Vom schöner Klang der Sprache

Essay zum Thema Worte

von  TassoTuwas

Darf ich Sie kurz bei der Arbeit unterbrechen und ihnen eine Frage stellen? Wie geht es Ihnen mit unserer Sprache?

Genauer gefragt, wie viele Worte kennen oder benutzen Sie, immerhin handelt es sich um die Muttersprache? 

Bevor Sie herumrätseln oder gar zu zählen anfangen, machen wir es uns einfach und nehmen die Statistik zu Hilfe. Sprachwissenschaftler sagen, es sind zwischen 350.000 und 500.000 Wörter, etwa 70.000 davon umfasst der zentrale Wortschatz, je nach Bildungsstand weit weniger, zum Überleben reichen schon 3000!


Die zweite Frage lautet, wie finden Sie unsere Sprache?

Nun ja, verglichen mit anderen Sprachen wird sie oft als spröde und hart gescholten, als unsensibel und wenig klangvoll. Wen befällt nicht die Vorstellung eines sterilen Labors, in dem emotionslose Frankenstein-Nachahmer an blubbernden Destillierapparaten experimentieren, und ihnen "Wortungetüme" wie "Finanzdienstleistungsunternehmen" oder "Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz" gelingen.

Technokraten und Beamte haben sich längst der Hoheit über die Sprache bemächtigt. 


Vielleicht sollten wir uns erinnern, dass es in unser auch als nüchtern und langweilig gescholtenen Sprache, doch viele klagvolle und überraschende bis geistreiche Worte zu entdecken gibt.

 

Folgen Sie mir auf dem Spaziergang durch meinen "Wortgarten" und entdecken Sie das Gesicht einer Sprache, dass voll ist von "Blütenzauber" und sich in einem "Farbenrausch" präsentiert, dass "Sommersprossen" lustig aussehen lässt und den Altersfalten Würde gibt.

Lassen sie sich von der Einmaligkeit, Kreativität und Bildhaftigkeit der Wortbilder überraschen.            

 

Waren wir nicht alle einmal "Nesthäkchen" oder "Wonneproppen" wurden "Dreikäsehochs" und später "Purzelbaum" schlagende "Stehaufmännchen", die in der "Sommerfrische" den "Schmetterlingen" und "Libellen" hinterher liefen, die den Kopf voller "Fisimatenten" und "Schabernack" hatten. 

Die dann später als "Springinsfeld" zu jedem "Budenzauber" und "Schabernack" bereit waren, bis "Fernweh", "Zweisamkeit", "Sehnsucht", "Weltschmerz" und "Glückseligkeit" in unser Leben traten, und wir im "Kuddelmuddel" unserer "Gefühlsduselei" und törichten "Geschmacksverirrungen" so manches "Luftschloss" in den Himmel malten.

Die "Gardinenpredigten" blieben wirkungslos, nicht aber die "Wolkenkuckucksheime" der Fantasie.

"Traumtänzer" und "Einfaltspinsel" waren wir, bis uns der "Amtsschimmel" aus den "Tagträumen" riss. 

Die Zeit verging und es änderte sich der Blickwinkel. Wir sahen manches "Mauerblümchen" sich zum "Backfisch" wandeln, ja sogar zur "Augenweide". 


Das sind Beschreibungen, die beim Hören die unterschiedlichsten Bilder entstehen lassen oder Gefühle und ganze Geschichten auslösen, Worte wie "Schnapsidee", "Freudentaumel"," Torschlusspanik" und "Regenbogen". 

Das alles ist Teil unser Sprache und macht sie einzigartig.


Bei einem Wettbewerb zur Ermittlung das schönsten deutschen Wortes ging "Habseligkeiten" als Sieger hervor, gefolgt von "Geborgenheit"!

Eine gute Wahl, sollte aber keines der hier genannten Worte Ihren Gefallen gefunden haben, dann suchen Sie ein besseres, oder kreieren Sie einfach ein neues, schließlich sind Sie doch Schriftsteller, Poet oder Wortkünstler.       


Ich danke Ihnen für die geopferte Zeit und entlasse Sie in die Alltags-Moderne der "four-letter-words".


 


 


     

       


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Kommentare zu diesem Text


 Aron Manfeld (12.04.25, 00:15)
Als man noch ungestraft in die Badewanne kacken konnte, lieber Tasso.

