Weit schon die Flügel ausgebreitet,
als wenn er gleich vom Brunnen gleitet
mit sanftem Schwung zu hohem Flug,
hockt Goslars Adler lang genug
inmitten seiner alten Stadt,
die ihn voll Stolz im Wappen hat.
Er möchte gern, so gerne fliegen
und sich in hellen Lüften wiegen,
schützend des Reiches alte Pracht,
die er mit scharfem Blick bewacht:
Ach, wieder fliegen, welche Wonne,
hinein ins Licht der Morgensonne,
sich aufschwingen in heil´ge Höh´n
und dort ganz weite Kreise zieh´n,
das Land tief unter sich, die Felder,
die grünen Fluren, Wiesen, Wälder,
die Stadt zu seh´n, den Rammelsberg,
die Kaiserpfalz, den Markt, Neuwerk,
das Rathaus und das Breite Tor
und Serras Stahlplatte davor.
Doch wie im Anflug voll erstarrt,
thront unser Adler da und harrt,
umbrandet von der Gegenwart,
auf eine neue Chance zum Start
in alter Kraft und Herrlichkeit,
wie früher einst zur Kaiserzeit:
Goldglänzend Körper und Gefieder,
schaut er auf Goslars Marktplatz nieder,
metallisch kalt, bewegungslos
und denkt bei sich: 'Einst warst Du groß,
wurdest im ganzen Reich geschätzt,
Du Stadt des Silbers, die mir jetzt
so fremd ist und so unvertraut,
wenn man, wie ich, nach hinten schaut,
zurück auf Zeiten, als die Krone
Dich, holde Stadt, zum edlen Lohne
für Ruhmestaten, längst entrückte,
mit mir, dem Kaiseradler, schmückte,
der nun, gebannt auf diesen Sockel,
sich vorkommt wie ... ein Wettergockel!'...
