das mit recht
denn was aus god's own country ward
binnen rund zweihundert jahren:
ein land das schier vor waffen starrt
in macht, geld, show und schein vernarrt -
aus der haut würd' goethe fahren...
weites land und enge stirnen
nichts als 'kohle' in den hirnen
derer die die fäden ziehen
und vorm gotte mammon knien
politik kniet mit vorm geld -
wunderschöne neue welt!...
* Johann Wolfgang Goethe (1827)
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Daniel Chodowiecki
dem daniel war goethe sehr gewogen*
weil der kein eitler tropf und gerngroß war
denn macht' um wichtigtuer auch 'n bogen
begnadet eh mit augen wie ein aar
die stets auf anhieb sahen welche sorte
von mäusen einer ist der sich geriert
mit einer flut prall aufgeblas'ner worte
als wenn ihm weisheit selbst die feder führt
ein zeichengenie nannte ihn lavater*
fing wesen von figuren bestens ein
wie beispielsweise möchtegern-theater
wusste halt stets zu scheiden schein von sein -
deshalb wird dieser daniel auch bleiben
und brauchte dafür nicht ein wort zu schreiben...
*https://de.wikipedia.org/wiki/Daniel_Chodowiecki
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ahnungsvoll nahm einst das gretchen
ihren faust mal ins gebetchen
- der sie länger schon umgarnte
und weil ein gespür sie warnte
dass mit ihm etwas nicht stimmt
auch wenn er sich nett benimmt -
so in puncto religion:
was oh faust hältst du davon?
glaubst an gott du bist du christ
dem die kirche heilig ist?...
faust tat darauf erst mal schlucken
und blöd aus der wäsche gucken
zauderte was sag ich jetzt
- mädchenherz ist leicht verletzt -
was nicht vor den kopf sie stößt
und mein heidentum entblößt
faust war ziemlich am rotieren
sucht’ die maid zu irritieren
frug sie hochgelehrt zurück
immer nur den p/fakt im blick:
wie er längst aus lebenstrieb
seine seele dem verschrieb
der sich gegen gott vermaß
und drum in der hölle saß
klar das sagt’ er gretchen nicht
ins verliebte angesicht
das die augen niederschlug
ach er laberte so klug
- schielte ihr dabei aufs mieder
sie schlug weiter augen nieder -
irgendwas von rauch und schall
höh’rer macht im weltenall
dies und das und das und dies
auf dem gartenweg liegt kies
labert’ ihr im liebesland
echt ne klinke an die hand
lullt’ das arme ding voll ein
- gott wie fühlte es sich klein -
kriegts ja auch letztendlich rum...
gretchen war indes nicht dumm
geistig zwar wohl unterlegen
doch wenn sich erst zweifel regen
die solch laberei vermehrt
ist instinkt verstandes wert
und ihr schien jetzt sonnenklar
dass da was im argen war
liebe aber überwog
die sie dann ins elend zog...
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ach wenn doch bloß der verkehr
dichter so wie goethe wär'
ist er aber leider nicht
nein weiß gott ganz anders dicht
und geht uns drum auch zumeist
wirklich ziemlich auf den geist...
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https://de.wikipedia.org/wiki/Geheimratsecken
auch goethe der hatte so ecken
da ließ kein mann sich mit necken
dem, alt, ausfiel das haar
weil's ein würdezeichen war...
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goethe schrieb den faust und ballte
seine dabei selten nicht
"denn eh’ ich ihn so gestalte
wie’s meim anspruch voll entspricht
diesen stoff, vermaledeiten,
geh’n ins land echt ein’ge zeiten!"
zürnt’ der dichterfürst mit sich
was nur allzuverständlich...
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„dem wurm gleich ich, der staub durchwühlt“
sagt faust zu wagner, was erhellt
wie schwer der weg zur wahrheit fällt
selbst wenn sich wer berufen fühlt...
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der dichterfürst ach lechzte so
unheimlich nach der levetzow,
ulrike die grad siebzehn jahr
einst damals als er kurgast war
und sah sie in marienbad
wandelte prompt auf liebespfad
spannte höchstselbst den herzog ein
für ihn zu werben - doch ihr !NEIN!
zu seinem antrag !werde mein!
[--was fällt dem alten knacker ein
mit über siebzig meine güte
das kommt mir gar nicht in die tüte
mag goethe er auch immer heißen
nie kann mich der vom hocker reißen--]
war klar und deutlich : welch ein schmerz
traf da den freier voll im herz
es mußte raus der frust - er schrieb
die elegie von lust und lieb
nach der manch gockel heut noch kräht
wenn junge schönheit ihn verschmäht...
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"dichten ist ein übermut"
war von goethe einst zu hören
und ergänzend quaken gören:
"übermut tut selten gut"!
also leute laßt das dichten
übt euch mehr in wirklichkeit
dichten scheint seit langer zeit
unnötiges zu verrichten
will uns das herr goethe sagen?
nein das glaub ich eher nicht!
nicht erst seit herrn goethes tagen
schätzt die welt doch das gedicht!
freilich gibt es unterschiede
und die sind unendlich groß:
hämmern dringt aus wörterschmiede
langt für großes selten bloß
heil’ger not kaum je entsprungen
die den dichter schier zerreißt
der - ist ihm "sein" lied gelungen -
sich gefäß der götter heißt...
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Als Lotte jüngst in Weimar war
erspäht ihr braunes Augenpaar
tatsächlich Goethe der sie grüßt
und ihr den Nachmittag vermiest
mit Elegien ellenlang
dass Lotte sagte "Besten Dank
ich elegie mich jetzt davon
denn schließlich wartet noch mein Sohn
bei Fritze Schiller der ihn lehrt:
Was Frau begehrt ist kaum verkehrt"!...
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der dichterfürst selbst sah sich gern als gipfel
doch gipfelt in ihm dichtung ja nun nicht -
manch wer hängt sich an seines rockes zipfel
denn goethe war durchaus kein leichtgewicht
schrieb viel und gut und prägte ne epoche
wie kaum jemand zuvor oder danach
und macht' furore nicht bloß eine woche
nach der kein schwein im land mehr von ihm sprach
bedenken sollte man dabei indessen
dass kleist ihn schon nicht für den gipfel hielt *
weil große halt mit anderm maßstab messen
der größeres im blick hat und nicht zielt
auf ruhmeskränze die nur was bedeuten
stets in den augen von mehr schalen leuten...
* “Ich trete vor einem zurück, der noch nicht da ist, und beuge mich, ein Jahrtausend i(h)m voraus, vor seinem Geiste. ”

(Kleist)
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