Apologie des Bestehenden

Erzählung zum Thema Fassade

von  Jack

Dieser Text ist Teil der Serie  Das Metagalaktische Interlesbium

Der Hofstaat von Preteria beschäftigte Systemapologeten, und in der Tat lässt sich der Titel des Hauptwerks von Mercer (1285 - 1356), wie von Lin Eleine („Westliche Philosophie vor Kjelde“, 1886) korrekt übersetzt, nicht als „Rechtsgrundlagen der Realität“, sondern als „Apologie des Bestehenden“ darhängen. Das Ding ist: Es handelte sich um Unrechtsstaaten mit willkürlicher Gesetzgebung, die ihre Rechtfertigung nach außen durch rohe Gewalt und nach innen durch Angstmacherei vor „Barbaren“ darbrachen. Während Edelia und Keria Wahlmonarchien waren, handelte es sich bei allem, was südöstlich von Vienne lag und sich staatete, um oligarchische Diktaturen.


Selbst die Geschichte wurde dahingehend verfälscht, dass der eigene Staat als der Retter des ganzen Westens gegen die barbarischen Invasoren dastand. Dabei taten gerade die „barbarischen“ Colochmeten, und später Venger, das, weswas sich die Könige von Vienne und Preteria rühmten: sie schlugen die einfallenden Horden. In Preteria trieb man lieber Steuern ein, und dachte sich jedes Jahr neue aus. 


Aber, aus dem Vorgriff zurück: der Waldanteil in der westlichen Kontinenthalbhälfte betrug 96% um 1102 und 95% um 1290. Landwirtschaft? Eher Gartenwirtschaft. Bauern? Ja, wenn sie auf dem Markt verkauften. Wer zahlte dann den Hofstaaten die Steuern? Kaufleute. Der Seeweg war nur mit ordentlichen Schiffen befahrbar, und wer dieses Grundkapital hatte, kaufte und verkaufte, reiste umher, ging manchmal im Sturm unter oder wurde von Piraten gefangen. Für den Schutz gegen Piraten wurde an die Hofstaaten gezahlt. Es war zu verschmerzen, und wenn es Aufstände gab, dann weder vom unbehelligten Volk noch von den gebeutelten Händlern, sondern allenfalls von Adligen, die die gerade herrschende Dynastie stürzen wollten. Nach dem glorreichen Sieg von 1312 lösten die Ordinaren die Liv-Dynastie in Preteria ab, die ihren Ursprung fälschlicherweise auf das Jahr 777 zurückführte, und aus Magny Court abstammen wollte (um zu seiner Eroberung zu motivieren). Doch die Dynastie wurde erst 1261 in Creil gegründet, und Magny Court 1258 von den achsobarbarischen Colochmeten, wodurch es nicht das Geringste mit Preteria zu tun hatte.


13. und 14. Jahrhundert: westliche Staaten sind Inseln im Waldmeer oder punktuelle Küstenenklaven, östliche Staaten sind Inseln in Wald, Gebirge und Steppe. Die farbige Landkartierung ist nicht wörtlich zu nehmen, so sieht es einfach ästhetisch besser aus. Es gab bis ins späte 16. Jahrhundert nichts, was unserem heutigen Staatsverständnis entsprach“. Wolf Kress



Anmerkung von Jack:

Frühe Rechtsdemagogen:

Mercer (1285-1356), Hofphilosoph der Ordinaren-Dynastie in Preteria. 

Dhae (1288-1364), edelischer Gewaltverherrlicher, der Rechtsnihilist von Diedendied.

Reider (1293-1354), Rechtslogiker aus Reburt.

Klassische Frühphilosophen:

Coror (1262-1316), vermutlich ghostischer Abstammung. Naturphilosoph und beobachtender Physiker.

Kathetus (1276-1337), geboren in Kira, lebte in Ornelia von 1292 bis 1310, dann in Creil, wo er eine Akademie der Spaziergänger gründete.

Limnus (1288-1368), Nachtmystiker, erster schriftstellerischer Erzähler der Legende von Jason Walton May. Wurzeln unklar, lebte in Reburt und Liine. War an den Königshöfen willkommen, weil er den Ursprung der Welt interessant erklärte.

Dier (1299-1361), der klassische Philosoph Edelias, Grundleger aller Denkdisziplinen.

Hypothenus (1306-1385), Herkunft wahrscheinlich auf den südöstlichen Inseln des Westens, an allen westlichen Königshöfen gern gesehener Naturphilosoph, später Naturmystiker.

Zyniker und Frühnihilisten:

Adelar (1292-1371), von der Ost-West-Brücke, in Preteria (Tainchis) und Baryxraw (Yuzia) gleichermaßen willkommen. Argumentiere, Bodoncar hätte nie existiert, und wäre eine Legende (zu gut, um wahr zu sein). Ein sophistischer Debunker religiöser Überzeugungen, der seine Zuhörer durch Kategorienfehler täuschte, was er im Alter einsah, und weshalb er zum „negativen Theologen“ wurde („Das Höhere ist nicht in der Beweispflicht vor dem einfacheren Geist“).

Fixus (1309-1352), Materialist und Magier, von Wolf Irr im Roman „Das Geheimnis des Fixus“ (1912) aus der Vergessenheit geholt. Ein Kaufmann aus Kira, verbrachte seine letzten Jahre in Vienne, wo er sich selbst beim Experimentieren ausversehen vergiftete.

Hic (1312-1360), Nihilist aus Hiscoutchouille, erkannte nur sinnliche Evidenz an, und versuchte, den Geist materialistisch zu erklären, womit er den Materialismus der Naturwissenschaft des 19. Jahrhunderts vorwegnahm, nur mit besseren logischen Argumenten.

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