 AchterZwerg meinte dazu am 12.04.25 um 06:27:
Aronchen, du zeigst (wie immer) viel Sinn fürs Praktische! :)

 TassoTuwas antwortete darauf am 12.04.25 um 08:47:
Ja, was sag ich dazu.
Zwei Minuten nach dem Posten schon ein Kommentar.
Da fällt mir nur ein Wort ein.

"Durchfallartig".  :P !

 hehnerdreck (12.04.25, 03:32)
Die deutsche Sprache wird oft als unangenehm empfunden. Schon der Klang ihrer Wörter kann als schrecklich empfunden werden, wie Charlie Chaplin in seinem Film 'Der große Diktator' eindrucksvoll demonstriert hat. Das Wort 'Wienerschnitzel' klingt in seiner Aussprache wie ein schrilles Geräusch, das man sonst nur aus einem Sägewerk kennt. Jedoch im Vergleich zu den meisten anderen Sprachen der Welt erscheint die deutsche Sprache und ihre Aussprache wie ein wohltuender Labsal (Ironie off)'Späßle, kennst mich doch!'.

Selbstverständlich ist die deutsche Sprache, insbesondere in der Form Deiner wunderbaren Wortschöpfungen, die sich metaphorisch aus den schönsten Schatzkammern der Natur bedienen, ein schützenswertes Kulturgut. Es scheint mir, als hättest Du Dich von Wolf Schneider inspirieren lassen, dessen Bücher einen ähnlichen Gehalt wie Dein Essay aufweisen.

LG

Kommentar geändert am 12.04.2025 um 03:34 Uhr

 Fridolin (12.04.25, 03:44)
ein recht ergötzlicher Streifzug, herzlichen Dank dafür ...

 AchterZwerg (12.04.25, 06:38)
Na, na,
"die deutsche Sprache ist die Orgel unter den Sprachen" (Jean Paul).
"Dich aber, süße Sprache Deutschlands, habe ich erwählt und gesucht, ganz von mir aus." (Jorge Luis Borges)

Zum "Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz" fällt aber den beiden vermutlich auch nix ein ...

Allen Interessierten empfehle ich von Herzen "DEUTSCH Eine Liebeserklärung" von Roland Kaehlbrandt, Piper 2022. Spiegel-Bestseller.

 TassoTuwas schrieb daraufhin am 12.04.25 um 08:54:
Na Zwergi,

du und Luis Borges, zwei die ich sehr verehre, da kann ich doch nicht meckern.

Ein schönes Wochenende wünscht
TT

Antwort geändert am 12.04.2025 um 08:55 Uhr

 Nuna (12.04.25, 10:50)
Alle toll. Mein Favorit "Kuddelmuddel".

LG Nuna

 AZU20 (12.04.25, 11:06)
Interessanter Text. Gern gelesen. L

 Didi.Costaire (12.04.25, 15:16)
Tasso oh Tasso,

welch fürwahr entzückender muttersprachlicher Anmut ziert deine geistigen Höhenflüge! Dich möchte man seinen Busenfreund nennen dürfen.

Liebe Grüße, 
Dirk

 harzgebirgler (12.04.25, 15:27)
:) :) 
die deutsche sprache hat auch viel humor:
"zigeunerschnitzeljagd"-- da sei gott vor! :D

lg
henning

 EkkehartMittelberg (12.04.25, 16:16)
Tasso,
 wenn vom schönen Klang der deutschen Sprache die Rede ist, fällt mir immer das Gedicht "Im Grase" von Weinheber ein:

Glocken und Zyanen,
Thymian und Mohn.
Ach, ein fernes Ahnen
hat das Herz davon.


Und im sanften Nachen
trägt es so dahin.
Zwischen Traum und Wachen
frag ich, wo ich bin.
Seh die Schiffe ziehen,
fühl den Wellenschlag,
weiße Wolken fliehen
durch den späten Tag –
Glocken und Zyanen,
Mohn und Thymian.
Himmlisch wehn die Fahnen
über grünem Plan:
Löwenzahn und Raden,
Klee und Rosmarin.
Lenk es, Gott, in Gnaden
nach der Heimat hin.
Das ist deine Stille.
Ja, ich hör dich schon.
Salbei und Kamille,
Thymian und Mohn,
und schon halb im Schlafen
– Mohn und Thymian –
landet sacht im Hafen
nun der Nachen an.



LG
Ekki

Kommentar geändert am 12.04.2025 um 16:19 Uhr
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